17. Februar 2011

Mit der AIDAluna durch den Geiranger Fjord – Hans Güth erzählt

hans

MITTWOCH, 07. Juli 2010

Hellesylt/Geiranger Fjord. Liegezeit Hellesylt 08.00 bis 09.00 für die Ausflügler, Liegezeit Geiranger 11.00 bis 18.00 Uhr, Letztes Tenderboot 17.30 Uhr.

Am Morgen nähern wir uns dem Höhepunkt unserer Reise – dem Geiranger Fjord („Lanze“). Die Stimme des Kapitäns schallt über den Bordlautsprecher und kündigt die Einfahrt an. In einem ähnlichen Tonfall wie mein Navi, das zusammen mit meiner Frau das Evangelium verkündet, wenn ich mal ans Steuer ihres BMW darf: „Nach einem Kilometer rechts ab in den Geiranger Fjord einfahren!“

Der Fjord zeigt sich mit einer weitgehend unberührten Schönheit. Mit der Zeit werden die uns links und rechts begleitenden Berge höher und schroffer und die Durchfahrt enger. Wir genießen die überwältigenden Ausblicke von unserem Balkon und sind tief beeindruckt. Pünktlich um 8.00 Uhr machen wir beim kleinen Dorf Hellesylt halt, wo sich der Geirangerfjord mit dem Sunnylvsfjord vereint.

Hier im Westen ist alles anders, die Leute sprechen anders, essen anders, denken anders. Norwegen heißt hier auch nicht Norge. Sondern Noreg. Das Vestland ist Nynorskland. Man spricht Neunorwegisch, kantiger als in Oslo, kein falsch betontes Dänisch, wie die Leute hier sagen.

Die meisten Felshänge, die den Sunnylvsfjord einfassen, sind 1200 bis 1500 Meter hoch. Obwohl Hellesylt nur 300 Bewohner hat, ist das Dorf seit mehr als 100 Jahren ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt. Zu den Vorzügen, die die Natur diesem Flecken Erde mitgegeben hat, gehören die vielen Bergflüsse ringsum, die beste Angelbedingungen bieten, vor allem für Lachse. Wir bedauern, dass wir nicht früher aufgestanden sind, dann hätten wir die Schönheit des Sunnylvsfjords von Anfang an inhalieren können.

Nach dem Frühstück treffen sich die Ausflügler wieder auf Deck 10. Auch beim zweiten Ausflug „Überland nach Geiranger“ gibt es ein paar Nachzügler, die den ganzen Betrieb aufhalten. Und natürlich die üblichen Meckerer, denen alles zu langsam geht. Unsere beiden Reiseleiterinnen überwinden auch die ätzendste Nörgelneigung dieser Liegen-Beleger.

Die Tender fassen rund 60 Personen und bringen uns rüber nach Hellesylt, wo die Busse warten, die uns über die Überlandstraße, die die beiden Dörfer Hellesylt und Geiranger verbindet, zum Ende des Fjords bringen werden. Durch eine der wildesten und spektakulärsten Landschaften Norwegens.

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Es geht in südlicher Richtung durch das Hornindal-Tal, ein weites, fruchtbares Tal, das übersät ist mit idyllisch gelegenen Gehöften. Wir passieren die knapp 300 Jahre alte, in Trockenbauweise errichtete Honndøla Bru mit dem Jungfrauenstein. Ein runder Stein mit einer Öffnung in der Mitte, durch den die Braut vor den Augen sämtlicher Dorfbewohner kriechen musste. Schaffte sie es nicht, fiel die Hochzeit ins Wasser. Warum wohl?

Wir erreichen den Ort Hornindal und machen kurz Halt am mit 514 m tiefsten Binnensee Europas, dem Hornindalvatnet. Er zeichnet sich durch glasklares Wasser aus, kein Gletscherfluss mündet in diesen See. Die Schönheit des Sees verlangt, nochmals einen Fotostopp an einer kleinen Halbinsel mit einem kleinen botanischen Garten und dem unvermeidlichen Souvenir-Shop einzulegen. Auch wenn es inzwischen leicht regnet, wir sind von Landschaft und See begeistert.

Unser Bus rollt weiter bis hinunter nach Stryn, am Ufer des 14,5 km langen, malerischen Stryn-Sees entlang, mit steilen Bergen auf der dem Wasser abgewandten Seite bis nach Hjelle. Hier ändert sich die Landschaft drastisch. Plötzlich sind wir in einem bewaldeten, flachen Tal.
In einem pittoresken Hotel, in dem sogar schon der norwegische König abgestiegen ist, nehmen wir unser Mittagessen ein. Nach einer schmackhaften Spargelcremesuppe, Lachs mit Kartoffeln und Gurkensalat und als Dessert rote Grütze mit meiner ersten Eiskugel auf dieser Reise. Nicht schlecht, das Menü.

Nach der Gjol-Brücke, die eine 90 Meter tiefe Schlucht überspannt, durch die sich ein tosender Fluss zwängt, schraubt sich die Serpentinen-Straße stetig auf 900 Meter über dem Meeresspiegel. Es geht auf das Dach Norwegens, ein ausgedehntes Gebirge mit Schnee bedeckten Gipfeln, Seen und wilden Hochebenen. Nahe den Ufern des Gletschersees Djupvatn, der laut Infos unseres Reiseleiters, ein Norweger mit österreichischen Wurzeln, vor zwei Wochen noch von einer Eisschicht bedeckt war, erreichen wir die den Fahrern alles abverlangende Passstraße zum nochmals 500 Meter höheren Berg Dalsnibba, dessen vom Wetter geformte Spitze selbst aus mehr als 150 Kilometern Entfernung deutlich zu erkennen ist.

