19. Juli 2014

Von Trabzon über Rize nach Hopa – Ostanatolien 03

Eine unruhige Nacht liegt hinter mir. Vermutlich habe ich die Wirkung des späten Tees unterschätzt. Pünktlich um 8.30 Uhr verlassen wir Trabzon. Unser heutiges Ziel ist die an der georgischen Grenze gelegene Hafenstadt Hopa. Die Straße entlang der Schwarzmeerküste führt uns in das Zentrum des türkischen Teeanbaus, in die Provinzhauptstadt Rize. Rize ist die letzte große Stadt vor der georgischen Grenze und hat außer den Teeplantagen im bergigen Hinterland nicht viel zu bieten.

Teeplantage im gebirgigen Hinterland von Rize

Unterwegs halten wir an einem Herrenhaus mit asiatischem Einschlag. Irgendwie passt dieses Gebäude so gar nicht in die Landschaft.

Herrenhaus in Ostanatolien

Die ergiebigen Niederschläge sowie die geringen Temperaturschwankungen in dieser Gegend sind ideale Voraussetzungen für den noch jungen Teeanbau. Dreimal im Jahr wird geerntet, wobei die beste Qualität die zweite Ernte liefert, lehrt Süheyl. Die Blätter werden nicht gepflückt, sondern mit einer Heckenschere geschnitten. Die dritte und letzte Ernte war dieses Jahr im September. Das heißt für uns: Die Teefabriken haben für diese Saison ihre Tore geschlossen. Somit fällt die geplante Fabrikbesichtigung aus. Dies führt bei einigen Mitreisenden zu lautem Unmut und es werden bereits Formulierungen für einen Beschwerdebrief diskutiert. Zur Entschädigung lädt unser Reiseveranstalter zum Mittagessen ein. Wir essen Linsensuppe, Salat, sauer Eingelegtes, Maisbrot, Fondue, Forelle, Reis und zum Abschluss süße Nudeln – peng!

Trotz des vollen Bauches und des wenigen Schlafes in der Nacht kann ich auf der Fahrt zu unserem nächsten Ziel, der Burgruine “Zilkale”, nicht einschlafen. Die Landschaft des Firtina-Tales ist trotz des Regens wunderschön.

Sie ist geprägt von sattgrünen Teeplantagen, ländlichen Siedlungen und alten Bogenbrücken aus Naturstein. An einer der Brücken machen wir eine kurze Pause. Hier zeigt sich das Schweizer Ehepaar unzufrieden. Sie hätten lieber die vorhergehende Brücke vor die Linse bekommen. Mein Mann gibt mir gerade noch rechtzeitig ein Zeichen meinen Mund zu halten. Die Osmanische Brücke, die Sie auf dem nachstehenden Bild sehen, wurde während des Fotostopps von einer unserer Mitreisenden gezeichnet. Ich bin immer wieder erstaunt mit welch unterschiedlichen Talenten wir Menschen doch ausgestattet sind.

Osmanische Brücke in Ostanatolien

Die Besichtigung der Burgruine ist eine nasse und frostige Angelegenheit. Die Steine auf dem Weg nach oben sind glatt und stellenweise auch gefährlich. Die im Reiseführer erwähnte atemberaubende Aussicht können wir nur erahnen. Auf der Fahrt nach Hopa erfahren wir, dass in dieser Gegend viele nationalistisch geprägte Menschen leben und Moscheen wie Pilze aus dem Boden schießen. Hier leben nicht nur Türken. Hier sind auch Menschen zuhause, die teilweise noch griechisch sprechen. Unser Reiseleiter macht uns ebenfalls mit den Lasen, den Ostfriesen der Türkei, bekannt. Er verschweigt auch nicht, dass es in diesem Grenzgebiet nur wenig „nataschafreie“ Zonen gibt. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs entwickelte sich die Stadt Hopa zu einem riesigen Bordell. Bei strömenden Regen erreichen wir gegen 16.30 Uhr unser Hotel in Hopa. Die Unterkunft ist einfach, das Essen auch, aber super gut.

 Christa Schwemlein

Kleingedrucktes:
Erlebt am Montag, den 7. Oktober 2013.

