1. März 2011 von Hans Güth

Es stürmt auf der AIDAluna – Hans Güth bibbert

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Donnerstag, 15. Juli 2010

5. Seetag. Wettervorschau: bewölkt, 11 Grad Celsius, Sonnenaufgang: 04.50 Uhr, Sonnenuntergang: 22.53 Uhr, noch ca. 500 Seemeilen (ca. 900 Kilometer) bis Invergordon.

Während wir durch die Orkney-Inseln Schottland näher kommen, tobt ein wilder Sturm bei Windstärke 8 bis 9 mit Sturmböen, schwerer See und Gischt. Das Schiff rollt nicht nur links und rechts, es stampft jetzt auch vor- und rückwärts. Der Klassiker, um seekrank zu werden. Auch ich habe am frühen Morgen ein leichtes flaues Gefühl im Magen, sehe aber keinem Date mit Krankenschwester Doreen entgegen.

Das mitfühlend-bedauernde Personal rät den Passagieren stets, falls sie an Sturmtagen unbedingt aufs Oberdeck wollen, die Aussicht aufs Meer von der Leeseite aus zu genießen. Dem einen Gleichgesinnten, der sich wie ich auf die Luvseite wagt, bläst es prompt die Brille weg.

Herumlaufen auf so einem Schiff ist bei Sturm ein surreales Erlebnis. Zwar wird man bei schwerem Seegang auf der luna nicht wild hin und her geschleudert und auch die Teller rutschen nicht unkontrolliert über den Tisch. Und doch merkt man auf Schritt und Tritt, dass einem der Boden unter den Füßen nicht denselben Halt gewährt wie festes Land. Ein unwirkliches Gefühl ist das, wie in 3D, das erhöhte Aufmerksamkeit erfordert.

Der Abend bietet wellenmäßig einige heftige Angriffe von Steuerbord, so dass später im Restaurant kaum festzustellen ist, wer übermäßig dem Tisch-Rotwein zugesprochen hat oder lediglich seegangsbedingt durch den Saal torkelt. Auch ich habe diesen typischen Seemannsgang angenommen und wäre ihn gerne nach zwei Tagen wieder losgeworden.

Im Allgemeinen hat mir der Seegang aber wenig ausgemacht, im Gegenteil, er hat mir teilweise sogar Spaß gemacht. Es war lustig, mit Tunnelblick den langen, sich immer weiter verengenden Kabinengang hinunter zu sehen. Besonders spaßig wurde es, wenn mir jemand begegnet ist, der keinen professionellen Seemannsgang konnte wie ich. Waren die Damen hübsch, habe ich deren Links-Rechts-Rhythmus entgegengesetzt aufgenommen, wobei es dann zwangsläufig zur Begegnung mit der dritten Art kam. Dann habe ich auf Beschützer gemacht und bin mir recht toll vorgekommen. So eine Kreuzfahrt bietet eben solch unerwartet romantische Momente (im Zug habe ich so mal eine nette Bekanntschaft gemacht. Aber das ist eine lange Geschichte – und gehört einfach nicht hierher).

Meine “Drama-Queen” hat weiter Rückenschmerzen, sie leidet und will im Bett bleiben. Also gehe ich allein zum Frühstück. Das Restaurant ist erstaunlich voll. Bewaffnet mit Kamillentee und einem trockenen Brötchen für meinen Schatz zurück in die Kabine, wo ich meine E-Mails checke. Jenna schreibt, dass Deutschland bei 38 Grad heftig schwitzt und wir sind richtig froh, dieser Qual wenigstens für zwei Wochen entgangen zu sein.

Das Schiff schaukelt immer stärker. Mittagessen fällt aus, wir versuchen ein wenig zu schlafen. Am Nachmittag hält mein Schatz die Rückenschmerzen nicht mehr aus und wir müssen nun doch zum Doc. Eine Spritze in den Lendenwirbelbereich sowie Tabletten schaffen zum Glück Linderung.

Bis zum Kurs „Fruit Carving Workshop (Früchteschnitzen)“ haben wir etwas Zeit und nehmen bei unserem balinesischen Freund I made im Café Mare noch eine Tasse Darjeeling und feine Konfiserie zu uns. Das ist übrigens sein Vorname und heißt in seiner Landessprache „Zweiter Sohn“. In Bali gibt es nämlich keine Vornamen wie bei uns. I made hat noch drei weitere Brüder und der fünfte hätte einen ziemlich langen Namen.

Acht Frauen und ein Mann haben sich zum Früchteschnitzkurs angemeldet. Ein indonesischer Koch-Künstler führt die Teilnehmer in die Kunst der Obst- und Gemüseschnitzerei ein. Mich nicht, ich filme nur, darf aber die übrig gebliebenen Brocken essen. Mit scharfem Messer werden aus einer Orange, einem Apfel und einer Zitrone eine Rose, ein Schwan und ein Kugelfisch. Ist nicht besonders schwer und sieht richtig toll aus. Ich denke, unsere kleine Jane zuhause wird begeistert sein.

Anschließend mache ich mich auf Deck 5 an Dana Keller ran. Nein, das ist keine Verwandte der Traumschiff-Hausdame Heide Keller, das ist die nette AIDA-Reiseberaterin, bei der wir am dritten Tag unsere zweite Kreuzfahrt 2011 durch die Ostsee gebucht haben. Um den Kofferstress auf der Rückfahrt zu vermeiden, lassen wir die drei schweren direkt nach Ladenburg liefern. Die sollen innerhalb von zwei Arbeitstagen dort sein. Das kostet wohl 39,50 Euro pro Koffer, spart uns aber viel Nerven und körperliche Anstrengung, denn so eine gesundheitsschädigende Aktion wie auf dem Mannheimer Bahnhof will ich nicht noch einmal erleben. Wie alles auf der AIDA, ist auch dieser Service picobello. Pünktlich Dienstag 9 Uhr klingelt der Bringdienst an unserer Haustür.

Um 18.30 Uhr wartet unser Tisch im Buffalo Steak-House. Natürlich wieder ein exquisites Ambiente mit einem entsprechenden Service. Mein Schatz verdrückt tatsächlich ein 750 Gramm (!) schweres T-Bone-Steak, ich genieße ein Filet vom irischen Herford-Rind in der Kräuterkruste. Hammer!

Nach „Queen – I want it all“ im Theatrium will mein Steak-Monster ins Bett. Ich will jedoch auf keinen Fall den dritten Auftritt von Kay Ray versäumen, der wieder viel gute Laune versprüht und einige Überraschungen für den einen oder anderen Passagier parat hat. Auch Hartmut ist wieder da. Nach fünf doppelten Wodkas werden Kay Ray’s Lieder zunehmend wehmütiger. Ich werde den schwulen Paradiesvogel vermissen.

Ihr Reiseleiter Hans

Der Beitrag wurde am Dienstag, den 1. März 2011 um 19:31 Uhr veröffentlicht und wurde unter Reisen abgelegt. du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. du kannst einen Kommentar schreiben, oder einen Trackback auf deiner Seite einrichten.

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