Der Aufstieg zum Dalsnibba ist abenteuerlich, eine straßenbauliche Meisterleistung. Viel Verkehr, die Busse fahren auf der schmalen Straße Zentimeter aneinander vorbei. Ich bin kein Feigling, aber ich sehe links die Straße nicht mehr, sondern nur eine tiefe Schlucht, die ein mulmiges Gefühl in der Magengegend erzeugt.

Wenig später sind wir am Ziel und am Abgrund angekommen. Wir werden belohnt mit einer traumhaften Aussicht auf den Fjord und die umliegenden Gipfel und Gebirgskämme mit ihrer unbezwingbaren Schönheit. Und auf unsere luna, die klitzeklein tief unten am Ende des Geiranger-Fjords zu sehen ist. Trotz des bedeckten Himmels alles in wunderbaren Farben: Das Blau und Türkis der Fjorde, das satte Grün der Wiesen und Weiden und das Weiß der Berge. Es hat wenig Sinn, sich gegen ein erhabenes, feierliches Gefühl zu wehren.

Schon auf der Fahrt sind mir die kleinen Stein-Türmchen aufgefallen. Früher waren diese als Wegweiser für Wanderer gedacht, heute bauen die Touristen sie als sogenannte „Wunsch-Türme“. Auf dem Dalsnibba stehen viele der kleinen Bauwerke und natürlich will jeder Touri seinen eigenen Turm aufstellen. Ein paar lebensmüde Italienerinnen klettern ein Stück den gefährlichen Abhang hinunter, um sich ein paar Steine für ihr Türmchen zu besorgen. Oben gibt es keine mehr, Italienerinnen unten bald auch nicht mehr. Aber ein bisschen Schwund gibt’s auf so einer Reise ja immer. Nur unter massiven Drohungen kann ich die Meine davon abhalten, da auch runterzuklettern.

Ich muss noch schnell auf’s Klo, kämpfe mich durch den Souvenir-Shop und stelle mich in die Schlange vor dem Ort des vielfachen Begehrens. Die Zeit drängt und der Druck auf mich wird langsam unerträglich. Endlich vorne angekommen, stockt mir der Atem – an der Toilettentür hängt ein Automat und will fünf norwegische Kronen von mir. Shit, die habe ich natürlich nicht und verwünsche diese heimtückische nordische Geldgier. Zum Glück hält mir eine nette Touristin die Tür auf und ich danke dem Herrn für den Engel in der Not!

Sichtlich erleichtert grüßt Sie, Ihr Reiseleiter
Hans

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16. Februar 2011

Bergen – Hans Güth erzählt

hans

Dienstag, 06. Juli 2010

Bergen, Norwegen, Liegeplatz Skolten N 1, Liegezeit: 08.00 bis 18.00 Uhr, Wetter 14 Grad Celsius, Sonnenaufgang 04.25 Uhr, Sonnenuntergang 23.01 Uhr, nächste Etappe 231 Seemeilen (428 Kilometer) bis Hellesylt.

Historischer Rückblick: Bergen/Norwegen ist eine ehemalige Hansestadt, nunmehr eine Großstadt mit kleinstädtischem Charme. An dieser Stadt mit ihren alten Holzhäusern, schmalen Gassen und lebendigem Hafen, die zwischen sieben Fjorden und sieben Bergen eingebettet liegt, kommt niemand vorbei.

Heute heißt es früh aufstehen. Mein Liebling hat natürlich sehr gut ausgeschlafen und weckt mich eine Stunde früher. Ich muss gestehen, 05.15 Uhr ist nun wirklich nicht meine Zeit, auch nicht in Norwegen. Aber sie meint, viereinhalb Stunden Schlaf sollten mir eigentlich reichen.
Wir gehen auf das Sonnendeck an die Spitze des Schiffes und stellen fest, dass wir einen Begleiter haben. Vor uns strebt die „Queen Victoria“ aus Southampton ebenfalls der zweitgrößten Stadt Norwegens zu.
Es ist unheimlich still, als wir durch die vorliegenden Inseln fahren, mit vielen kleinen, bunten Häuschen am Ufer.

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Im diffusen Morgenlicht sieht man weit draußen Bohrinseln und die Realität holt uns urplötzlich ein. Die Erinnerung an die Öl-Katastrophe im Golf von Mexiko ist präsent und es macht ein flaues Bauchgefühl, wenn man sich vorstellt, dass so etwas auch hier passieren könnte.

Kurz vor Bergen überholen wir die „Queen Victoria“ und stellen fest, dass der Luxus-Liner offensichtlich passagierlos ist. Um 07.20 Uhr legt die luna sanft am Liegeplatz Skolten N 1 an, ungefähr so sanft wie das Leben hier abläuft. Auch unsere Entschleunigung hat endgültig begonnen.

Um 09.00 Uhr ist Treffpunkt zum ersten Ausflug an der AIDA-Bar auf Deck 10. Der Bus Nr. 12 und die freundliche Begleiterin Maja warten vor dem Schiff, um uns Bergen und die berühmte Stabkirche zu zeigen.

