Abendmeditation
Der verlorene Stern
Es gibt eine in der Nachkriegszeit viel gelesene Geschichte von Ernst Wiechert: “Der verlorene Stern”. Sie erzählt von einem jungen deutschen Soldaten, der aus russischer Gefangenschaft nach Hause kommt, überglücklich, endlich daheim zu sein. Aber nach einigen Wochen spürt er, dass er sich nicht wirklich daheim fühlt. Er spricht mit seiner Großmutter darüber, und sie entdecken: Der Stern in diesem Haus ist verloren gegangen. Das Geheimnis wohnt nicht mehr in diesem Haus. Es wird nur noch an der Oberfläche gelebt. Man plant, baut, bessert aus, kümmert sich, dass das Leben funktioniert. Man unternimmt alles Mögliche und engt sein eigenes Leben dabei ein. Aber das Eigentliche ist verloren gegangen. Das Leben hat keine innere Ausrichtung und keine Weite mehr. Der Stern der Sehnsucht ist erloschen.
Dort, wo der Stern der Sehnsucht aus unserem Herzen gefallen ist, dort können wir uns auch nicht mehr zu Hause fühlen. Daheim sein kann man nur, wo das Geheimnis wohnt. Es geht nicht um ein fernes Ziel. Nicht um eine Orientierung an etwas Fremdem oder um eine Leistung, die zu erbringen wäre und die uns vor anderen wichtig macht. In uns selbst ist dieser Raum, in dem das Geheimnis wohnt. Es ist ein Raum der Stille. Dieser Raum ist frei von den lärmenden Gedanken, die uns sonst bestimmen, frei von den Erwartungen und wünschen der Menschen um uns herum. Er ist auch frei von den quälenden Selbstvorwürfen, Selbstentwertungen, Selbsbeschuldigungen. In diesem Raum, in dem Gott selbst in uns wohnt, sind wir frei von der Macht der Menschen. Da kann uns niemand verletzten. Dort sind wir heil und ganz. Dort sind wir ganz wir selbst. Und dort, wo das Geheimnis in uns wohnt, können wir bei uns selbst daheim sein. Wer bei sich selbst daheim ist, der kann übrall Heimat erfahren. Heimat entsteht um ihn herum. Wenn wir in der Stille immer nur auf uns selbst stoßen, auf unsere Probleme, auf unsere Defizite, auf unsere Verdrängungen, auf die Komplexe unserer Psyche, müssen wir ja irgendwann davonlaufen. Niemand kann es aushalten, nur mit sich selbst konfrontiert zu sein. So ist es verständlich, dass manche vor der eigenen Wahrheit flüchten. Doch wenn ich weiß, dass unter all diesen Verdrängungen und Verwundungen Gott selbst in mir wohnt, dann kann ich es bei mir aushalten, dass erfahre ich in mir einen Raum, in dem ich daheim sein kann, weil das Geheimnis selbst in mir lebt.
Dann kann ich auch am Himmel Maß nehmen.
Quelle:
Anselm Grün
Bleib deinen Träumen auf der Spur
Foto: Ewald Erb
Der Beitrag wurde am Sonntag, den 6. Januar 2008 um 18:57 Uhr veröffentlicht und wurde unter Geschichten, Nur so... abgelegt. du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. du kannst einen Kommentar schreiben, oder einen Trackback auf deiner Seite einrichten.
6 Reaktionen zu “Abendmeditation”
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Am 6. Januar 2008 um 19:51 Uhr
Hätte unter dem Text nicht Anselm Grün gestanden, er hätte von dir sein können – nur, du schreibst nicht so allgemein. Grün muss für tausende suchende Seelen schreiben, du nicht. Das ist ein Kompliment an dich, nicht an Grün.
Am 6. Januar 2008 um 20:22 Uhr
Schmeichler
Es ist gewiss nicht mein Anliegen für irgendwelche Seelen zu schreiben und das steht mir auch nicht zu. Ich fand diese Geschichte einfach nur so passend für den heutigen “Drei Königs Tag”.
Was ich nicht so schön finde ist, dass deine URL ins Leere läuft. (Diese Seite kann nicht angezeigt werden) Kannst du das vielleicht mal ändern oder ändern lassen?
Wenn nicht, werde ich, dein Einverständnis vorausgesetzt, (huch… wie förmlich… fast wie früher bei der Bank) die URL löschen.
Christa
Am 6. Januar 2008 um 21:42 Uhr
Sehr geerhte Frau Schwemlein,
meine “Url” auf ihrer Seite zu löschen, würde eine dramatische Verschlechterung meiner blogstatistik bedeuten. Ich hoffe, sie können von diesem für mein Ego äußerst schwerwiegendem Schritt absehen, da die meisten Leser von ihrer Seite aus zu mir rüberwechseln.
