Ein Lebenszeichen
Es gibt mich noch
Noch immer arbeite ich an der Situationsanalyse meiner Pfarrgemeinde. Bestimmt sind Sie brennend an meinen Erkenntnissen interessiert.
Hier ein paar Auszüge:
Feststellen zu müssen, dass der letzte Visitationsbericht von 1991 datiert, war ernüchternd.
Aus den Statistiken entnehme ich, dass seit einigen Jahren alles rückläufig ist. Taufe, Firmung, Eheschließungen, Gottesdienstbesuche bis hin zu den Beerdigungen.
Taufen
2005 | 2006 | 2007 | 2008 | 2009 | 2010 bis dato |
34 | 23 | 16 | 25 | 22 | 5 |
Es werden immer weniger Kinder getauft als der proportionale Anteil an Katholikinnen und Katholiken vermuten lässt. Die Ursache ist zum Teil darin begründet, dass Taufe keine Selbstverständlichkeit mehr ist.
Wir werden sowohl mit einem Priester- als auch mit einem Gläubigenmangel konfrontiert. Der Glaube ist vielen Menschen abhanden gekommen. Die Gründe sind verschieden. Für viele ist das Gottesbild, mit dem sie groß geworden sind, nicht mehr glaubwürdig. Kirche und Gottesdienst empfinden viele als verstaubt und überholt und bestenfalls noch etwas für die Alten, wie die Zahlen bestätigen. Die neuesten Ereignisse innerhalb der Kirche tragen ebenfalls dazu bei, dass immer mehr Katholiken enttäuscht ihrer Kirche den Rücken kehren.
Gottesdienstbesuche
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2005 |
2006 |
2007 |
2008 |
2009 |
2010 |
2. Sonntag i. d. Fastenzeit |
89 37 männlich 52 weiblich |
136 39 männlich 97 weiblich |
112 36 männlich 76 weiblich |
71 22 Männer 71 Frauen 27 Kinder |
155 36 Männer 81 Frauen 38 Kinder |
94 23 Männer 55 Frauen 16 Kinder
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Der visuelle Eindruck der diesjährigen Zählung lässt darauf schließen, dass der Großteil der Gottesdienstbesucher der Generation 60+ angehört.
Der Schwund der Gemeindemitglieder hat einen deutlichen Einfluss auf die zu erwartenden Kirchensteuermittel. Die Gemeinde “St. Bartholomäus” muss sich auf sinkende Einnahmen einstellen. Eine erste spürbare Folge ist die Kürzung der wöchentlichen Arbeitsstunden der beiden Pfarrsekretärinnen.
In der Leitung der meisten Gruppierungen fand in den letzten Jahren kein Generationswechsel mehr statt. Die Gründe sehe ich vor allem darin, dass es immer weniger Personen gibt, die Leitungsverantwortung übernehmen können und wollen. Dieser Trend ist in allen Gruppierungen, auch den weltlichen, festzustellen. Ein weiterer Grund ist in meinen Augen aber auch das Festhalten an lieb gewonnenen Ämtern, Posten und Pöstchen. Die große Gefahr, die mit dem Festhalten an eingefahrenen Strukturen einhergeht, trübt meines Erachtens den Blick auf Neues.
Große Sorgen hatte im letzten Jahr die kfd (Katholische Frauengemeinschaft). Die aktive Vorstandsvorsitzende musste nach 20 Jahren ihr Amt niederlegen. Grund hierfür waren die neuen Richtlinien der kfd. Die restlichen Vorstände traten ebenfalls zurück. Es war schwierig, Nachfolgerinnen für dieses seit Jahren gut eingespielte Team zu finden.
Der Kirchenchor ist überaltert und sucht vergeblich nach neuen Stimmen.
Das Familiengottesdienst-Team hat sich nach einer sehr aktiven Zeit nahezu vollständig aufgelöst. Einige engagierte Mitglieder sind weggezogen, andere haben mit der Erstkommunion ihrer eigenen Kinder das Amt niedergelegt. Von den restlichen Mitgliedern trauten es sich nur einige wenige zu, die Vorbereitung eines Gottesdienstes in eigener Verantwortung zu übernehmen. Es war nicht mehr möglich, diese Arbeit auf mehrere Schultern zu verteilen. Die beliebten Gottesdienste mussten auf ein Minimum reduziert werden.
Die „St.Bartholomäusgemeinde“ ist eine traditionsbewusste und gesellige Gemeinde. Die noch immer gut besuchten weltlichen Veranstaltungen erinnern an ein reges Vereinsleben. Anders sieht es bei den Veranstaltungen mit religiösem Hintergrund aus. (Glaubenskurse, ökumenische Bibelwochen, Bibelgespräche). Derartige Angebote werden nur von wenigen Gemeindemitgliedern angenommen. Selbst die Einladungen der GBL-Gruppen (Glauben-Bibel- Leben teilen) zu einem kleinen Imbiss nach dem Gottesdienst stoßen auf wenig Interesse „Beten hat noch nie Scharen angezogen“, brachte es eine Teilnehmerin des letzten Glaubenskurs im Frühjahr 2009 auf den Punkt.
Mit der Errichtung der Seelsorgeeinheit am 1. Juni 2003 begann die Gemeinde sich zu verlaufen. Die Gelegeheit, in und nach dem Gottesdienst auf bekannte Gesichter zu treffen, ist gering. Oftmals ergaben sich nach dem Gottesdienst interessante Diskussionen und Verabredungen für den Sonntagnachmittag. Dies ist heute so gut wie nicht mehr gegeben. Wir feiern zwar Gottesdienst, jedoch immer seltener das Leben.
Der Weg zur „Einheit“ mit unserer Nachbargemeinde “Guter Hirte” ist mühsam und läuft nicht konfliktfrei ab. Der Blick auf 2015 mit einer weiteren Vergrößerung der Seelsorgeeinheit wirft viele Fragen auf und lässt die Emotionen in der Gemeinde hoch gehen.
Die einschneidenden Umstrukturierungsmaßnahmen und die jüngsten Ereignisse innerhalb der katholischen Kirche verkürzen in meinen Augen den Weg, wohin sich unsere Kirche in Deutschland derzeit befindet, nämlich in die Bedeutungslosigkeit.
Vielleicht liegt aber genau hier die viel gepriesene Chance, die jede Krise bergen soll. Wenn es uns gelingt, uns wieder auf das zu besinnen, was uns Christen ausmacht und wir die Botschaft Jesu wieder mehr ins Zentrum rücken, dann könnte uns dies nach dem „Sauerteigprinzip“ vor dem Aussterben retten. Die GBL-Gruppen bzw. die WeG-Gemeinschaft sehe ich als einen kleinen Hoffungsträger.
Christa Schwemlein
Der Beitrag wurde am Sonntag, den 20. Juni 2010 um 21:40 Uhr veröffentlicht und wurde unter Kirche abgelegt. du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. du kannst einen Kommentar schreiben, oder einen Trackback auf deiner Seite einrichten.
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