Auf der Stadtrundfahrt erzählt Maja viel von Land und Leuten. Dass die Einwohner sehr gut verdienen und nahezu jeder eine höhere Schulbildung hat, es keine Armut gibt und der Wohlstand in der Gesellschaft relativ gleichmäßig verteilt ist, die Arbeitslosigkeit bei konstanten 1% und weniger liegt, die Jugend ein gesetzliches Recht auf Ausbildung hat, die medizinische Versorgung so gut wie nichts kostet und die stationäre Behandlung im Krankenhaus sogar gar nichts.

Durch schmale Straßen mit schönen Häusern und einem kurzen Fußweg durch den Wald erreichen wir die Fantoft-Stabkirche, eine der 30 noch existierenden Stabkirchen in Norwegen. Auf dem Rückweg mitten hinein in die alte Stadt, nach Bryggen. Windschiefe, aber stolze hölzerne Kaufmannshäuser reihen sich hier, rot, weiß und braun gestrichen. Noch kurz über den Fischmarkt, wo man nicht nur fangfrischen Fisch, sondern auch Garnelen- und Lachsbrötchen, Krustentiere, Elchwurst, Rentierfelle und natürlich auch die nicht zu vermeidenden Norwegen-Souvenirs kaufen kann.

17.30 Uhr heißt es wieder: Alle Mann an Bord! Der Himmel hat sich etwas zugezogen, aber es bleibt bis auf ein paar vereinzelte Regentropfen trocken. Es ist ziemlich kühl und windig. Noch ein Blick auf die hell getünchten Holzhäuser in der Altstadt, in deren Puppenstubenfenstern die Geranien blühen und die vom Schiff aus noch geborgener und behaglicher erscheinen. Dann legen wir ab.

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Sun will unbedingt etwas für ihre Figur tun und sich trimmen. Die Body & Soul Sport-Abteilung auf Deck 11 zu finden ist reine Formsache. Ich setze mich in der Zwischenzeit ins Theatrium, schaue mir AIDA Live und die Show „Loriot’s heile Welt“ an. Mein Schatz kommt irgendwann, sichert die beiden Plätze und ich gehe schnell im „Weite-Welt“-Restaurant meinen knurrenden Magen beruhigen.

Um acht ist das Theater rappelvoll. Auch drei Holländer sind dabei, doch die Sympathien der Zuschauer liegen deutlich bei den Urus. Kapitän Giovanni de Bronckhorst bringt seine Farben mit 1:0 in Front, doch Uruguay gleicht überraschend noch vor der Pause zum 1:1 aus.
Nach dem Seitenwechsel viel Geplänkel. Mitte der zweiten Halbzeit gibt Holland plötzlich Gas und geht nach Toren von Wesley Sneijder (70.) und Arjen Robben (73.) mit 3:1 in Führung. Das Anschlusstor von Pereira in der Nachspielzeit zum 2:3 lässt noch einmal Spannung aufkommen, doch am Ende nützt es den Südamerikanern nichts mehr. Die Niederlande sind als erste Mannschaft im Finale und warten auf die „geliebten“ Deutschen.

Im Anschluss taucht zum ersten Mal Kay Ray auf, ein schwuler Haarkünstler aus dem Hamburger „Schmidt’s Tivoli“-Theater, direkt von der Reeperbahn. Ein schriller Paradiesvogel ohnegleichen, mit Hang zu grellen Klamotten und quietschbunten Frisuren, der mit samtigen Stimmbändern, humoristischem Dauerfeuer, das ständig weit unter der Gürtellinie ist, überrascht. Per Lautsprecher wird darauf hingewiesen, dass die Vorstellung nichts für Kinder und Jugendliche ist. Was zur Folge hat, dass viele der Rotzer einfach sitzen bleiben und die Eltern bald gewaltigen Erklärungsnotstand haben.

Der schwul-bunte Wirbelwind ist absolute Spitzenklasse! Kay Ray reißt derbe Zoten und ist dermaßen ordinär, dass sogar die ganz Prüden im Publikum lachen müssen. Schon nach wenigen Minuten ziehen ein paar Mütter ihre 10 bis 13 Jahre alten Jungen und Mädchen hoch, doch die meisten dieser Pubertierenden haben an dieser Informationsveranstaltung bereits Gefallen gefunden und denken im Traum nicht dran, sich zu trollen. Worauf sich, peinlichst berührt, die Mütter wieder mit hochrotem Kopf setzen wollen – und fallen Kay Ray in die Hände. Der nimmt sie sich jetzt persönlich vor und frisiert ihnen auf der Bühne reeperbahnmäßig grell die Haare.
Einen Freund gewinnt er dann auch. Hartmut aus Wanne-Eickel, um die fünfzig mit Bierbauch und Halbglatze, der mit Kay im Laufe der Show 5-6 doppelte Wodkas vernichtet und eine echte Bereicherung ist. Gegen Mitternacht haben beide ihren Alkoholpegel erreicht und wir freuen uns, dass Kay noch zwei weitere Auftritte während unserer Reise mit der luna hat.

