Vergeben-Vergessen-Verzeihen
Anleitungen zum Vergeben und Verzeihen gibt es wie Sand am Meer. Ich weiß nicht wie es Ihnen geht, aber ich habe so meine Schwierigkeiten mit derartigen Gebrauchsanweisungen. Sie entpuppen sich oft als Leitbilder, die, zumindest mir, einen ungeheuren Stress bereiten. Meistens dann, wenn es mit dem Vergeben, trotz bester Absichten, einfach nicht klappen will.
Ich stimme gerne mit den Experten überein, dass „ein nicht verzeihen können“ fatale Folgen für die Gesundheit haben kann. Aber ich wehre mich dagegen alles über einen Kamm scheren zu wollen. Gesundheit ist nun mal kein Eintopf, der nach einem einheitlichen Rezept mit den stets gleichen Lebensmitteln und den immer selben Gewürzen zubereitet werden kann.
Auch in der Bibel steht siebenundsiebzigmal mal sollst du vergeben. (Mt 18.21-35)
Bei relativ leichten Vergehen mag es leicht fallen, dem anderen mit Nachsicht zu begegnen. Worte wie: Ist schon gut, vergiss es oder Schwamm drüber, mögen da vielleicht ganz leicht über die Lippen kommen. Aber wie sieht es mit den großen Brocken aus? Wenn uns jemand nicht nur auf die Füße, sondern auf die Seele getreten ist? Wenn Worte und Taten tief verletzen und Wunden hinterlassen? Wie sieht es aus, wenn nach einem handfesten Krach der Streitpartner sich aus dem Staub macht und eine Aussprache nicht mehr möglich ist? Wir zusätzlich zu unserem Anteil auch dessen Anteil zu tragen haben? Können wir solche Kränkungen überwinden? Sind wir mit der Wut im Bauch überhaupt in der Lage zu vergeben?
Auf genau diese Fragen habe ich mich vor fünf Jahren konzentriert. Meine Freundin Manuela und ich hatten die Aufgabe übernommen die Versöhnungsfeier im Advent in unserer Gemeinde vorzubereiten. Es war für uns eine sehr schwere Aufgabe und zugleich auch eine große Herausforderung, weil wir der Meinung waren:
Vergebung ist eine harte Sache!
Wir haben uns öffnen lassen und einen Wandel durchlebt, der es uns möglich machte, anders als in der bekannten „Verzeihliteratur“ beschrieben, mit Vergebung umzugehen. Daraus ist ein bewegender Gottesdienst entstanden, der noch lange für anregende Diskussionen sorgte.
„Vergebung ist eine harte Sache“, ist ein Text aus meinem persönlichen Archiv und wird Thema des nächsten Beitrages sein.
Christa Schwemlein
Der Beitrag wurde am Montag, den 22. November 2010 um 00:23 Uhr veröffentlicht und wurde unter FaGoDi, Kirche abgelegt. du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. du kannst einen Kommentar schreiben, oder einen Trackback auf deiner Seite einrichten.
Eine Reaktion zu “Vergeben-Vergessen-Verzeihen”
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Am 22. November 2010 um 23:13 Uhr
Liebe Christa
Ich bin gespannt auf den Text aus deiner Archiv-Schatzkiste. Hattest Du nicht auch schon im Blog einen Artikel in diese Richtung?
http://ver-rueckt.net/?p=3137
??? nee, das war doch etwas anderes.
Ich beschäftige mich auch immer wieder mit dem Vergeben. Jeden Tag eine kleine praktische Übungsserie bei über 2 Stunden Fahrt als Pendler mit Bahn und Tram (Strassenbahn). Gar nicht immer mit 100% Score bei der Übung!
Zum Glück gibt es zuhause und im Geschäft nicht viel Äusserliches zu vergeben. Da bleibe nur noch ich, dem ich immer wieder vergeben muss, oder darf, für alle die bewussten und unbewussten negativen Gedanken.
Wenn wir uns schon alle verbunden fühlen, dann gilt das auch für das Negative, nicht nur für das Schöne. Dazu ein eindrückliches Dokument: Joe Vitales Bericht über die Ho’oponopono-Praxis mit gefangenen Gewalttätern (http://de.spiritualwiki.org/Wiki/Hooponopono#toc3 ).
Ich glaube, es gilt dieselbe Gesetzmässigkeit wie beim Lieben und Akzeptieren: Nur wer sich selber vergibt, kann auch anderen vergeben. Vielleicht könnte man das NT auch einmal auf solche Äusserungen abklopfen.
Möge Vergebung (–>Frieden) auf Erden sein.
Urs