30. Juni 2013 von Christa

Meine schönste Zeit

„Sie lesen Anselm Grün? Dann muss ich zu Ihnen ja nicht kommen.“ Eh ich mich versah hatte die Seelsorgerin auch schon eilig mein Krankenzimmer verlassen.

“Gesundheit als geistliche Aufgabe” – ungelesen und unberührt lag das Büchlein auf meinem Krankentisch. Mein Pfarrer hatte es mir vor der Einweisung in die Klinik in die Hand gedrückt. Ich hätte ja nun genügend Zeit und vielleicht würde mir nach der Lektüre klar, weshalb mich diese Krankheit erreichte und was ich vielleicht ändern sollte. Ich erinnere mich noch genau, wie wütend mich seine Worte damals machten. Schließlich hatte ich Beruf, Haushalt und Kinder. Ein Krankenhausaufenthalt passte so gar nicht in meine Lebensplanung. Wie sollte das alles nur ohne mich gehen?

Von Anselm Grün hatte ich bis zu dem Besuch der Krankenhausseelsorgerin noch nie etwas gehört. Auch hatte ich keine Interesse, dieses mir geschenkte Büchlein zu lesen. Nun nahm ich das Bändchen doch zur Hand. „Die Krankheit zwingt uns, unsere Grenzen anzunehmen, und mit dem Maß zu leben, das uns gut tut und uns gesund hält…. Die Krankheit ist eine Chance zur ehrlichen Selbsterkenntnis. In ihr entdecken wir, was uns wirklich fehlt,“ stand da. Nachdenklich las ich weiter: „Oft bleibt uns nichts anderes übrig, als uns mit der Krankheit auszusöhnen und sie als Erinnerungsmal für Gott und unser Angewiesensein auf Gott anzunehmen. Dann ist Krankheit eine Chance, in die eigene Tiefe hinabzusteigen, zu dem Ort in uns, in dem Gott selbst in uns wohnt.“

Es folgten Wochen, von denen ich schon so oft gesagt habe, sie waren, so paradox das klingen mag, meine schönste Zeit. Fast ein viertel Jahrhundert ist seither vergangen. Die Bücher des Benediktinerpaters haben mich eine lange Zeit begleitet. Ich fand darin brauchbare Tipps zur Bewältigung des Alltags sowie Hilfe, wenn ich gerade mal wieder in einer Lebensphase war, die von Niederschlägen und Rückschlägen geprägt war. Natürlich lässt die Flut seiner Bücher die provokante Frage stellen, ob das erfolgreiche Marketing die Qualität des Autors mindern kann. Schon lange stürze ich mich nicht mehr auf jede Neuerscheinung. Mit der Zeit ähnelt sich die Lektüre. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass Anselm Grün den Geschmack eines breiten Publikums und den Nerv unserer Zeit trifft. Im Mai ging für mich ein langgehegter Wunsch in Erfüllung. Ich erlebte den Ordensmann live. Meine Kleinschrift von damals aus dem „Vier-Türme-Verlag“ ist nun, durch die persönliche Widmung des Paters, für mich noch wertvoller geworden.

“Wenn in einer Gemeinschaft der Wunsch nach Neuem geäußert wird, haben viele Angst, das Vetraute zu verlieren. Doch das Neue, das uns Gott verheißt, ist immer auch der Tod des Alten.” Meine Eindrücke von dem Abend mit Pater Anselm Grün habe ich unter der Überschrift „Mut zum Risiko“ auf unserer Pfarreihomepage festgehalten.

Christa Schwemlein

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Der Beitrag wurde am Sonntag, den 30. Juni 2013 um 21:02 Uhr veröffentlicht und wurde unter Bücher, Nur so..., Zeit, Zitate abgelegt. du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. du kannst einen Kommentar schreiben, oder einen Trackback auf deiner Seite einrichten.

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