Das war’s für heute. Wir lesen uns morgen wieder, Ihr Reiseleiter
Hans

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15. Februar 2011

Mit der AIDAluna Richtung Bergen – Hans Güth erzählt

hansMONTAG, 05. Juli 2010

1. Seetag.

Auf dem Weg nach Bergen/Norwegen. Wetter: Leicht bewölkt, 17 Grad Celsius, Sonnenaufgang 04.53 Uhr, aktuelle Etappe: 544 Seemeilen (1.007 Kilometer) bis Bergen.

7.00 Uhr. Ein vorsichtiger Blick aus dem Fenster, die Sonne zeigt sich nur langsam. Ich öffne die Balkontür und genieße für ein paar Minuten die frische, reine Seeluft, die eigentlich weniger nach Fisch oder Meer riecht als einfach nur nach Salz, aber sofort mein Hungergefühl weckt.

Wir lassen es an diesem Morgen langsam angehen und wählen zum Frühstück das „Bella Vista“-Restaurant auf Deck 11 aus. Bereits an den Eingangstüren werden wir von zwei Obsttonnen im Kokosnuss-Look empfangen, aus denen sich eine imposante, geschnitzte Frucht-Skulptur erhebt. Gleich dahinter werden die Massen geschickt geteilt und weiterdirigiert, sodass Wartezeiten an den langen Büffets kein Thema sind.

Der Qualitätsstandard wird schnell deutlich. Es gibt praktisch nichts, was es nicht gibt. Eier, Wurst und Käse in allen Variationen, eine eigene Schinkentheke, zig Sorten von Müslis, Brotsorten und Brötchen. Zudem ein riesiges Teesortiment und einen Kaffee, für den man jemanden heiraten würde. Kaffee, der nichts zu tun hat mit so verspielten Sekretärinnen-Sorten wie Haselnuss-Krokant-Cappuccino oder Vanille-Maracuja-Latte etc. und mich meine neurologische Verträglichkeitsgrenze von zwei Tassen vergessen lässt. Ein Frühstück der Superklasse!

Bald werden wir durch den durchdringenden Generalalarm – sieben kurze und ein langer Ton – aufgefordert (zuhause genügt da bei mir stets ein scharfes „Hans, kommst Du mal?!“), die orangefarbenen Life-Westen anzulegen und uns gemäß unserer Kabinennummer zu unserem Sammelpunkt auf Deck 5 E zu begeben. Um 10.20 Uhr ist nämlich die gesetzlich vorgeschriebene Seenotrettungsübung angesagt.
Natürlich kommen einige desinteressierte Passagiere zu spät und/oder ordnen sich am falschen Meeting-Point ein. Die ernten dann einen bösen Blick der Crew, werden am Ende aber auch gerettet.

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Was macht man nun an einem Seetag auf so einem Kahn? Für den Disco-Tanzkurs (Tango) oder den Poolsport haben wir nicht die rechte Lust und verziehen uns bis zum Mittagessen auf das Sonnendeck, wo wir bei Erdbeer-Bowle die Deck-Show verfolgen und die Leute beobachten. Wir stellen fest, dass es bei den besser verdienenden Sonnenbrillenträgerinnen immer noch sehr beliebt ist, die Brille wie ein Diadem auf den Kopf zu schieben, ebenso wie die Marotte, sich weiße Lacoste-Tennispullis locker über die Schulter zu hängen. Bis wir müde werden und bei sanfter Brise ein kleines Nickerchen machen (übrigens, was macht ein Schwarzafrikaner, wenn er einen Mittagsschlaf macht? Genau – ä Niggersche!).

Lover Mae hat unsere Kabine vorschriftsmäßig aufgeräumt. Sogar die Pyjamas sind sorgsam gefaltet und in der Mitte der Betten drapiert. Wir beschließen, unserer guten Fee eine kleine Aufmerksamkeit in die Hand zu drücken. Was ankommt, denn die kleine Geste wird uns auf unserer Reise noch manches Mal zum Vorteil gereichen.

Am frühen Nachmittag wird der Seegang heftiger und dem einen oder anderen Passagier geht das Mittagessen noch einmal durch den Kopf. Auch mein Schatz hat einige Probleme und ich mache mich auf den Weg zum Bordhospital auf Deck 3. Dort hat sich bereits eine lange Schlange von Grünen gebildet (was mich überrascht, ist, dass der seekranke Mensch tatsächlich grün anläuft. Obwohl es eher ein gespenstisches Grün ist, ein blässliches, hässliches, Krötenschlucker-Grün). Ich bin mit einer gesunden Gesichtsfarbe dabei und bekomme von der freundlichen Schwester Doreen – neben einem AIDA-Lächeln – vier kleine Tabletten für “Honey”, die inzwischen die Fische gefüttert hat und sich sterbeselend fühlt.

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Ich lasse sie schlafen und höre mir den Schnuppervortrag für erfolgreiche Menschen an, den irgend so ein Wichtigtuer im Theatrium hält. Die Leute hängen mit offenem Mund an seinen Lippen und buchen anschließend wie bekloppt seine Kurse für 75 Euro die halbe Stunde. Ohne zu kapieren, dass die größte Lüge aller Management- und Coaching-Bücher ist, dass man Erfolge strategisch planen kann. Man kann an sich arbeiten, an sich glauben, viel ausprobieren, auf die Schnauze fallen und wieder aufstehen. Aber dann braucht es viel Glück, die berühmten richtigen Momente und sehr oft auch die richtigen Freunde. Leben kann man nur vorwärts, das Leben verstehen nur rückwärts.

