Wir feiern Weihnachten …
Doch warum feiern wir Weihnachten?
Aus einer Umfrage geht hervor, dass jedes dritte Kind in Deutschland im Alter von 6 bis 12 Jahren den Grund für das Weihnachtsfest nicht kennt. 15% der befragten Kinder lagen mit der Angabe, das habe etwas mit Jesu zu tun, auf der richtigen Spur. Doch die restlichen Kinder lagen mit ihren Vermutungen komplett daneben.
Vor 100 Jahren hatten die Menschen in Deutschland und in den Nachbarländern noch ein lebendiges Wissen, von dem, was Weihnachten bedeutet. Nur so ist zu verstehen, was am Heiligabend 1914 an der Westfront passiert ist.
“Der kleine Frieden im Großen Krieg” war Thema unseres Fensters, im Rahmen des „Lebendigen Adventskalender“ in Sandhofen. Es war eine bewegende halbe Stunde, an der ich Sie gerne teilhaben lassen möchte.
Was war am 24. Dezember vor 100 Jahren?
Seit August 1914 tobte der erste Weltkrieg. Bis 1918 hatte er über zehn Millionen Tote und zahllose Verwundete gefordert. An der Westfront harrten unzählige Soldaten in den kalten Schützengräben aus. Im Niemandsland zwischen den feindlichen Linien lagen die Leichen von gefallenen Soldaten. Doch mit einem Mal gingen auf beiden Seiten hinter den Wällen Pappschilder in die Höhe auf denen „Frohe Weihnachten“ und „Merry Christmas“ zu lesen war. Was folgte klingt wie ein Weihnachtsmärchen. Aber es hat sich vor 100 Jahren zugetragen und ist vielleicht die bewegendste Weihnachtsgeschichte der Neuzeit. Nach 5 Monaten Krieg brach von der Nordsee bis zur Schweiz der Friede aus. Im Tagebuch eines Soldaten ist folgender Eintrag zu lesen: „Um neun Uhr abends werden die Bäume angesteckt, und aus mehr als zweihundert Kehlen klingen die alten deutschen Weihnachtlieder. Dann setzen wir die brennenden Bäume ganz langsam und sehr vorsichtig auf die Grabenböschung“
Was der Gegner zunächst für eine Kriegslist hielt, wurde bald als versöhnliches Zeichen erkannt. Verfeindete Soldaten hielten inne und sangen „Stille Nacht“ und „Holy Night“. Sie machten sich Geschenke, erzählten von zu Hause, zeigten sich Fotos von ihren Liebsten, spielten Fußball und begruben gemeinsam ihre Toten. Mitten im grausamen Krieg trat an jenem düsteren Heiligabend plötzlich der Weihnachtsfriede ein, wie ihn der Prophet Jesaja bereits vor langer Zeit geschildert hatte. “Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein helles Licht” Für eine kurze Zeit galt nicht „et in terra terror“, sondern „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seiner Gnade“
Als das Fest vorbei war, ging es mit dem Schießen weiter. Im Jahr darauf war Weihnachten ein Kriegstag wie jeder andere auch. Der Befehl von oben lautete: „Jeder, der mit dem Feind „Stille Nacht“ singt, ist sofort zu erschießen.“ Was wir heute altvertraut singen, war damals ein lebensgefährliches Lied. Auch in den Folgejahren wurde am Fest der Liebe unvermindert weitergekämpft. An einigen Orten gab es zwar ein paar halbherzige Versuche, doch so wie 1914 war es nie mehr wieder. Weitere Kriege folgten, bis heute. Im Land, wo einst die Engel den Frieden auf Erden verkündeten fliegen heute Steine, Bomben und Raketen.
100 Jahre sind seither vergangen. In wenigen Stunden singen wir wieder „Stille Nacht, Heilige Nacht“. In Deutschland haben wir das Glück in keinem Kriegsgebiet leben zu müssen. Doch wird jeder von uns um seine eigenen Kriegsschauplätze wissen. Das bevorstehende Weihnachtsfest könnte eine Gelegenheit sein, den einen oder anderen dieser Plätze zu verlassen und, wie es in einem neuen Kirchenlied heißt: Neu beginnen, ganz neu – dass Frieden werde unter uns.
Frieden ist möglich, im Kleinen wie im Großen. Wir müssen ihn nur wollen. Wirklich wollen.
Frohe Weihnachten!
Christa Schwemlein
Zum Weiterlesen:
Der kleine Frieden im Großen Krieg
Der Beitrag wurde am Mittwoch, den 24. Dezember 2014 um 00:52 Uhr veröffentlicht und wurde unter Kleine Bibelkunde, Vertrauen abgelegt. du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. du kannst einen Kommentar schreiben, oder einen Trackback auf deiner Seite einrichten.
4 Reaktionen zu “Wir feiern Weihnachten …”
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Am 21. Januar 2015 um 21:31 Uhr
Liebe Frau Schwemlein,
Vielen lieben Dank für diese schönen Zeilen.
Ja auch ich kannte diese Gechichte…..oder tatsächlich passierte Gegebenheit ,
aber ich hatte sie natürlich auch schon vergessen.
Seit ein paar Jahren ist auch an mir die Weihnacht vorbei gegangen, leider .
Aber ich hatte mir vorgenommen …..diesesmal mache ich es anders !
Ich habe nicht jedes Essen vor Weihnachten angenommen sondern habe am abend bei einem
Glas Wein auch mal bewußt die Stille genossen.
Ich finde es sehr sehr schön mit wieviel Leidenschaft Sie so ein abend gestalten.
Und ich bin froh das wir in einem Land leben ohne Krieg, naja manchmal kämpfen wir an anderen Fronten .
Wir sollten nicht vergessen wie gut es uns doch geht.
Werde auf jedenfall nächstes Jahr bei Ihnen dabei sein, das ist mein Vorsatz .
P.s schòn das es Sie gibt
Am 21. Januar 2015 um 23:18 Uhr
Liebe Frau Bauer,
lieben Dank für den Kommentar. Es war wirklich sehr ergreifend. So viele Menschen mit ganz unterschiedlichen Weltanschauungen friedlich, singend und betend miteinander. Musik verbindet Menschen, hat eine Besucherin gesagt. In Anbetracht dessen, was derzeit in der Welt los ist, blicke ich nochmals mit ganz anderen Augen auf unseren Advent in Sandhofen. Auch der letzte Abend am 23.12. war super gut besucht.
Sehen Sie mal zu, dass Sie dieses Jahr bei dem einen oder anderen Fenster dabei sein können. Es lohnt sich wirklich, schon der Gespräche wegen hinter her. Die Tassen, die Sie hier unten im Bild sehen, bringe ich Ihnen am Freitag mit, damit Sie bei Ihrem Besuch auch was trinken können. Sie bekommen zwei Tassen, eine für die Begleitung.
Am 22. Januar 2015 um 09:53 Uhr
Sie sind ja goldisch,
freu mich auf Freitag natürlich nicht nur wegen den Tassen
Am 22. Januar 2015 um 11:10 Uhr
Ich freu’ mich auch.
Bis Morgen