Die Provinzhauptstadt Täbris – Iran Folge 09
Unsere fünf Österreicher staunen nicht schlecht als sie heute Morgen in den Bus einsteigen und auf ihren Stammplätzen die Schweizer sitzen. Die Berlinerin neben mir tauscht mit ihrem Mann vielsagende Blicke. Die Schadenfreude der beiden ist unübersehbar.
Um 7.30 Uhr geht’s los. Heute steht die geschichtsträchtige Stadt Täbris auf dem Programm. Mit mehr als zwei Millionen Einwohnern ist Täbris die größte Stadt im Nordwesten des Irans und zugleich Hauptstadt der iranischen Provinz Aserbaidschan. Früher war Täbris ein wichtiger Rast- und Umschlageplatz auf der alten Seidenstrasse, heute ist die Stadt eines der größten kulturellen Zentren im iranischen Aserbaidschan. Nur 140 Kilometer von Täbris entfernt grenzt der Iran an das Land Aserbaidschan.
Unser erster Programmpunkt ist das 1962 eingerichtete Aserbaidschan-Museeum. Es beherbergt archäologische Schätze aus der Region, Münzfunde aus verschiedenen Epochen sowie feinstes Kunsthandwerk. Wie so oft, wenn ich vor Schmuckvitrinen in Museen stehe, komme ich aus dem Staunen nicht heraus. Wie zeitlos doch so manche alten Funde sind. Außer dem zweiköpfigen Fernsehteam sind wir die einzigen Besucher. Die Freude der Beiden über die Begegnung mit uns ist offensichtlich und ihre Neugier groß. Für ihren Dokumentarfilm, der in Kürze im regionalen Fernsehen gesendet wird, geben wir gerne ein Interview. Die Person rechts im Bild ist Schahab, unser iranischer Reiseleiter, der hier als Übersetzer im Einsatz ist.
Vom Museum bis zur Blauen Moschee sind es nur wenige Gehminuten. Meine Begeisterung für das schmucklose Gebäude hält sich in Grenzen. Die Schäden, die im Laufe der Zeit durch die vielen Erdbeben entstanden, sind haben deutliche Spuren hinterlassen. Trotz umfangreicher Renovierungsarbeiten konnten sie noch nicht vollständig beseitigt werden.
Leider reicht meine Fantasie nicht so weit, um das Meisterwerk architektonischer Kunst erkennen zu können. Den Namen, so erfahren wir, verdankt die Mosche dem kostbaren Lapislazuli im Gebäudeinneren und nicht, wie man vielleicht vermuten könnte, den blauen Kacheln an den Außenwänden, die erst bei spätererer Renovierung angebracht wurden. Die wahre Schönheit und Größe einer Moschee soll sich stets im Inneren zeigen.
Nach der Moscheebesichtigung spazieren wir zum Aushängeschild der Stadt, dem Basar. Wie in Teheran gewinne ich auch hier in Täbris den Eindruck, dass der Islam im Iran viel weniger präsent ist als beispielsweise in der Türkei, wo ich fast an jeder Straßenecke auf ein Gebetshaus gestoßen bin. Auch den Muezzin habe ich bisher noch nicht rufen hören.
„Der Bazar von Täbris ist die Hölle eines jeden Reiseleiters“, meint unsere Reiseleiterin und gibt uns, bevor wir in das Marktgeschehen eintauchen, zur Sicherheit ihre Handynummer. Dieser Basar ist bis heute der flächenmäßig größte überdachte Markt der Welt und gilt als einer der schönsten im Land. Seine Tradition reicht bis ins 13. Jahrhundert zurück.
Ein Basar, so lernen wir, war früher eigentlich eine Stadt in der Stadt, mit eigener Moschee, Medresse, Hammam, Bibliothek usw. Nach dem verheerenden Erdbeben im 18. Jahrhundert, das Täbris in Schutt und Asche legte, blieb auch vom Basar nur wenig erhalten. Im 19. Jahrhundert wurde er im Stil der „Zand-Dynastie“, die im 18. Jahrhundert im Iran herrschte, neu gebaut. Dadurch unterscheidet sich der Markt deutlich von den anderen Märkten im Land. Rot ist die dominierende Farbe der Marktgassen.
Unser Streifzug führt uns durch viele Abteilungen: Porzellan, Stoffe, Textilien, Schmuck und vieles mehr. Es gibt hier einfach alles.
Erwähnenswert ist der Teppichbasar, auch wenn das, was ich sehe nicht meinem Geschmack entspricht. Die geknüpften Gemälde mit europäischen Motiven sind bei Iranern sehr beliebt. Allerdings auch ziemlich teuer. Seit 2010 ist der Basar von Täbris als Weltkulturerbe geschützt.
Langsam meldet sich mein Magen. In einem landestypischen Restaurant kehren wir ein. Wir haben die Wahl entweder an einem Tisch mit Stühlen oder wie im Iran üblich, an einem erhöhten, mit Teppich ausgelegten Holzgestell Platz zu nehmen. Zwei Mutige wählen das Holzgestell, alle anderen ziehen Tisch und Stuhl vor. Der Chef des Hauses lässt uns keine Ruhe. Unbedingt müssen wir seinem Koch bei der Herstellung eines Familienfleischspießes zusehen und ihn natürlich auch fotografieren.
Nach der Mittagspause machen wir uns auf den Weg nach Süden und besuchen die Grabtürme von Maragheh. Da ich den Türmen wenig abgewinnen kann, erspare ich mir den Weg durch den Matsch, fotografiere aus der Ferne und erfahre bei einem Tee einiges aus der bewegenden Lebensgeschichte unserer mitreisenden Biologin aus Heidelberg.
Um 17.00 Uhr erreichen wir unser Hotel. Um 19.00 Uhr treffen wir uns zum Abendessen. Um 21.00 Uhr löschen wir das Licht. Um 4.00 Uhr wird morgen früh der Wecker klingeln.
Christa Schwemlein
Erlebt am:
Donnerstag, den 16. März 2017
Der Beitrag wurde am Mittwoch, den 7. Februar 2018 um 20:30 Uhr veröffentlicht und wurde unter Reisen abgelegt. du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. du kannst einen Kommentar schreiben, oder einen Trackback auf deiner Seite einrichten.
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