Ich schaue mal nach meiner leidenden Frau und bringe ihr einen Pfefferminztee. Es geht ihr erfreulicherweise etwas besser, auch die See hat sich zwischenzeitlich beruhigt, obwohl das Schiff immer noch leicht rollt. Essen möchte sie nicht, also gehe ich allein zur abendlichen Fütterung, wo die Seekrankheit das alles beherrschende Thema ist. Gespräche über Übelkeit und Erbrechen sind auf einem Kreuzfahrtschiff offensichtlich kein Tabu-Thema.

Ich lerne Heidemarie kennen, deren Mann wegen geschäftlichen Terminüberschneidungen sein Ticket auf die Schwiegertochter übertragen hat. Deren Mann, also Heidemaries Sohn, sei ein hohes Tier im Handy-Geschäft. Und sie kramt tatsächlich ein Foto mit einem Anzugträger hervor, wobei sie unwillkürlich einen Eckzahn bleckt. Ich bin höflich und mache ein bisschen Konversation, mit Menschen, die ich mit ziemlicher Sicherheit auf dieser Reise nicht noch einmal sehen werde. Die Wahrscheinlichkeit, aufgrund der Größe des Schiffes einem der 2.400 Passagiere ein zweites Mal zu begegnen, ist äußerst gering. Trotzdem wird uns das erstaunlicherweise noch dreimal passieren.

Danach ist Gratis-Bingo angesagt und ich wundere mich, wie manche Menschen sich für ein halbes Glas Sekt so zum Affen machen können Ich habe zwar keine Kappe, kein T-Shirt oder Tasche gewonnen, mich aber nett mit zwei Ipanema’s und der hübschen Bar-Maid Kristina vergnügt, die den Job nun schon zwei Jahre macht und ihre AIDA-Karriere nach dieser Reise an den Anker hängen wird.

Im Theatrium steht ein interessantes „Seminar“ auf dem Programm: „Verheiratet und trotzdem glücklich!“. Frauen und Männer sind bekanntlich unterschiedlich. Nicht besser und nicht schlechter, sondern unterschiedlich. Wenig Neues, aber doch sehr lustig und kurzweilig.

23.00 Uhr, mein Schatz schläft ruhig und friedlich. Ich stelle den Wecker auf 06.15 Uhr, um rechtzeitig das Einlaufen in Bergen um 07.00 Uhr in der ersten Reihe auf Deck 14 mitzuerleben. Draußen wird es langsam dunkel, die Dämmerung setzt hier oben jetzt immer später ein. Mein Reisetagebuch und ich machen das Licht aus und freuen uns auf unseren ersten Landausflug.

Ihr Reiseleiter
Hans

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14. Februar 2011

Leinen los! – AIDAluna sticht in See!

hansPünktlich um 21 Uhr beginnt der Koloss unter Enya’s „Sail away“ zentimeterweise zu wenden und in Fahrtrichtung zu drehen, ein hübsches Schauspiel mit Sirenengetute. Mit langsamer Fahrt geht es elbabwärts, vorbei an den St. Pauli-Landungsbrücken, dem Containerhafen und vielen winkenden Menschen am Ufer, die die luna verabschieden wollen und einige Überraschungen für die Passagiere parat haben. Es geht vorbei an einer Blaskapelle, die „Muss I denn, muss I denn zum Städtele hinaus“ intoniert, einem Feuerwerk, einem Shanty-Chor „In Hamburg sagt man Tschüss“ und am Stadtausgang abschließend die Nationalhymne. Sehr, sehr stimmungsvoll…

Die luna nimmt jetzt Fahrt auf und ich komme mir vor wie der Marlboro-Man oder Lucky Luke, der in den Sonnenuntergang reitet. Die weiteren Kilometer genießen wir ganz gemütlich auf unserem Balkon, bewundern die wunderschönen Häuser und Villen und freuen uns für die Menschen, die hier leben dürfen.

Gegen 23 Uhr wird die Population weniger. Nachdem der Lotse nach 30 Kilometern von Bord geht, strebt die luna der immer noch 80 Kilometer entfernten Nordsee zu. Die sollen wir gegen 3.00 Uhr erreichen. Aber da schlafen wir tief und fest.

Eine gute Nacht wünscht Ihnen
Ihr Reiseleiter Hans

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14. Februar 2011

Die AIDAluna – Hans Güth berichtet

hansDie AIDAluna ist eines der größten Schiffe der AIDA, so sauber und weiß wie nach einer Kochwäsche, ein schwimmender Hochzeitskuchen mit einer Bettenzahl weit im vierstelligen Bereich und Schiffsschrauben von der Größe einer Bankfiliale. Das Schiff mit seiner gesamten Einrichtung zählt, gemessen an der Branche üblichen und mir jetzt bekannten Standards, zur absoluten Spitzenklasse. Die Küche ist exzellent, der Service hervorragend, und sowohl bei den Landgängen als auch beim Animationsprogramm überlässt man nichts dem Zufall.