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15. Juli 2014

Sumela Kloster und mehr – Ostantolien 02

Es regnet. Trabzon eilt der Ruf voraus, eine verregnete und wolkenverhangene Stadt zu sein. Und tatsächlich regnet es mehr als genug. Aber noch lassen wir uns vom Wetter die gute Laune nicht verderben. Eine alte Karawanenstraße führt uns ins Hinterland von Trabzon. Unser erstes Reiseziel ist das ehemalige griechisch-orthodoxe Sumela Kloster. Es soll eine der Attraktionen im östlichen Anatolien sein.

Die Fahrt durch die Berge ist ein landschaftlicher Traum und trotz des Regens ein faszinierendes Erlebnis. Die Gipfel der Schwarzmeerberge ragen bis in 4000 Meter Höhe. Vieles hätte ich mir vorstellen können, nur nicht so eine sattgrüne Natur, die mit ihren Schluchten und Bergbächen an die Landschaft der Alpen erinnert. Das Kloster liegt in einem Nationalpark auf ca. 1.300 Meter Höhe. Wir müssen uns entscheiden: Steiler Fußmarsch oder „Dolmuş“. Ich entscheide mich für den „Dolmuş“, das Sammeltaxi. Die letzen steilen Meter bleiben auch uns Taxifahrern nicht erspart. Doch die Anstrengung lohnt. Die Aussicht hier oben ist unbeschreiblich. Um die Gründung des Klosters ranken zahlreiche Legenden, die, sollte es Sie interessieren, alle im Internet nachzulesen sind. Eindrucksvoll ist die Lage des Klosters. Es klebt nahezu an der steilen Felswand.

Sumela Koster in Ostanatolien

Am meisten hat mich jedoch die Grottenkirche mit ihren farbenprächtigen Fresken fasziniert. Zum Teil sind sie schwer beschädigt, doch einige biblische Motive wie die „Erweckung des Lazarus“, „die Heilung des Bartimäus“ sowie „die Vertreibung aus dem Paradies“ sind sehr deutlich zu erkennen.

Fresko im Sumela Kloster

Zum Mittagessen sind wir in einem gemütlichen Restaurant. Drinnen lodert der Kamin. Zum Glück, denn wir sind alle ausgefroren und nass wie junge Katzen. Man spürt das Ende der Saison. Mit uns sind nur ein paar türkische Touristen in dem auf Reisebusse eingestellten Lokal. Eigentlich sollte man in dieser Gegend Forellen essen. Doch meine Fischvergiftung von Madeira wirkt immer noch nach. Allein der Gedanke an Fisch schüttelt mich. So gibt es für mich Reis und Salat. Die Tomaten schmecken fruchtig und süß, gerade so, wie ich sie frisch geerntet vom Garten meiner Eltern kenne. Köstlich!

Während die Außentemperaturen inzwischen auf 5 Grad gesunken sind, ist es im Bus angenehm warm. Die beste Voraussetzung für ein Nickerchen. Im Bus wird es immer stiller. Alle dösen während der kommenden 50 km nach Trabzon vor sich hin. Es wäre sicherlich schön gewesen in einem der Straßencafés von Trabzon das lebhafte Treiben zu beobachten. Doch bei diesem Schmuddelwetter ist die Stadt unattraktiv. Wir kaufen Trauben und wundern uns über die volle Tüte, die wir für umgerechnet 1,60 Euro bekommen. Am Stand eines Straßenbäckers bleibe ich stehen. Ich bin keine „Süße“, doch diese Teilchen sehen aus wie die „Gulätschle“ meiner Schwiegermutter. Probieren Sie mal! Traumhaft, nicht wahr! :-D

Türkisches Gebäck

Der nächste Programmpunkt ist die „Hagia Sophia“, eine etwas außerhalb auf einem Hügel liegende Kirche. Nein ich habe mich nicht verschrieben. Nicht nur in Istanbul auch in Trabzon wurde eine Kirche der „ Heiligen Weisheit“ gewidmet. Die Kirche diente bis vor einem Jahr als Museum. Heute ist das Gotteshaus, wie in osmanischer Zeit, eine Moschee.

