25. Oktober 2007 von Christa

Heldenreisen

„Warum so kompliziert, wenn’s auch einfach geht“, stellte mein hier mitlesender Sohn heute beim Mittagessen kopfschüttelnd fest. „Teil’ doch deinen Lesern einfach mit, was es mit diesen Heldenreisen auf sich hat“. Ja, manchmal kann ich auch von meinen Söhnen lernen.

 

heldenreisen.jpgEs fällt mir schwer, das Flair dieser Veranstaltung in Worte zu fassen. Gefühle lassen sich nun mal schlecht beschreiben. Dieser Selbsterfahrungskurs, der sich an Peter Orban’s Die Reise des Helden. Die Seele auf der Suche nach sich selbst. anlehnte, fand im Rahmen einer kirchlichen Fort- und Weiterbildung statt.

Hinter der Idee der Heldenreise steckt zunächst das Wissen, dass in jedem Menschen zwei Teile stecken. Der eine Teil sucht nach Veränderung und Weiterentwicklung – der andere schätzt die Bequemlichkeit und das Vertraute und leidet lieber, anstatt anzupacken.

Wird dieser Konflikt zwischen Sehnsucht und Sicherheit nicht gelöst, erstarrt der Mensch, wird unzufrieden und energielos. Ziel der Heldenreise ist es, den abenteuerlustigen und schützenden Teil im Menschen zu vereinen, um letztendlich reif und selbstverantwortlich zu werden.

So ließ ich mich Anfang Februar, zusammen mit 8 weiteren Teilnehmern und zwei Trainern, auf das zehntägige Abenteuer ein. Da wir uns zum großen Teil nur vom Vorbereitungstreffen kannten, verlief die Anreise sehr schweigsam. Zweifel kamen in mir auf, ob es denn richtig war, diese Reise angetreten zu haben.

original-01.jpgLosgelöst vom Festland bildeten wir auf der Nordseeinsel Spiekeroog für die Zeit der inneren und äußeren Reise eine Lebensgemeinschaft auf engstem Raum, die sich selbst versorgte. Nach einem Einstimmungsabend betrachteten wir in sechs intensiven Phantasiereisen große Lebensthemen und spiegelten unsere gegenwärtigen Themen darin wieder.

Die ersten beiden Phantasiereisen vermittelten uns Kenntnisse über unsere inneren Verbündeten und gaben uns einen Überblick über den Weg, der bereits hinter uns liegt und jenen Weg, der noch vor uns liegt. Wir lernten mit der Zukunft zu tanzen.

wurzel-auf-spiekerog.jpgUm uns aus den Fesseln der Vergangenheit zu befreien mussten wir uns am dritten Tag von einigen Bildern, Illusionen und Personen verabschieden.Karneval feierten wir am darauf folgenden Tag. Bei einem Abstecher in das Land des  “Schein und Seins” erfuhren wir, dass manchmal erst über Masken das wahre Wesen eines Menschen zutage kommt.
“Was wäre, wenn die Einsamkeit eine Person wäre, die Ihnen schon lange sehr vertraut ist?” war das nächste Thema. Wir lernten Abhängigkeiten zu relativieren und zu uns selbst zu stehen.
Die letzte Reise war ein Ausflug in weit vergangene Tage. Wir erfuhren etwas über die Archetypen “animus” und “anima” und über die Ganzheit sowie über die Rollen als Täter und Opfer.

Sich diesen Themen bewusst zu stellen, erforderte in der Tat die Angst und den Mut eines Helden oder einer Heldin.

Christa Schwemlein

***

Die Fotos sind von Ewald Erb. In diesen Größen kommen sie leider nicht so gut rüber.

Jetzt fällt mir noch ein: Wir waren auf dieser Reise 7 Frauen und 2 Männer. Ähnlich wie Bernd’s Leserin stelle auch ich mir die Frage, weshalb Männer sich an solche Themen eher seltener trauen. Ich glaube unseren beiden Männern taten die 10 Tage auch gut. ;-)

Der Beitrag wurde am Donnerstag, den 25. Oktober 2007 um 20:30 Uhr veröffentlicht und wurde unter Bücher, In eigener Sache abgelegt. du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. du kannst einen Kommentar schreiben, oder einen Trackback auf deiner Seite einrichten.

Eintrag Nr. 628 | Kategorie Bücher, In eigener Sache | 10 Kommentare »





10 Reaktionen zu “Heldenreisen”

  1. Ulrike

    Hallo Christa,

    danke für diesen Bericht über eure Heldenreise … ja, ich kann mir sehr gut vorstellen, dass das viel Mut erfordert hat. Glückwunsch und großes Kompliment an euch, dass ihr da durchgehalten habt!!! :)

    Liebe Grüße, Ulli

  2. Bernd

    Huhu Christa … in dem Fall war es ein Leser :-)

    Eure Heldenreise muss ich erst sacken lassen. Das scheint mir doch ein Abenteuer der besonderen Art zu sein.