Unsere Kabine 7133/Steuerbord/außen/Balkon (was bedeutet, dass sich die Kabine auf Deck 7 befindet, „Steuerbord“ heißt auf der rechten Seite, und außen/Balkon besagt, dass die Kabine einen Balkon hat, in unserem Fall meist auf der Landseite) hat alles, was man braucht. Mit 16 qm geräumiger, als wir dachten, Klima, Teppichboden, Vakuum-Unterdruck-WC, Sat-TV, Radio, Internet, Föhn, feuersicherer Safe und Direktwahltelefon. Die Betten-Inletts bestehen aus antiallergenem Material, Pooltücher und Bademäntel sind selbstverständlich.

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Unser Lob verdient das in orange gehaltene Bad. Die indirekte Deckenbeleuchtung beeindruckt, das Waschbecken ist groß und tief, der Lichtschalter aktiviert zugleich den Abluft-Ventilator, dessen Kraft und Wirbeldynamik kurzen Prozess macht mit Dampfschwaden und weniger angenehmen Körpergerüchen. Die Dusche ist ein „Overperformer“ der besonderen Art. Bis man weiß, wie das Ding funktioniert, zieht einem die Heißstufe zwar beinahe die Haut ab, doch bedarf es nur einer kurzen Drehung des Wärmereglers und aus dem Duschkopf strömt Wasser mit einer voreingestellten Wohlfühl-Temperatur von exakt 37°.

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Zuzüglich gibt es in dieser Kabine des mittleren Preissegments einen Superschrank mit einer verwirrenden Vielzahl von Einlegeböden, Fächern und Schubladen. Der Schrank ist so vertrackt durchdacht in seiner Raumnutzung, dass ihn nur eine rundum organisierte Persönlichkeit entworfen haben kann. Unterm Strich, unsere Kabine ist einfach knuffig!

Das ist auch unser Zimmer- äh, Kabinenmädchen für Deck 7, eine Augenweide, sehr freundlich und hilfsbereit. Sie heißt Lover Mae (was für ein Name!) und kommt von den Philippinen. Ein Mädchen mit einem offenen Lächeln, stets eingehüllt in eine Wolke jenes norwegischen Zedernduft-Desinfektionsmittels, mit dem sie die Badezimmer wischt, ein zauberhaftes Wesen, das zweifellos eine eigene Doku-Postkarte wert wäre. Wir sollten, im wahrsten Sinne des Wortes, durch ihre Stimme noch betört werden.

Die Tickets für unsere Ausflüge und die Restaurant-Besuche im „Rossini“ und „Buffalo Steak-House“, die ich online gebucht habe, liegen auf unserem Bett. Guter Service.
Auch auf unsere Koffer müssen wir nicht lange warten. Also: schnelles Verlagern der Kofferinhalte in die funktionalen Schränke und Ablagemöglichkeiten, anschließend kurzes Bestaunen der einzelnen Decks, dann auf Deck 10 und 11 zum Buffalo Steak-House und Rossini, unsere Buchung zu bestätigen. Der Mâitre im Rossini ist Franzose und an den Ufern der Loire zuhause, wo bekanntlich viele schöne Schlösser stehen und ein guter Wein wächst. Ich plaudere ein wenig mit ihm en français und wir werden den besten Platz des Restaurants an unserem Abend bekommen. Très bien!

Von Deck 11 ist es nicht weit zur Bar auf dem obersten Sonnendeck, wo wir erstaunt feststellen, dass mein Lieblingsgetränk, der „Ipanema“, offensichtlich der „Cocktail des Jahres“ ist und lösen unsere beiden Gutscheine für den Begrüßungscocktail ein. Wobei ich sofort das Ziel verfehle, einen nennenswerten Eindruck zu hinterlassen, denn mein Cocktail fliegt sogleich über die Bar.
Der nette Barkeeper bringt mir einen zweiten, diesen jedoch nicht alkoholfrei und/oder mehrheitlich mit Feuerzeugbenzin aufgefüllt, so dass mir Nichtwissendem beim ersten Schluck fast die Ohren wegfliegen. Nachdem ich ihm eine Weile beim Zubereiten seiner Cocktails zugeschaut habe, bin ich sicher, der Kahn hat keinen Schnaps mehr, bevor wir das erste Mal in Norwegen anlegen. Ich sollte Recht behalten, denn schon einen Tag später konnte ich bei vielen Gästen nicht mehr unterscheiden, ob die Menschen oder das Schiff schwanken.

Der Magen knurrt und wir suchen das nächste Restaurant. Keine Platzprobleme, unglaubliche Fülle an verschiedenen Vorspeisen, Hauptgängen und Desserts. Alles da, was das Herz begehrt und wirklich gut! Wir hauen gleich zweimal richtig rein, dazu noch Nachtisch und einen großen Obstteller. Ich platze gleich und höre meinen Nachbarn, einen ostdeutschen Kreuzfahrt-Spezialisten aus Leipzig konstatieren, dass man auf einer Schiffsreise nicht abnehmen kann.

Auf dem bereits überfüllten Top-Deck suchen wir uns für die Sail-away-Party einen geeigneten Platz. Bis mein Schatz – wie gewöhnlich bei der Parkplatzsuche – endlich weiß, wo sie hin will, stehen wir in der dritten Reihe. Ich habe das lange Teleobjektiv auf der Kamera und verschaffe mir bis zum Ablegen um 21 Uhr Platz in der 1. Reihe. Bis zum Ertönen dreier langgezogener Huptöne habe ich mir einige Feinde gemacht, aber jetzt bin ich „der König der Welt“ und verabschiede mich für heute.

