Wenn Eva nicht gewesen wäre?
Über den eigenen Glauben zu reden – noch dazu öffentlich – fällt vielen schwer. Wer an Glaube und Kirche denkt hat ja auch nicht immer gute Assoziationen: Alt, verstaubt und lebensfremd. Viele sind enttäuscht von den Gottesdiensten. Und weil sie sich dort nicht wieder finden, bleiben sie weg. Doch der Gottesdienst ist nicht der einzige Ort, um mit dem Glauben und der Kirche in Berührung zu kommen. Im Juni nahm ich in unserer Regionalstelle an einem Bibliologabend teil. Er stand unter der Überschrift „Wäre Eva nicht gewesen…“
Bevor ich weitermache, ganz kurz für „Nicht Insider“: Ein Bibliog ist eine Methode mit der man sich in einer Gruppe einer biblischen Geschichte nähert. Er lädt ein, die Botschaft des Glaubens mit dem eigenen Leben in Beziehung zu bringen und sich mit Gleichgesinnten darüber auszutauschen.
Vielfältige Bilder, Vorstellungen und Projektionen kreisen um Eva, die biblische Frau ganz am Anfang. „Eva, die verführte Verführerin“, „Eva, das Tor zur Hölle“ oder „Eva, die das Böse in die Welt gebracht hat“, sind eingefleischte Eva-Bilder. Doch was wäre ….
Wäre Eva nicht gewesen …. ?
Ich weiß nicht, wie es Ihnen erging. Aber mir wurde als Kind beigebracht immer lieb und freundlich zu sein, Konflikte zu vermeiden, keine Widerreden zu geben, immer den Teller leer zu essen, und, und, und … Um anderen zu gefallen habe ich Dinge gelernt, die mir nicht gut taten. Erst spät habe ich verinnerlicht, dass zum Menschwerden nicht nur Gehorsam und Anpassung, sondern auch Neugier, die Erfahrung mit Schuld, die Bitte um Vergebung und der Neuanfang gehören. So gesehen sind die alten Bibeltexte für mich überhaupt nicht verstaubt und lebensfremd. Im Gegenteil, von Eva kann ich viel lernen. Sie ist neu- und wissbegierig, sucht Erkenntnis und findet diese, indem sie handelt. Das tut weh. Doch der Schmerz lehrt sie, dass Menschen durch Erkenntnis nicht sterben.
Wenn’s weh tut, weißt du, dass du noch lebst. Lebendig sein, das heißt, dem eigenen Leben Profil geben. Und ein Profil bekommst du erst, wenn du durch Höhen und Tiefen gegangen bist,
hat mir ein lieber Mensch mit auf meinen Lebensweg gegeben. Nur wer Fehler macht, kann aus Fehlern lernen. Reife und Mitgefühl erwirbt man eher auf einem Lebensweg mit Rückschlägen als in einem behüteten Paradies. So gesehen kann Eva auch Vorbild sein. Ist sie doch die treibende Kraft für Veränderungen. Und was bitteschön ist daran verstaubt und lebensfremd?
Christa Schwemlein
Der Beitrag wurde am Mittwoch, den 24. Oktober 2012 um 22:14 Uhr veröffentlicht und wurde unter Kirche, Kleine Bibelkunde abgelegt. du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. du kannst einen Kommentar schreiben, oder einen Trackback auf deiner Seite einrichten.
2 Reaktionen zu “Wenn Eva nicht gewesen wäre?”
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Am 31. Oktober 2012 um 03:44 Uhr
… dass zum Menschwerden nicht nur Gehorsam und Anpassung, … gehören.
Richtig, um ein Mensch zu werden braucht man nicht nur Gehorsam, sondern auch viele andere Eigenschaften; ABER um ein guter und gläubiger Sohn der römisch-katholischen Kirche zu werden ist GEHORSAM die absolute conditio sine qua non.
Wer dem römisch-katholischen Lehramt gegenüber ungehorsam ist und sei es nur der kleinste auch nur mögiche Ungehorsam, begeht schon eine Sünde und ist, für den Fall des Todes ohne das Bussakrament mit allen Bedingungen empfangen zu haben, ein echter Höllenkandidat auf ewig.
Am 6. November 2012 um 16:51 Uhr
Hallo anonymer Gast,
seit gestern bin ich von meiner Israelreise zurück, deshalb die späte Antwort. Als ich in Jerusalem Ihre Zeilen las, war mein erster Gedanke was wohl Ihre Motivation für diesen Kommentar gewesen sein mag?
Ich vermute, es war Ihnen wichtig zu schreiben. Aus Ihrer E-Mailadresse schließe ich auch, dass Ihnen ebenfalls die Anonymität wichtig ist. Ich mag offen zu Ihnen sprechen und sage Ihnen deshalb, dass ich auf Ihre anonymen Zeilen nur deshalb antworte, weil mein „Bauch“ zwischen den Zeilen tiefe Verletzungen spürt, die ich nicht einfach ignorieren möchte.
Ich gebe Ihnen recht, über die römisch-katholische Kirche lässt sich streiten. Und tatsächlich ist sie in ihrem Verhalten mit Schuld an der Glaubenskrise ihrer Mitglieder. ABER – Kirche ist nicht nur die Institution, Kirche, das sind auch wir. Wer unkritisch „mitläuft“ oder der Kirche verärgert den Rücken kehrt, nimmt sich jede Chance etwas zu verändern. Ich fände es gut, wenn Kirchenkritiker wie Sie ihr Christsein nicht nur an der Institution Kirche, sondern auch an der Lehre Jesu und wie er gelebt hat, messen würden.
Sollte ich mit meiner Vermutung richtig liegen, so wünsche ich Ihnen von Herzen, dass sich ihr Ärger sowie Ihre Enttäuschung über die römisch-katholische Kirche eines Tages in Trauer wandelt.
Was die Hölle auf ewig betrifft, was soll ich dazu sagen? Jesus lehrt den Menschen zu sich selbst zu stehen. Er lehrt auch, dass mit der Geschichte der Schuld die Geschichte der Barmherzigkeit beginnt:
DAS GEHEINIS DER LIEBE.
Also kann, nach meinem Verständnis, das mit der Hölle auf ewig nicht so ganz stimmen. Vielleicht hilft Ihnen meine einfache Sicht der Dinge ein wenig.
Ansonsten möchte ich Ihnen sagen, dass ich kein zweites Mal auf einen anonymen Beitrag antworten werde. Gerne dürfen Sie mit mir Kontakt aufnehmen. Entweder schriftlich oder telefonisch. Die Daten finden Sie im Impressum. Selbstverständlich auch persönlich von „face to face“. Das Kaminzimmer meines Arbeitgebers wäre um diese Jahreszeit ein schönes Plätzchen.
Ihre
Christa Schwemlein