    Liebe Grüße

    Bernd

  3. Ewald

    Liebe Christa,

    du stellst die Frage warum Männer, sich da wohl nicht so oft trauen?. Ganz einfach. Männer kämpfen lieber mit anderen als mit sich selbst. Im Kampf mit mir selbst habe ich kein Publikum was mir applaudiert. Männer reisen auch lieber in einen wirklichen Dschungel als in ihren inneren. Nach meiner Erfahrung in Spiekeroog ist auf der Reise zu mir selbst wirklicher Helden-Mut gefragt. Da kann auch mal der Boden unter den Füßen heftig zittern.

    Dass deine Triefnase bald stopt ist mein Wunsch an dich.

    Liebe Grüße Ewald

  4. Christa

    @Bernd

    Ja, so eine Heldenreise ist etwas Besonderes. Du gehst durch Zittern und Zagen. Du schaust genau da hin, wovor du gerne die Augen verschließt. Es geht um ein tapferes “JA” zu dir selbst.

    Ich würde aber jedem raten, der so ein Unternehmen vor hat, sich vorher gut zu informieren, sich eventuell auch von geeigneten Menschen beraten zu lassen. So eine Reise ist nicht ganz ungefährlich.

    Ich nehme mal stark an die Wirkung ist ähnlich wie in deinen Meditationen. Lässt du dich darauf ein, passiert viel mit dir, was sich unweigerlich auch auf dein Umfeld auswirkt. Ein zurück ist, so glaube ich, fast nicht möglich.

    Übrigens war diese Reise die erste von drei aufeinander aufbauenden Reisen.

    Die Begründung warum diese Reise auf einer Insel stattfinden musste, bekomme ich nicht mehr gut beieinander. Sie war auf jeden Fall interessant und einleuchtend.

    impressionenklein.jpg

    Foto: Ewald Erb

    @ Ewald

    Danke für deine Offenheit in diesem Beitrag. Sie ist eine echte Bereicherung.

    Lieben Gruß und auch dir ein schönes Wochenende.
    Christa

  5. Ewald

    Liebe Christa,

    noch ein paar Gedanken zum Unterschied Heldenreise- Meditation.

    Soweit ich Meditation kenne und Erfahrung damit habe, ist sie “schauen”. In der Versenkung/ Kontemplation die Bilder wahrnehmen und weiterziehen lassen. Bei den Heldenreisen ist das nach meiner Wahrnehmung eher Konfrontation, und zwar mit verborgenen Emotionen und Wünschen in mir selbst. Also ein total anderer Ansatz.

    Bei der Heldenreise weißt du nicht wohin die Reise wirklich geht, aber du beschreibst das gut. Dein Hinweis auf Information ist daher sehr wirklich wichtig. Außerdem ist diese Art der inneren Konfrontation natürlich nur in Selbstverantwort möglich. Das beinhaltet auch den Ungehorsam in Eigenverantwortung und nicht nur das blinde Folgen auf die Anweisungen der Begleiter. Es ist kein Ersatz für eine Psychotherapie und schon garnicht für Menschen mit psychischen Problemen angezeigt.

    Warum das ganze im Februar auf einer Insel stattfand?

    Ja, weil die Insel im Winter mit den ganz wenigen Gästen, weitab von der Alltagshektik des Festlandes auch für eine Gruppe wie wir das waren einen einmaligen engen Rahmen bietet, wie man ihn woanders so leicht nicht findet. Die Bilder zeigen teilweise warum.

    Liebe Grüße
    Ewald

  6. Christa

    Mensch Ewald,

    du entwickelst dich ja zu einem super Kommentator. Vielen Dank. Solltest du mal Lust auf einen Gastbeitrag haben, so bist du gerne eingeladen und natürlich herzlich willkommen. :-)

    Der Ansatz der Heldenreise ist ein anderer als der, der Medidation – richtig.
    Nur…, ich kenne Bernds “Statement” http://www.imalltagleben.de/index.php?id=menschen. Deshalb mein Hinweis, dass ähnlich wie in der Meditation, bei einer Heldenreise etwas mit uns passiert, das auf die Zukunft Auswirkungen hat.

     

    bild_bearbeitet-1.jpg

    Foto: Ewald Erb – Helden auf Spiekeroog/Februar 2007

     

    Liebe Grüße
    Christa

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