Ihr Reiseleiter
Hans

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13. Februar 2011

Check-in – Hans Güth erzählt

hans

SONNTAG, 04. Juli 2010

Einchecken ist eigentlich erst für 16 Uhr geplant, wir sind eine Stunde früher da. Ich mag’s beim Reisen entspannter. Das überaus freundliche Personal befreit uns sofort von unserem Gepäck, das noch ziemlich lange vor uns auf der Kabine sein wird. Denn im Terminal 2, einem gigantischen Zeppelin-Hangar ohne Zeppelin, wartet beim Check-in eine böse Überraschung auf uns – 500-600 Gäste plus deren Verabschiedungskomitee hatten offensichtlich die gleiche Idee wie wir!

Die Abwicklung verläuft zäh. Der Zentralserver ist ausgefallen, nichts geht mehr. Es ist brütend heiß in der stickigen Halle, von gesunder Seeluft nichts zu spüren. Was besonders den älteren Passagieren große Probleme bereitet, die auf den schnell herbei gebrachten Stühlen aussehen, als harrten sie seit Tagen hier aus. Mit dem ergebenen Blick gestrandeter Flugpassagiere, die wegen eines Schneesturms auf ihren Weiterflug warten.

Bis es für die luna soweit ist, bleibt mir nur, mich umzuschauen und Eindrücke zu sammeln, Gespräche aufzuschnappen oder selbst ein wenig Smalltalk zu machen. Vor uns steht ein nettes Ehepaar aus NRW. Er hat ein T-Shirt mit den Koordinaten 71° 10’ 21“ an. Messerscharf kombiniere ich, das sind die Koordinaten des Nordkaps. Ich tue ihm den Gefallen und frage nach, was die Zahlen bedeuten.

Freundliche AIDA-Mitarbeiter reichen Eistee zur Erfrischung. Bis auf eine sehr laute, den Geräuschpegel übersteigende Unmutsäußerung eines professionellen Querulanten gibt es kein Gemotze. Schließlich arbeitet der AIDA-Service nach unseren Beobachtungen mit Hochdruck an der Lösung.

Um 16.45 Uhr docken wir endlich ganz vorne an. Passkontrolle, Foto, Kreditkartendaten hinterlegen, Bordkarte erstellen. Die Dame weist uns darauf hin, dass wir die Bordkarte auf keinen Fall verlieren dürfen, sonst kommen wir nicht mehr aufs Schiff und werden an den Nordpol verfrachtet. Wir klammern uns an unsere Plastikkärtchen und versprechen, sollte einer seine Karte verlieren, wir zusammen ins kalte Exil gehen. So haben wir es uns ja in der Kirche vor 30 Jahren versprochen: Wo du hingehst, da will auch ich hingehen.

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Nach dem Sicherheitscheck schießt der Bordfotograf das erste Foto von uns, auf dem wir ziemlich blass und gestresst und irgendwie nicht einsatzbereit wirken. Über einen kirschroten Teppich geht es ins Innere dieses riesigen Schiffes, wo uns eine sauerstoff- und dezent raumduft-angereicherte Klimaanlagen-Atmosphäre umfängt.

2009 gebaut, 252 m lang, 50 Meter hoch und 32 m breit, mit seinen 13 Decks, 1.025 Passagierkabinen, sieben Restaurants , elf Bars, insgesamt 4.000 qm Restaurantfläche und 6.400 qm Fläche Sonnendecks. Dazu über 600 Besatzungsmitglieder, die sich 24 Stunden um das Wohl ihrer Gäste kümmern, ob Singles, Senioren, ob Firmen- oder Familienpakete, ob für die Holzklasse, Komfortklasse, Luxus- oder Luxus-de-luxe oder Luxus-absurd-Klasse, für alles und jeden wird auf der luna gesorgt. Wir stellen fest, von nun an agieren die Profis.

Ja, und diese vielen Eindrücke müssen erst einmal verarbeitet werden. Wir lesen uns morgen wieder.

Ihr Reiseleiter
Hans

Eintrag Nr. 5603 | Kategorie Reisen | 1 Kommentar »




12. Februar 2011

Nach Hamburg – Hans Güth erzählt

hans

FREITAG, 02. Juli 2010

Vorfreude. 06.50 Uhr, das Taxi kommt überpünktlich. So, wie sie halt meistens kocht, hat mein Schatz – „Honey“ – auch gepackt: Ein kleiner Koffer für mich, zwei große für sich selbst. Die Plackerei, bis unser Gepäck im Auto verstaut ist, bringt mich fast an meine koronaren Grenzen, ist jedoch ein Zuckerschlecken gegen die spätere Action auf dem Mannheimer Bahnhof.

„Hast Du nichts vergessen?“
erkundigt sich Honey auf der Schnellstraße, Höhe Feudenheim.
 „Doch, meinen Schreibtisch“, erwidere ich. –
„Was??“
„Da liegt noch mein Handy”.

Vollbremsung des rumänischen Taxlers, mit Powerslide-U-Turn über die durchgezogene Linie, bevor uns der nahende 38-Tonner erwischt. Er unterschätzt jedoch den Wendekreis seines Taxis und verursacht ein wildes Verkehrschaos. Ich stelle fest, dass der TÜV des 38-Tonners laut Plakette abgelaufen ist.