Hagia Sophia in Trabzon

Gegen Abend besichtigen wir noch die Villa von Atatürk, ein stilvolles Anwesen hoch über Trabzon. Obwohl er nur dreimal für kurze Zeit hier gewohnt haben soll, wird  das bauliche Schmuckstück in größten Ehren gehalten.

Auf der Rückfahrt zum Hotel erfahren wir, dass “Atatürk” übersetzt “Vater der Türken” heißt und, dass “Mustafa Kemal” sich diesen Namen selbst gegeben hat. 1934 wurde ihm dieser Name von der Nationalversammlung offiziell verliehen und durch das Gesetz geschützt. “Atatürk” ist, wenn man so will, also ein Markenname. Wir hören auch, dass er es war, der Familiennamen nach europäischen Vorbild einführte. Jeder Türke durfte sich einen Namen auswählen. Viele Türken waren damit jedoch überfordert und nannten sich der Einfachheit halber nach ihrem Geburtsort oder ihrem Beruf. Manche wählten auch den Geburtsort oder den Beruf des Vaters oder hingen ein “oğlu an, was so viel heißt wie: “Sohn von”  Merken Sie was? Reisen bildet. ;-)

Beim Abendessen kommen wir mit dem älteren Ehepaar aus Wiesbaden ins Gespräch. Die Welt ist doch wirklich klein. Er war in jungen Jahren Betriebsleiter bei der „Gummi“. Das Werk hatte seinen Sitz an meinem Geburtsort. Von dort war auch „Viola“, meine erste und einzige Puppe, eine Schildkrötpuppe. Wir erzählen von alten Zeiten, finden gemeinsame Bekannte, stellen fest, dass früher alles besser war und merken nicht, wie die Zeit vergeht ….

Christa Schwemlein

Kleingedrucktes:
Erlebt am Sonntag, den 6. Oktober 2013.

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12. Juli 2014

Ostanatolien – 01

„Nehmen Sie sich warme Kleidung mit, es könnte kalt werden. Ansonsten steht einer Reise nichts mehr im Wege.“ „Warme Kleidung? Wir fliegen in die Türkei. Es ist Anfang Oktober und die Koffer sind für sommerliche Temperaturen gepackt“, antwortete ich überrascht „Dann werden Sie umpacken müssen. Die Türkei ist ein großes Land, “ lachte er. Mein Hausarzt drückte mir noch ein Rezept für alle Fälle in die Hand, wünschte mir eine gute Reise und rief den nächsten Patienten in seine Sprechstunde.

• Trabzon: 16 Grad – Regen

• Hopa: 14 Grad – noch mehr Regen,

• Erzerum: Minusgrade – Schnee.

Das Googleergebnis war niederschmetternd.

 „Die Schönheit liegt in der Abwechslung“, kommt mir gerade in den Sinn. Einer unserer Schweizer Mitreisenden gab diesen Spruch unterwegs mehrmals zum Besten. Und tatsächlich liegt eine schöne Reise voller Gegensätze mit vielfältigen Eindrücken hinter mir. Ostanatolien ist kein typisches, dafür aber ein abwechslungsreiches und spannendes Urlaubsland, weit weg vom üblichen Pauschal- und Badetourismus, wie man ihn von der türkischen Westküste vielleicht kennen mag.

Spannend ist es bereits am Frankfurter Flughafen. Wer von den wartenden Passagieren wird mit uns auf die Reise gehen? Ich tippe auf die Frau mit dem blauen Jeansrock und den lila Strümpfen. Auch der geschmackvoll gekleidete ältere Herr mit den freundlichen Augen könnte zu unserer Reisegruppe gehören. Bei der jungen Frau mit dem schwarzen Überseekoffer bin ich mir nicht ganz sicher. Mein Mann hat die beiden Rucksacktouristen im Blick, widmet sich jedoch bald wieder seiner Lektüre und ich bleibe mit meinen Beobachtungen alleine.

