9. August 2014 von Christa

Çavuştepe und Akdamar – Ostanatolien 08

Diese Studienreise ist nach der Reise in den Oman und der nach Israel meine dritte Gruppenreise. Es ist erstaunlich wie unterschiedlich Gruppen sein können. Diese ist, wenn man von dem schwelenden Sitzplatzkonflikt mal absieht, höflich distanziert. Die launige Zusammenfassung unseres „Dr. Dr.“ zum Besuch der Teppichmanufaktur bricht, zumindest im hinteren Drittel des Busses, das Eis. Es ist erstaunlich, wie rasch sich Menschen finden, wenn sie gemeinsam über einen Außenstehenden lachen können.

Inzwischen zeigt das Thermometer 17 Grad und wir sind unterwegs zur Ausgrabungsstätte Çavuştepe. Die ehemalige urartäische Festungsanlage, deren Blütezeit zwischen 764 und 735 v. Chr. war, erstreckt sich auf zwei Höhenlagen. Wir erklimmen zuerst den unteren Bereich der Burg. Oben angekommen sehen wir das ehemalige Lebensmittellager, mit den in den Boden eingelassenen Vorratsbehältern.

Getreidelager in der Ausgrabungsstätte Çavuştepe

Die Größe der Behälter lässt darauf schließen, dass Çavuştepe nicht nur als militärischer Kontrollposten, sondern auch als Lebensmitteldepot von großer Bedeutung war. Neben den Vorratslagern wurden hier auch Zisternenanlagen, Überreste eines Tempels und eine Opferplattform mit einer Blutabflussrinne gefunden. Daneben sind über die gesamte Anlage mehrere mit Keilschrift beschriebene Steinplatten verstreut. Darunter befinden sich auch Dankschriften des Königs an seinen obersten Gott, den Gott Haldi. Wir haben Glück. Der Wächter der Burganlage ist anwesend. Er ist ein bekannter Keilschriftkundiger und kann uns einiges zu der Schrift und den „Schriftstücken“ sagen.

Wächter in Keilschriftkundiger von Çavuştepe

Einführung in die Keilschrift in Çavuştepe

Die königliche Toilette, der Vorgänger unseres Plumpsklos, lässt alle Kameras klicken und ist an diesem Vormittag das Fotomotiv schlechthin.

Die königliche Toilette in Çavuştepe

Vor dem Abstieg gibt uns Süheyl einen Abriss über die Geschichte der Burg. Nun weiß ich, dass man von den Urartäern erstmals um 1200 v. Chr. hörte, sie sich aus vielen Volksstämmen bildeten, ihre Städte meist auf Hügeln bauten, sie Meister in Steinmetzarbeiten waren und mit den Assyrern in ewiger Feindschaft lebten. Wer sagt`s denn – Reisen bildet! ;-)

Nach dem Besuch der Festungsanlage und dem Verzehr einer köstlichen Käsepizza in einem Kurdischen Restaurant bringt uns eine Fähre zu der Klosterinsel Akdamar im Van-See. Von der einstigen armenischen Residenzstadt ist, außer der armenischen Heiligkreuzkirche, nicht viel erhalten. Doch mehr braucht diese zauberhafte Insel auch nicht. Sie ist auch so eine Augenweide.

Die Kirche Sup Khach (Heiligkreuzkirche) auf Achtamar

Die Kirche im Mittelpunkt ist über und über mit Reliefs mit Szenen aus dem Alten Testament verziert. Motive sind u.a. Adam und Eva und die Darstellung des Sündenfalls, David und Goliath, Abrahams Opfer und viele mehr. Im Bild sehen Sie die bekannte Erzählung vom Propheten Jona.

Die Jonaerzählung aus dem AT

Seit 2010 darf in der Inselkirche wieder einmal im Jahr ein Gottesdienst gefeiert werden, nachdem dies mehr als 100 Jahre verboten war.

Nach der Besichtigung der Kirche haben wir „Freizeit“. Das ist auch gut so. Mir geht im Moment alles viel zu schnell. Es ist seltsam, wir sind erst 8 Tage von zu Hause weg, aber was wir bisher gehört, gesehen und erlebt haben ist so viel, dass es fast schon zu viel ist und ich das Gefühl habe nicht hinterher zu kommen. Weder mag ich mit den anderen ins Café, noch mag ich die Reste des armenischen Friedhofs hier auf der Insel besichtigen. Ich sehne mich nach einer Verschnaufpause. Unter einem abseits gelegenen Mandelbäumchen finde ich ein geeignetes Plätzchen. Es tut gut, diese Zeit alleine für mich zu haben, innezuhalten, das Panorama zu genießen und im hier und jetzt den gleichmäßigen Schlägen der Wellen zuzuhören.

Die Klosterinsel Achtamar

Unweit von mir hat sich unsere Malerin niedergelassen. Ich glaube, ihr geht es ähnlich wie mir.

Auszeit auf Achtamar

Am frühen Abend bringt uns die letzte Fähre zurück zum Festland. Es ist frisch geworden und wir sind alle wieder in unsere Pullover und Jacken geschlüpft. Auf dem Weg zu unserem Hotel nach Van halten wir noch an einem Friedhof aus dem 13. Jahrhundert und besichtigen ein Mausoleum, das zu Ehren einer Prinzessin, aber fragen Sie mich bitte nicht welche, errichtet wurde. Die Gräber auf dem weitläufigen Friedhofsgelände sind bei Einbruch der Dämmerung für unsere Fotografen willkommene Motive.

Christa Schwemlein

Kleingedrucktes:
Erlebt am Samstag, den 12. Oktober 2013.

Der Beitrag wurde am Samstag, den 9. August 2014 um 20:13 Uhr veröffentlicht und wurde unter Reisen abgelegt. du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. du kannst einen Kommentar schreiben, oder einen Trackback auf deiner Seite einrichten.

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