Mit geschätzter Lichtgeschwindigkeit zurück nach Ladenburg, wo ich ihn bei Lidl – oder doch erst bei EDEKA? – höflich auf die gesetzliche Geschwindigkeitsbegrenzung innerhalb geschlossener Ortschaften hinweise. Vor unserem Haus parkt er in Gegenrichtung in der zweiten Reihe und spätestens jetzt zweifle ich, ob der Mann überhaupt einen Führerschein besitzt. Vielleicht ist das aber auch nur der gängige rumänische Fahrstil.

Mit dem Handy auf den Rückflug, auf dem der Transsylvanier uns über die wesentlichen Punkte seines Lebens aufklärt. Er wäre mehrfach nahe an der Grenze gewesen, seinen Führerschein zu verlieren und in Flensburg hätten sie ein Foto von ihm an der Wand. In der Schweiz sei er mal bei erlaubten 80 kmh mit 68+ geblitzt worden und fügt stolz an, dass er das Ticket in Höhe von 167 Euro sofort nach Erhalt bezahlt hätte. Da hätte er Größe gezeigt und sich nicht mal mahnen lassen. Die Geschwindigkeit schafft er zwischendurch auch jetzt locker, bis ich am Flugplatz-Blitzer an der Scheibe klebe.

Fünfundvierzig Euro, inklusive fünf Euro Überlebens-Bonus, waren am Ende nicht zuviel für diese Erfahrung. Aber ich weiß nicht, ob wir das nervlich durchgehalten hätten, wären wir seinem Angebot, uns für 500 Euro nach Hamburg zu fahren, nähergetreten.

Längere Reisestrecken teile ich gewöhnlich in Etappen ein. Diese Methode lässt meinen Adrenalinspiegel nicht in gefährliche Höhen schnalzen. Die nächste Etappe endet in der Hitze von Bahnsteig 3, wo sich mein Schatz nach Studium des Wagenstandsanzeigers partout im Bereich “F” niederlassen will. Meinen flehenden Hinweis, dass erfahrungsgemäß in neun von zehn Fällen der Zug umgekehrt einfährt und die 1.Klasse wahrscheinlich bei “A/B” zu finden ist, quittiert sie mit einem beleidigten Blick und marschiert ab. Ich denke wehmütig an frühere Zeiten, wo es noch möglich war, dem Teufelsbraten zu widersprechen.

Der Zug kommt und ich sehe mit Schrecken Wagen 11 vorbeirauschen. Zwei Minuten Haltezeit. Meine bessere Hälfte mit dem leichten Sturmgepäck auf und davon, ich, dem Kollaps nahe, mit einem Stop-over auf “C/D”, hinterher. Bevor mich die automatische Tür zermalmt, wuchte ich die schweren Koffer in den Wagon und suche das Sauerstoffzelt. Wenn auch stark angeschlagen, kämpfen wir uns zu unseren reservierten Plätzen durch. Die nächste Etappe ist geschafft, wir sind auf dem Weg nach Hamburg.

warm-up-in-hamburg

Der Wagon ist nicht ausgebucht, gut klimatisiert, das Bordpersonal freundlich. Der Schaffner schwätzt uns einen zu starken Kaffee von gestern auf, mit dem man die Straße teeren kann, dazu ein durchaus leckeres 500-Kalorien-Croissant. Langsam kommen wir in Urlaubsstimmung und es sollten viereinhalb entspannte Stunden nach Hamburg werden.

Mit dieser abenteuerlichen Anreise verabschiede ich mich für heute und wünsche Ihnen noch einen schönen Samstagnachmittag.

Ihr Reiseleiter
Hans

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11. Februar 2011

Eine außergewöhnliche Hochzeitsreise – Hans Güth erzählt

hansDrei Dinge soll ein Mann bekanntlich in seinem Leben tun: Ein Haus bauen, ein Kind zeugen und einen Baum pflanzen. Im Zeitalter des modernen Mannes muss die Liste sogar noch verlängert werden: Um 100 Paar Schuhe, 50 Taschen und den einen oder anderen Diamanten. Soweit habe ich alles geschafft. Doch etwas hat immer noch gefehlt: Unsere Hochzeitsreise, die wir immer wieder aus finanziellen, familiären und beruflichen Gründen verschoben haben.

Zu unserem 30. Hochzeitstag war es endlich soweit: Vom 4. bis 19. Juli 2010 haben wir mit der AIDAluna den europäischen Norden unsicher gemacht. Nach einem zweitägigen Warm-up in Hamburg war die frühere Hansestadt Bergen der erste Zwischenstopp, danach fuhren wir ein in die kathedrale Stille des Geiranger Fjord, genossen die majestätische Mitternachtssonne am Nordkap, folgten im „heißen“ Island den Spuren der alten Wikinger und besuchten „Nessy“ in Schottland.

Wir danken all den lieben Menschen, die wir auf unserer Reise kennenlernen und mit denen wir viele schöne Momente verbringen durften. Unser besonderer Dank gilt Kapitän Leitzsch und seiner tollen Crew, die zu jeder Sekunde dafür gesorgt haben, dass unsere Hochzeitsreise unvergesslich bleiben wird.

Hans Güth

Für neue Leser:
Ein wenig aus meiner Vita finden Sie unter dem Beitrag – Hans Güth stellt sich vor

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