Nach einem angenehmen Flug mit der „Turkish Airlines“ landen wir trotz verspätetem Abflug pünktlich in Istanbul. Schade, dass keine Zeit für einen „chai“ in Istanbul bleibt. Gerne hätte ich die Stadt, in die ich mich vor 5 Jahren verliebt habe, noch einmal besucht. Nach zwei weiteren, allerdings weniger angenehmen Flugstunden, das Flugzeug war völlig überhitzt, kommen wir am späten Nachmittag und bei strömenden Regen in Trabzon, im Nordosten der Türkei, an. Am Flughafen werden wir von Süheyl, unserem Reiseleiter, begrüßt. Er begleitet uns während der Fahrt zum Hotel und wird uns in den nächsten Tagen seine Heimat zeigen. Übrigens, mit im Bus sitzen der Herr mit den freundlichen Augen, die Frau mit den lila Strümpfen und die Besitzerin des schwarzen Überseekoffers.

Mittagsschlaf oder Spaziergang?

Wir überhören den inneren Schweinehund, schnappen unsere Regenjacken und lassen uns am nassen Strand kräftig vom Wind durchpusten. Wir haben nun endgültig auf Urlaub umgeschaltet.

Trabzon - Schwarzmeerküste

Beim Abendessen ist unsere Reisegruppe fast komplett. Ein Herr aus der Schweiz fehlt. Niemand weiß etwas, auch unser Reiseleiter nicht. Wir bekommen einen Ausblick auf die kommenden Reisetage, machen uns gegenseitig bekannt, äußern Wünsche und Erwartungen, stoßen mit dem türkischen Nationalgetränk, einem Rakı, auf die Reise an und gehen alsdann ins Bett.

Pünktlich um 9.00 Uhr sitzen wir am nächsten Morgen gespannt im Bus. Schön, jeder hat einen Doppelsitz. Inzwischen ist auch der vermisste Reisegast aus Basel eingetroffen. Die Gruppe ist mit 24 Teilnehmern komplett. Wir begrüßen Hussein, unseren Fahrer, schenken ihm einen Applaus und los geht`s ….

Christa Schwemlein

Kleingedrucktes:
Gereist am Samstag, den 5. Oktober 2013.
Dieser Reisebericht ist  meiner Reiseberaterin Heike Anders-Dahms gewidmet.

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9. Februar 2014

Auge für Auge, Zahn für Zahn ….

Es ist witzig, kaum schreibe ich über religiöse Themen, füllt sich mein E-Mail Postfach besonders schnell, die Besucherzahlen im Blog steigen rapide an und selbst auf Facebook entwickelt sich eine Diskussion, wie ich sie dort noch nie erlebt habe.

Derzeit stecke ich in den Vorbereitungen für einen Gottesdienst, den ich mit einigen anderen Frauen für meine Pfarrgemeinde vorbereite. Da wir uns im Team nicht einigen konnten unter welcher Überschrift wir diesen Gottesdienst bewerben habe ich mir gedacht, ich nutze mal die sozialen Medien. Kurzerhand startete ich folgende Facebookumfrage.

Auge für Auge, Zahn für Zahn (Mt 5,38-48)

Unser Team bereitet gerade einen Gottesdienst zu obiger Bibelstelle vor. Nun streiten sich die Geister, unter welche Überschrift wir die Feier stellen. Zwei Favoriten haben sich gebildet:

a) “Nächstenliebe”

b) “Mit mir kann man`s ja machen”

Auch die Meinung von “Nichtkirchgängern” ist willkommen. Vorab schon mal vielen Dank an alle Stimmen.

Was meinen Sie, welches Thema bekam die meisten Stimmen? Bevor ich das Geheimnis lüfte erlauben Sie mir noch schnell einen Kommentar. Während ich von den meisten Frauen eine klare und deutliche Antwort bekam stiegen die Männer, selbst Socialmediaexperten, sofort in eine Auseinandersetzung mit dem Evangelientext ein. Die Frage, wie man einen Gottesdienst bewirbt, blieb außen vor. Was sagt mir das? Frauen sind die besseren Zuhörer? Oder: Männer denken anders …. ;-)

Doch genug der Sticheleien. Für mich ist dies ein schönes Beispiel wie man ”Social Media” nutzen kann. In diesem Fall kamen wir über die sozialen Medien in ein Gespräch, das wir während unseres Gemeindefestes Anfang Februar lebhaft weitergeführt haben. In unserem Kirchencafé werden wir nach dem Gottesdienst nochmals die Gelegenheit haben folgenden Fragen nachzugehen:

  • “Muss ich mir wirklich alles gefallen lassen?
  • “Will uns Jesu Wort zu Duckmäusern machen?”

