16. Juli 2016 von Christa

Von Juden, Christen und Muslimen – Fortsetzung Katholikentag 2016

Heute Morgen der interreligiöse und heute Nachmittag der „jüdisch-christliche“ Dialog. Das war viel und wenn ich ehrlich bin auch anstrengend. In meinem normalen Alltag strömt selten so viel Neues in dieser Fülle auf mich ein. Mit meinem Mann bin ich gegen 19.00 Uhr an der Propsteikirche verabredet. Wir wollen an einem Gespräch mit der Schriftstellerin Ulla Hahn und Kardinal Karl Lehmann teilnehmen. Schön, dass mir bis dahin noch etwas unverplante Zeit bleibt. In der Thomaskirche finde ich trotz der hier anwesenden Menschen eine stille Ecke, wo ich ungestört ein bisschen nachdenken kann.

Seltsam, wie sich manche Sätze ins Gedächtnis schreiben. „Für einen Dialog auf Augenhöhe braucht es eine eigene Überzeugung. Wem alles egal ist, der ist ein Waschlappen. Und mit Waschlappen kann man keine Dialoge führen…. „. Das waren deutliche Worte heut’ Früh.

Ich erinnere mich an ein Gespräch mit Yasmin während unserer Osttürkeireise mit ähnlichem Tenor. „Die meisten Christen sind im Gespräch mit uns Muslimen zu verschämt und ohne Selbstwertgefühl. Vor Menschen, die sich ihrer eigenen Würde nicht bewusst sind, haben Muslime keine Achtung“, meinte sie damals. So ähnlich klang das heute Morgen in der Diskussion auch durch. Für Dialog und Zusammenleben braucht es Menschen mit eigenem Profil und eigener Identität. Weil Juden selbstbewusster auftreten, gelinge das muslimisch-jüdische Gespräch besser.
Ich muss an Nadine denken, die wegen ihres Engagements immer mal wieder aneckt. Sie macht sich dafür stark, dass neben den muslimischen und jüdischen Festen auch die christlichen an Emilian’s Schule gefeiert werden. Ein Dialog ist wie eine Brücke, die zwei unterschiedliche Positionen verbindet. Damit sie gebaut werden kann, muss an jedem Ufer ein fester Pfeiler stehen. Ein schönes Bild, das ich von heute Morgen mitgenommen habe. Doch wie fest sind eigentlich unsere Brückenpfeiler?

Es hat aufgehört zu nieseln und ich bin nun auf dem Weg zur Propstei. Meinen Mann treffe ich im „Café der Begegnung“. Es ist kurz vor 19.00 Uhr und bis zum Beginn des Gesprächs mit Kardinal Lehmann bleiben uns noch etwa 90 Minuten Zeit. Vielleicht haben wir Glück und kommen noch in das Gospelkonzert, das in Kürze hier im Gemeindesaal stattfinden wird. Wir haben Glück. Die mitreißende Musik der jungen Sängerinnen und Sänger ist jetzt genau das Richtige für mich. Musik verbindet Menschen auf besondere Weise und mich macht sie außerdem froh. :-)

Schade. Es wäre schön gewesen für die hier im Anschluss stattfindende Diskussion sitzen bleiben zu dürfen. Aber wir werden gebeten den Saal zu verlassen und uns, wie alle anderen auch, in die lange Warteschlange draußen einzureihen. Die Chancen das folgende Gespräch im Saal hautnah miterleben zu können, stehen gleich Null. Da das Gespräch ins Freie übertragen wird, nehmen wir auf einer der Bierbänke platz.
Meine Nachbarin schwärmt in den hellsten Tönen vom „lyrischen Stadtrundgang“ mit dem Priester und Dichter Andreas Knapp. Dieser lebt hier in Leipzig und gehört den „Kleinen Brüdern vom Evangelium“ an, einer geistlichen Gemeinschaft, die sich dem spirituellen Erbe von “Charles de Foucaulds” verschrieben hat. Viel mehr Menschen als erwartet hätten sich heute Morgen diesem Rundgang durch Leipzig angeschlossen. Die Texte des Pfarrers zusammen mit den musikalischen Einlagen haben diese Stadtführung für sie, wie sie sagt, zu einem einmaligen Erlebnis gemacht. Andreas Knapp ist mir aus meinem Bücherregal bekannt. Vielleicht bekommt er Morgen für mich ein Gesicht. Um 16.30 Uhr findet noch einmal eine Führung statt. Mal sehn.

20.30 Uhr – Es geht los. Gleich zu Beginn kommt die schlechte Nachricht. Ulla Hahn ist verhindert. Ob dieses Gespräch mich mehr interessiert hätte, wäre sie dabei gewesen? Ich weiß es nicht. Wir verlassen die Veranstaltung vorzeitig und mischen uns auf dem Augustusplatz unter die fröhlich, ausgelassene Menge. Die “Wise Guys” singen. Die bekannte Kölner Acapella-Gruppe singt zum letzten Mal bei einem Katholikentag. Im nächsten Jahr will sich die Gruppe trennen. Mit dem irischen Segenslied „Mögen die Straßen …“ im Ohr bringt uns die Linie 7 wieder nach Hause. Ein toller Tag mit wunderbaren Begegnungen geht langsam zu Ende. An der Hotelbar noch ein Absacker, danach unter die Dusche und ab ins Bett.

Christa Schwemlein
Fortsetzung folgt … 

Erlebt am:
Freitagnachmittag, den 27. Mai 2016


Der Beitrag wurde am Samstag, den 16. Juli 2016 um 17:13 Uhr veröffentlicht und wurde unter Eigene Gedanken zu..., Kirche, Menschliches abgelegt. du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. du kannst einen Kommentar schreiben, oder einen Trackback auf deiner Seite einrichten.

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