Gotteswort in Menschenwort – kleine Bibelkunde
Ich schlage die Bibel auf in der Annahme, in ihr Gottes Wort zu finden. Auch wer diesen Glauben nicht mit mir teilt, weiß zumindest, dass es sich um das Heilige Buch der Juden und Christen handelt.
Die Bezeichnung “Buch der Bücher” lässt mich daruf schließen, dass die Bibel das wichtigste Buch der Welt ist. Dieser Ausdruck sagt mir aber auch: Die Bibel ist ein Buch aus vielen Büchern – eine Bibliothek. Es handelt sich dabei nicht nur um zwei Bücher, das Erste und das Neue Testament, sondern um eine Sammlung von verschiedenen Büchern aus verschiedenen Epochen und mehreren Verfassern.
Was wir heute Bibel nennen war lange Zeit nur mündliche Überlieferung. Geschichten von Menschen, ihrem Leben, ihrer Liebe und Leidenschaft, ihrem Haß und ihrem Kampf. Diese Erzählungen wurden von Generation zu Generation weitergegeben. Erst später wurden diese Erfahrungen schriftlich festgehalten.
Heute wissen wir, dass die biblischen Bücher nicht bei der ersten Niederschrift den Text enthalten haben, der uns darin vorliegt, sondern dass sie aus vielen Quellen zur heutigen Form zusammen geschrieben wurden und die Texte die Ergebnisse einer jahrhundertelangen Anpassungs- und Ergänzungsarbeit sind. Dieses Wissen sollte man im Hinterkopf haben, wenn man in der Bibel liest und sie verstehen will.
Es waren keine x-beliebigen Menschen, die Gottes Worte niederschrieben. Es waren Menschen, die entdeckten, dass es Gott gibt. Menschen, die von ihm ganz ergriffen und dadurch von ihm in ihrem Denken, Sprechen und Handeln inspiriert wurden. Diese Menschen verspürten eine tiefe Sehnsucht und haben sich von ihm in ihrem tiefsten Inneren berühren lassen. Ein Gefühl, das man mit Worten nur sehr schwer beschreiben kann.
Was Gotteswort bewirkt setzt sich im Menschen fort. Menschen, die von ihm berührt werden sind nicht mehr die gleichen wie vorher. Solche Menschen haben sich durch ihre Reise nach Innen gewandelt, was sich dann auch in ihrem Wirken nach Außen bemerkbar macht.
Zusammenfassend kann ich sagen: Die Bibel ist “Wort Gottes” für Menschen von Menschen, von Gott inspiriertes Menschenwort.
Die meisten Schriften sind wohl so entstanden, wie jede andere Schrift auch entsteht – sie wurde ganz einfach geschrieben. Die biblischen Autoren haben bestimmt nicht im Traum daran gedacht, dass sie mit ihren Worten eine Heilige Schrift verfassen. Wenn Paulus z.B. einen Brief schrieb, dann wollte er mit Sicherheit einen Brief schreiben und keine Heilige Schrift.
Fazit:
immer waren es Menschen, die Gott sprechen ließen. Jedoch immer zu einer bestimmten Zeit und aus einem konkreten Anlaß heraus. Die Texte müssen mit Rücksicht auf Entstehungszeit und – raum betrachtet werden, damit sie richtig verstanden werden. Unsere Aufgabe heute ist die adäqute Übersetzung.
Zum Schuß noch eine indische Weisheit, die ich auf Bernd’s Blog vor längerer Zeit gefunden habe und mich zu diesem Beitrag veranlasst hat.
Gott schläft im Stein
atmet in der Pflanze
träumt im Tier
und erwacht im Menschen.
In diesem Sinne
Christa Schwemlein
Foto: Andreas Mäsing/Pixelio.de
Der Beitrag wurde am Donnerstag, den 7. Juni 2007 um 16:10 Uhr veröffentlicht und wurde unter Eigene Gedanken zu..., Kleine Bibelkunde abgelegt. du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. du kannst einen Kommentar schreiben, oder einen Trackback auf deiner Seite einrichten.
2 Reaktionen zu “Gotteswort in Menschenwort – kleine Bibelkunde”
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Am 18. August 2007 um 15:11 Uhr
Dein Beitrag zu “Gotteswort in Menschenwort” hat mir sehr gut gefallen.
Es ist wichtig zu wissen, dass die Bibel beides vereint.
Mitunter ist es sehr schwer, das eine vom anderen zu unterscheiden, aber ich denke, überall, wo Liebe, Güte, Barmherzigkeit und Vergebung hindurchschimmern, dürfen wir von etwas Göttlichem ausgehen.
Daher sollte uns die Bibel nicht Waffe sein, um Andersdenkende mundtot zu machen, auch nicht Schild für uns, um uns vor der Auseinandersetzung mit dem Leben zu drücken. Sie soll uns Begleiter sein und Stütze auf einem Lebensweg, der zu Gott führt, der die Liebe selbst ist.
Am 20. August 2007 um 19:31 Uhr
Ja Antje, so soll es sein. Vielen lieben Dank für deine ergänzenden Worte.
Christa