Ich bin echt gespannt, was unser Pfarrer in seiner Pedigt zu sagen hat und inwieweit er auf die Fragen meiner Facebookfreunde eingeht.

So, jetzt aber genug der Worte.  Wer Lust hat, ist herzlich eingeladen hier im Blog an der Diskussion, da sie schon mal entstanden ist, teilzunehmen.  Den ganzen Beitrag lesen »

Eintrag Nr. 8946 | Kategorie Kirche, Kleine Sticheleien | 0 Kommentare »




12. Januar 2014

Was klingt in mir nach?

Vor wenigen Tagen ging 2013 zu Ende. Grund, um ein paar Minuten inne zu halten und das vergangene Jahr nachklingen zu lassen. War 2013 ein gutes Jahr? Gab es ein herausragendes Ereignis, ein besonderes Erlebnis? Gibt es etwas, das mich dankbar stimmt oder mich traurig macht? Was klingt in mir nach?

Begonnen hat 2013 mit einer längeren Krankheitsphase. Nichts Ernstes. Erst die Zähne, dann eine dicke Erkältung, später das Kreuz und danach immer mal irgendetwas. In diese Zeit fiel ein Praktikum, mit dem ich die dritte Runde meiner theologischen Ausbildung, den „Liturgiekurs Freiburg“ beendete. Mit viel Aufregung waren die drei „Wort-Gottes-Feiern“ verbunden, die ich selbständig und eigenverantwortlich zu leiten hatte.

Ungefähr 30 Teilnehmer hatten sich mit mir in Mannheim auf den Weg gemacht, um die Schätze der Liturgie „auszugraben“. Wir waren eine gute Gruppe und die Weiterbildung war wieder einmal eine große Bereicherung. Gleichzeitig war es ein Wiedersehen mit Menschen, die mit mir zusammen den Theologischen- und später den Pastoralkurs besucht hatten.
Dass ich als Frau in der katholischen Kirche mit meiner ehrenamtlichen Ausbildung keine Ämter bekleiden kann, hat mich nie gestört. Als berufstätige Ehefrau und Mutter hätte ich für derartige Aufgaben überhaupt keine Zeit gehabt. Diesen Weg ging ich aus persönlichem Interesse und hab` mir damit einen Jugendtraum erfüllt. Die Diakonenweihe in der Mannheimer Jesuitenkirche hat mich dann aber doch gepiekst. Gleich drei meiner männlichen Kollegen aus dem “Theologischen Kurs” wurden vergangenen November zum ständigen Diakon geweiht. Klar freue ich mich für die Drei, und doch ist dies ein Ereignis, welches mich bei meiner Rückschau nachdenklich, ja sogar traurig stimmt.

Freudig stimmt mich dagegen die Erinnerung an unseren Vortrag „Die neuen Medien-Internet, Facebook & Co.“. Ein gelungener Abend, den wir noch einige Male wiederholen durften. „Ihre Begeisterung für dieses Thema spürt man und ist ansteckend.“  Mal ehrlich, gibt es eine schönere Anerkennung?

Lob und Anerkennung erntete ich ebenfalls nach einer mehrwöchigen Betriebsprüfung Ende des Jahres. Allerdings, das gebe ich zu, lagen während dieser Zeit meine Nerven blank. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie viele Stunden ich im Vorfeld auf Internetseiten mit Tipps zur Betriebsprüfung zugebracht habe. Ach, was wäre ich ohne das Internet?

Meine Arbeit mag ich noch immer und doch spüre ich, dass mit zunehmenden Alter der Beruf mehr und mehr in den Hintergrund rückt. Die Arbeit mit Menschen und die Begegnungen in deren Lebensumfeld werden mir immer wichtiger, die Arbeit für die Wirtschaft immer weniger. Ich beginne, meine Interessen neu zu ordnen und die Weichen für die Zeit nach der Berufstätigkeit zu stellen. In spätestens vier Jahren ist sie dann auch für mich da, die Zeit des „Unruhestandes“. Ich bin sicher, es wird nicht langweilig werden.

