23. Juli 2014 von Christa

Am Ende des Regenbogens … Ostanatolien 04

Früh aus den Federn, heißt es heute. Wir sind eine pünktliche Gruppe. Um 7.30 Uhr sitzen alle im Bus. Es ist saukalt, doch es hat aufgehört zu regnen. Hussein, unser Busfahrer, fährt uns durch Teeplantagen und später durch eines der ärmsten Gebiete der Türkei. Viele der hier lebenden Menschen flüchten in die umliegenden Städte.

Im Bus erfahre ich, dass wir gestern Abend noch einiges verpasst haben. Die entgangene Fabrikbesichtigung kam nochmals auf den Tisch. Die Schweizer “Fotografen” haben sich über die zu kurzen Fotopausen beschwert. Die Frau mit den lila Strümpfen möchte im Bus nicht immer auf demselben Platz sitzen und plädiert deshalb für einen täglichen Sitzplatzwechsel. Unser “Dr. Dr.” will den Reiseleiter austauschen. Das Niveau ist ihm zu niedrig. Unmittelbar vor dieser Reise sei er mit einer anderen Reisegruppe in Istanbul und der Westtürkei unterwegs gewesen und die Ausführungen und Erklärungen von jenem Reiseleiter hätten Hörsaalniveau entsprochen. Boah, bin ich froh, dass wir zeitig aufs Zimmer gingen. Reisen vermittelt nicht nur Wissen, es lehrt auch viel über Menschen.

Am Vormittag passieren wir die Staudämme des „Çoruh-Flusses“. Der Çoruh gehört Insidern zufolge zu einem der weltbesten Rafting-Revieren. Mit Kleinbussen fahren wir durch eine steinige Landschaft, hoch zu der alten armenischen Kirche Ishan. Die Kirche wird derzeit restauriert und soll zu den schönsten Kirchen in dieser Gegend zählen.

Armenische Kirche Ishan in Ostanatolien

Sie stammt ursprünglich aus dem 7. Jh. und wurde im Laufe der Zeit mehrmals umgebaut. Süheyl zeigt uns, woran die verschiedenen Bauphasen noch heute zu erkennen sind. Ich gestehe, ich machte mir bisher wenig aus alten Steinen, doch unser Reiseleiter versteht es, den toten Steinen Leben einzuhauchen und weckt mit seinen lebendigen Ausführungen mein Interesse.

Ishan Kirche in Ostanatolien

Hier oben ist alles grün. Die Bäume hängen voll mit goldgelben Quitten. Oh wie habe ich Quitten als Kind gehasst. Zwei Quittenbäume standen im Garten meiner Eltern, deren Früchte wir nach der Ernte zu Marmelade verarbeitet mussten.

Mit den Kleinbussen setzen wir unsere Reise durch die gebirgige Landschaft fort. Inzwischen scheint die Sonne und der Himmel ist bilderbuchblau. Den Wasserfällen bleibt gar nichts anderes übrig, als uns mit einem farbenprächtigen Regenbogen zu begrüßen.

Mein Mann will es wissen. Er steigt die vielen Stufen hinab, um den Topf mit Gold, der am Ende eines jeden Regenbogens stehen soll, zu finden. Ich selbst erspare mir den steilen Abstieg und erfreue mich ganz einfach an dem rauschenden Naturereignis.

 

***

Sie essen mittags niemals was;
Sie fühl`n sich dadurch besser.
Doch wenn`s umsonst ein Picknick gibt
sind sie die größten Fresser.

 

***

Ich hab`s gewusst. Diejenigen, die mittags, wenn es aus der eigenen Tasche bezahlt werden muss, nie Hunger haben, sind die ersten am Buffet. Sie greifen auch gerne mehrmals herzhaft zu. Wein am Mittag? Alkohol um diese Uhrzeit bekommt ihnen eigentlich nicht. Doch heute machen sie eine Ausnahme. Zur Not gibt es ja Aspirin. Es ist immer das Gleiche. :-D

Ein schönes Picknick haben Süheyl und Hussein für uns gerichtet. Brot, Käse, Wurst, Oliven, Tomaten, Gurken und zum Nachtisch türkischen Nougat, dazu Rotwein aus Teegläsern. Auch an Tischdecken, Servietten und Besteck haben die beiden gedacht. Das mag ich.

Nach diesem wunderbaren Picknick geht`s am Nachmittag weiter Richtung Erzurum. Die Berglandschaft geht allmählich in Weideland über. Unterwegs besichtigen wir noch die Öskvank-Kirche, ein ehemaliges Kloster aus dem 10. Jahrhundert. Bei Dunkelheit erreichen wir das 2.100 Meter hoch gelegene Erzurum, die größte Stadt Ostanatoliens. Es liegt tatsächlich Schnee. Unser Hotel gleicht einem alpenländlichen Skihotel. Zum ersten Mal in meinem Leben stehe ich einem Fuchs gegenüber.

Christa Schwemlein

Kleingedrucktes:
Erlebt am Dienstag, den 8. Oktober 2013.

Der Beitrag wurde am Mittwoch, den 23. Juli 2014 um 19:39 Uhr veröffentlicht und wurde unter Reisen abgelegt. du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. du kannst einen Kommentar schreiben, oder einen Trackback auf deiner Seite einrichten.

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