Liebe Christa,
Ich schreibe oft in der Hoffnung, dass sich der eine oder andere in meiner Freude oder Dilemma wiederfinden kann und dadurch das Gefühl erhält, ist alles gar nicht so wild, geht vielen anderen Menschen genau so. Das eigene relativiert sich dann.
Dazu, auch für fast intimes, habe ich hier den Wunsch und den Mut. Auch du. Grün nicht – er ist allgemein. Und, ich habe keine Verpflichtung, irgendeine Auflagenstärke zu erfüllen. Die hat Grün.
Das unterscheidet mich. Uns?
Und wenn ich auch aus meiner Kinderstube “Bescheidenheit” gelernt habe, hier lege ich sie ab. Und wenn wir mit 100 Beiträgen nur einer einzigen Seele Erleichterung geben können, dann hat dieser blog nicht nur für mich einen Sinn.
Im übrigen, wenn ich auf “Meine Zeiträuber” “Wunsch und Wille” anklicke, komme ich richtig bei mir an. Wenn es dir nichts ausmacht, laß mich doch mal wissen, von wo aus du nicht richtig bei mir ankommst.
LG, Menachem
Am 6. Januar 2008 um 23:19 Uhr
Mein Gott wie schwülstig. Wie darf ich das verstehen?
Menachem, ich schreibe hier nicht, um die Welt zu verbessern oder irgendwelchen Seelen Erleichterung zu verschaffen, das ist nicht mein Anliegen und das steht mir auch nicht zu. Und ich bin mir sicher, du weißt das auch.
Was mich in diese Pseudo-Welt geführt hat, das weiß der Geier oder besser, weil diese Redewendung für den heutigen Tag viel treffender ist: Das steht in den Sternen.
Inzwischen bereitet es mir viel Freude mein eigenes Blog zu betreiben und ich denke das spüren meine Leser, weil diese Freude sich nach außen wider spiegelt.
Hauptsächlich schreibe ich für die Kunden meines Mannes, die über meine Seite und mit meiner Hilfe die Welt des “Netzes” kennenlernen. Auch einige Gäste der Rheinterrassen lesen gerne hier. Und seit ich Ewald als Fotolieferanten und ernstzunehmenden Kommentator habe, macht das Betreiben eines Blogs gleich doppelt so viel Spaß.
Ansonsten wird mein Leserkreis nicht breit gefächert sein, da ich meine Seite nirgends bekannt gemacht habe und Foren meide.
Mein Blog bestätigte mir aber auch, das ich so “dumm” nicht bin, wie man mich verkaufen wollte. Diese Bestätigung war für MEIN Ego wichtig. Auch wenn mich noch so viele zum loslassen drängten, es wäre für mich der falsche Weg gewesen.
Betreff: Löschung Iher URL
Sehr geehrter Herr…. ….und jetzt?
Ich möchte Ihnen hiermit höflichst mitteilen, dass ich in keinster Weise die Absicht hatte, Sie von meiner Liste der “Zeiträuber” zu streichen. Für dieses Missverständnis bitte ich Sie an dieser Stelle und in aller Form vielmals um Entschuldigung.
Würden Sie bitte bei Kommentar Nr. 3 einmal auf “Menachem” klicken, dann werden Sie sicherlich verstehen, was ich meine. Ich nehme an, es dürfte auch in Ihrem Interesse sein, dass meine Leser über Ihre Kommentare auch auf Ihre Seite finden.
Ich wäre Ihnen daher sehr zu Dank verpflichtet, wenn Sie diese Unregelmäßigkeit schnellstmöglichst beheben könnten. Ansonsten sehe ich mich der guten Ordnung halber leider gezwungen, die URL im entsprechenden Kommentar zu entfernen. Die Zeiträuber bleiben von dieser Maßnahme selbstverständlich unberührt.
Ich hoffe auf ihr Verständnis und würde mich freuen, bald von Ihnen zu hören und verbleibe bis dahin
mit freundlichen Grüßen
http://www.ver-rueckt.net
Christa Schwemlein
Am 7. Januar 2008 um 00:22 Uhr
Danke, Christa, habe den Fehler jetzt auch bemerkt, weiß aber nicht wo dran das liegt. JAAAAAAAAAAAAAAAAAc, komm mal sofort hier her.
Wünsche dir eine gute Nacht und einen guten Start in die neue Woche.
Am 9. Januar 2008 um 00:26 Uhr
Liebe Christa,
ach ist der gut, der Text. Ja, und ich hätte auch kein “Problem” damit, ihn Dir zuzuschreiben.
Wie “gemütlich” es bei uns ist, das bestimmen wir.
Wie wir die Menschen empfangen, so fühlen sie sich bei uns.
Und es ist wohl so, dass da etwas ganz besonderes in uns wirkt: Gott.
Danke für diesen Text.
Liebe Grüße, Ulf