Endlich ist die Bedeutung des Internets in meiner Pfarrgemeinde angekommen. Seit September bin ich dort „Webmaster“ und betreue und pflege den Internetauftritt der Seelsorgeeinheit Mannheim-Sandhofen-Schönau. Eine Aufgabe, die ich sehr gerne übernommen habe. Dort finden Sie auch einen Beitrag von mir zu unserem ersten „Lebendigen Adventskalender“. Das kleine Video am Ende ist übrigens auch von mir. Es ist mein erstes. Musikalische Ohren sollten allerdings auf diesen Genuss verzichten.

Dies war ein Lebenszeichen von mir. Wie es hier weitergeht? Ich weiß es nicht. Ehrlich gesagt, weiß ich auch gar nicht, was ich noch schreiben könnte. Seit meinem Eintritt vor 10 Jahren hat sich das Internet sehr verändert. Vieles, das damals unmöglich schien, ist heute möglich geworden. Menschen finden sich und tauschen sich aus. Dennoch werde ich meine Netzaktivitäten auf meine Webmastertätigkeit beschränken müssen. Verloren gegangenes Vertrauen es will, so lange die Dinge nicht beim Namen genannt werden, nicht wieder kommen. Doch ohne dieses geht es auch im Netz nicht. Ich habe viele Versuche gestartet und mir sehr viel Mühe gegeben. Der letzte Versuch war der teure „Social-Media-Basis-Lehrgang“.

Menschen in der Masse:
Jeder einzelne von ihnen mag ihn Ordnung sein. In der Masse aber stehen sie der Tierwelt sehr nahe.

schrieb einst ein Blogkollege.

Doch das stimmt so nicht ganz. Menschen sind wenig tierisch. Gemeinsam sind sie stark, ein bekanntes Gruppenphänomen. Grausamkeit trifft innerhalb einer Gruppe auf einen Ehrenkodex, der in den eigenen Reihen strengstens eingehalten werden muss. Dieses Gesetz wird strenger geachtet als die Gesetze des Gesetzgebers. Eigenes Recht wird anerkannt, fremdes mit Füßen getreten. Tiere hören auf, wenn einer am Boden liegt, Menschen treten nochmals richtig zu.

An dieser Stelle bitte ich all diejenigen um Entschuldigung, die mit meiner Mobbingaffäre nichts zu tun hatten, denen ich jedoch mit meinen Beiträgen, Kommentaren und persönlichen E-Mails auf die Füße getreten bin. Mir ist bewusst, nicht immer mit Engelszungen gesprochen zu haben. Ich bitte um Nachsicht und Verständnis.

Dennoch, es hat mir Freude gemacht mitzumischen und die virtuelle Welt ein Stück weit mitzugestalten.

Christa Schwemlein

Eintrag Nr. 8906 | Kategorie Blog-Geflüster, Eigene Gedanken zu..., Kirche | 2 Kommentare »




6. November 2013

Was für ein Oktober!

Ein wahrer Ohren- und Augenschmaus von unserer Freundin

Madeleine Schumacher.

Die Bilder von unserer schönen Heimat Mannheim, Ludwigshafen und der naheliegenden Pfalz sind diesmal von Madeleine. Ein bisschen stolz bin ich auch auf meinen Mann. Er hat nämlich bei der Technik unterstützend mitgewirkt.

Toll habt ihr das gemacht, ihr zwei. Weiter so!
Christa

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23. Juli 2013

Herzschrittmacher

„Warum lachst du?“ frage ich meinen Mann. „Ich musste gerade daran denken als unser ‚Großer’ vor Jahren hier anrief. Weißt du noch?“

„Klar weiß ich das noch. Wie könnte ich das je vergessen. Es war unser letzter Abend und wir saßen, wie heute, gerade beim Abendessen. Wir müssen uns nicht sorgen, teilte er uns mit. Die Feuerwehr meine, es sei weiter nichts Schlimmes passiert. Der beißende Geruch in der Wohnung sei nach ein paar Tagen verschwunden. Und dann war die Verbindung für den Rest des Abends unterbrochen. Ja, das weiß ich noch.“ Wir lachen und prosten uns zu.

Nach dem buchstäblich ins Wasser gefallenen Frühling kam das Wetter zum Glück ja doch noch in die Gänge. Der Sommer zeigt sich inzwischen von seiner schönsten Seite. Grund genug für eine spontane Auszeit im Schwarzwald. Wir sitzen wie damals beim Abendessen, genießen das Essen und den Wein und graben unter dem funkelnden Sternenhimmel alte Geschichten aus. „Das erste Mal…., weißt du noch?“

Wie lange mag es wohl zurückliegen? War es vor oder nach dem Studium? Oder vielleicht während…. ? Nein, ich erinnere mich nicht mehr genau. Woran ich mich jedoch sehr lebendig erinnere sind meine Gefühle. Ich kam mir vor wie Julia Roberts in ihrer berühmten Rolle „Pretty Woman“: Diese vielen verschiedenen Gläser; die Unmengen an Besteck, alles akkurat auf einem Besteckbänkchen angeordnet; die übergroßen silbernen Glocken, unter denen sich unsere Gerichte verbargen; um uns herum eine Schar von Kellnern, die uns mit einem „sehr gerne“ jeden Wunsch erfüllten.

Aperitif und Digestif waren zum damaligen Zeitpunkt im wahrsten Sinne Fremdworte für mich. Mit unseren verwaschenen Jeans, den Wanderschuhen und den blauen Rucksäcken haben wir so gar nicht zwischen all die gut gekleideten und wesentlich älteren Gäste gepasst. Am liebsten hätte ich mir eine Tarnkappe übergestülpt, um unbemerkt das Lokal verlassen zu können. Doch es war zu spät. Wir hatten bestellt. Es gab kein Zurück.

Trotz unseres anderen Aussehens wurden wir zu meiner Überraschung sehr aufmerksam und höflich bedient. Nach dem Essen drehte der Hausherr seine Runde. Er kam auch an unseren Tisch und stellte allerhand Fragen: Woher wir kämen? Ob wir auf der Durchreise oder für einen längeren Urlaub hier in der Gegend seien? Wenn ja, wie lange? Wo wir untergebracht wären und wie wir auf sein Restaurant aufmerksam wurden? Er war charmant und machte auf mich einen väterlichen Eindruck, so dass ich ihm vor lauter Verlegenheit innerhalb kürzester Zeit mein ganzes junges Leben erzählte. Ich gestand ihm, dass es mir unendlich peinlich sei zwischen all den reichen Leuten zu sitzen. Ich hatte redlich Mühe, meine Tränen zu unterdrücken. Nebenbei muss ich wohl trotzig bemerkt haben, dass auch ich irgendwann einmal in so einem vornehmen Hotel Urlaub machen werde. An den genauen Wortlaut kann ich mich nicht gut erinnern, besser jedoch an das Durcheinander meiner Gefühle, die mir letztendlich doch die Tränen in die Augen trieben. Er setzte sich zu uns an den Tisch und wir unterhielten uns noch eine lange Weile. Ob jemand wirklich reich sei, das könne man nicht an Äußerlichkeiten, wie Kleidung, Schmuck, Auto oder Worten festmachen, tröstete er mich. Und wer immer mir den Floh ins Ohr gesetzt habe, man müsse in gewisse Kreise hineingeboren sein, um in einem Haus wie dem seinen Ferien verbringen zu können, der irre. Niemand ist ein Niemand. Jeder von uns ist Wer und hat zu jeder Zeit die Möglichkeit etwas aus seinem Leben zu machen. Vieles von unserem Gespräch habe ich vergessen aber seine Abschiedsworte sind mir Wort für Wort in Erinnerung und ein bisschen zu einem Lebensmotto geworden:

 „Wenn Sie etwas WIRKLICH wollen, dann wird es Ihnen auch gelingen. Sollte es Ihr ernsthafter Wunsch sein, einmal bei uns Ihre Ferien zu verbringen, dann werden Sie alles daran setzten, dass dieser Wunsch in Erfüllung geht.“

„Du siehst, ich weiß es noch“ antwortete ich meinem Mann. Und fast wie damals haben wir beide mit den Tränen zu kämpfen. Es folgten noch viele „Weißt du noch“ an diesem lauen Sommerabend.

Vom Leben und dem gemeinsamen Lebensweg erzählen, noch einmal weit ausholen und längst verloren geglaubte Geschichten wieder ausgraben, dieses „Weißt du noch“ ist der Herzschrittmacher in einer langjährigen Beziehung.

Mit besten Grüßen aus dem Schwarzwald

Christa Schwemlein

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30. Juni 2013

Meine schönste Zeit

„Sie lesen Anselm Grün? Dann muss ich zu Ihnen ja nicht kommen.“ Eh ich mich versah hatte die Seelsorgerin auch schon eilig mein Krankenzimmer verlassen.

“Gesundheit als geistliche Aufgabe” – ungelesen und unberührt lag das Büchlein auf meinem Krankentisch. Mein Pfarrer hatte es mir vor der Einweisung in die Klinik in die Hand gedrückt. Ich hätte ja nun genügend Zeit und vielleicht würde mir nach der Lektüre klar, weshalb mich diese Krankheit erreichte und was ich vielleicht ändern sollte. Ich erinnere mich noch genau, wie wütend mich seine Worte damals machten. Schließlich hatte ich Beruf, Haushalt und Kinder. Ein Krankenhausaufenthalt passte so gar nicht in meine Lebensplanung. Wie sollte das alles nur ohne mich gehen?

Von Anselm Grün hatte ich bis zu dem Besuch der Krankenhausseelsorgerin noch nie etwas gehört. Auch hatte ich keine Interesse, dieses mir geschenkte Büchlein zu lesen. Nun nahm ich das Bändchen doch zur Hand. „Die Krankheit zwingt uns, unsere Grenzen anzunehmen, und mit dem Maß zu leben, das uns gut tut und uns gesund hält…. Die Krankheit ist eine Chance zur ehrlichen Selbsterkenntnis. In ihr entdecken wir, was uns wirklich fehlt,“ stand da. Nachdenklich las ich weiter: „Oft bleibt uns nichts anderes übrig, als uns mit der Krankheit auszusöhnen und sie als Erinnerungsmal für Gott und unser Angewiesensein auf Gott anzunehmen. Dann ist Krankheit eine Chance, in die eigene Tiefe hinabzusteigen, zu dem Ort in uns, in dem Gott selbst in uns wohnt.“

Es folgten Wochen, von denen ich schon so oft gesagt habe, sie waren, so paradox das klingen mag, meine schönste Zeit. Fast ein viertel Jahrhundert ist seither vergangen. Die Bücher des Benediktinerpaters haben mich eine lange Zeit begleitet. Ich fand darin brauchbare Tipps zur Bewältigung des Alltags sowie Hilfe, wenn ich gerade mal wieder in einer Lebensphase war, die von Niederschlägen und Rückschlägen geprägt war. Natürlich lässt die Flut seiner Bücher die provokante Frage stellen, ob das erfolgreiche Marketing die Qualität des Autors mindern kann. Schon lange stürze ich mich nicht mehr auf jede Neuerscheinung. Mit der Zeit ähnelt sich die Lektüre. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass Anselm Grün den Geschmack eines breiten Publikums und den Nerv unserer Zeit trifft. Im Mai ging für mich ein langgehegter Wunsch in Erfüllung. Ich erlebte den Ordensmann live. Meine Kleinschrift von damals aus dem „Vier-Türme-Verlag“ ist nun, durch die persönliche Widmung des Paters, für mich noch wertvoller geworden.

“Wenn in einer Gemeinschaft der Wunsch nach Neuem geäußert wird, haben viele Angst, das Vetraute zu verlieren. Doch das Neue, das uns Gott verheißt, ist immer auch der Tod des Alten.” Meine Eindrücke von dem Abend mit Pater Anselm Grün habe ich unter der Überschrift „Mut zum Risiko“ auf unserer Pfarreihomepage festgehalten.

Christa Schwemlein

Buchempfehlung:
Gesundheit als geistliche Aufgabe

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