7. November 2009 von Christa

Ich bin die kleine Dicke …

… und stell mich in die Mitte.
Ich mach` ein kleiner Knix
und weiter weiß ich nix.

***

Dieser Vierzeiler stammt aus meinen Kindertagen. Bei jeder Familienfeier musste ich diesen zur Unterhaltung aller Anwesenden zum Besten geben. Manchmal frage ich mich, ob ich es vielleicht diesem Verslein zu verdanken habe, dass ich zeit meines Lebens mit Figurproblemen zu kämpfen habe?
Nun, ich stehe derartigen Annahmen und Vermutungen sehr skeptisch gegenüber. Dennoch scheinen sich diese Zeilen aus meiner Kindheit fest in mein Innerstes gebohrt zu haben. Selbst als ich Kleidergröße 36 trug fühlte ich mich zu dick und ich werde heute noch zum Tiger, wenn mich jemand für dumm verkaufen will.

  • Gibt es eine Weisheit, die Dir ganz besonders geholfen hat?
  • Welche Worte haben bei Dir nachhaltigen Eindruck hinterlassen?
  • Welches Motto, welche These oder welchen Rat hast Du verinnerlicht?
  • Gibt es einen Satz, den Du wieder und wieder beherzigst?
  • Welche Gedanken sind oder waren hilfreich für Dich?

Mit diesen Fragen lädt Gabaretha vom Blog „Mach das beste aus deinem Leben“ zu einer neuen Blogparade ein. Dies ist mir eine willkommene Gelegenheit an diesem verregneten Samstagnachmittag einen Moment innezuhalten.

Wenn ich so zurückschaue habe ich ständig mit irgendwelchen Sätzen gelebt. Die ersten Jahre meines Lebens vorwiegend mit negativen Glaubensätzen wie zum Beispiel: Das kann ich nicht! Das schaffe ich nicht! Das lerne ich nie! Die anderen sind viel besser, hübscher und gescheiter als ich.
Das macht man nicht oder das macht man als Mädchen nicht, waren auch solche Sprüche. Später kam die Steigerung: Das macht man doch in deinem Alter nicht mehr! :-D

All diese Sätze haben mich geprägt und lange Zeit daran gehindert, das zu tun, was ich wirklich will. Später habe ich all diesen negativen Einreden, fast schon trotzig, positve Sätze entgegensetzt.
Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg,  lieber Kampf als all die Krämpfe, ich kann das und ich schaff’ das und was mich nicht umbringt macht mich stärker waren meine Lieblingssprüche.

Ich bin ein Gegner von der Parole, dass sich allein durch positives Denken meine Stimmung hebt oder meine Probleme lösen. Dagegen protestiert mein gesunder Menschenverstand. Es gibt Ängste, die stecken einfach zu tief in mir, und die lassen sich auch nicht durch ständiges Widerkäuen positiver Sätze ausräumen.

Vor Jahren erkrankte ich an einer schweren Depression. Ich hätte jedem, der mir damals etwas vom “positiven Denken” erzählte, an die Gurgel gehen können. Dennoch spendete der Satz einer weitläufigen Bekannten mir während dieser Zeit sehr viel Hoffnung: „Sie werden sehen, eines Tages stehen Sie unter der Dusche und plötzlich stellen sie fest, der Schmerz ist weg – einfach weggeduscht“ Und so war es dann auch.

Es gibt eine Zeit des Lachens und eine Zeit des Weines. Nichts dauert ewig, auch schlechte Zeiten nicht. Dies sind Sätze, die mir derzeit Mut machen und mich hoffen lassen, dass ich eines Morgens unter der Dusche stehe und meine seit nunmehr sechs Wochen andauernden fürchterlichen Ischiasschmerzen im rechten Bein verschwunden sind – einfach weggeduscht! ;-)

Zum Schluss bedanke ich mich für diesen schönen Anstoß zu Reflexion und schicke einen lieben Gruß in Isartal.

Christa Schwemlein :-)

P.S:
Einen ersten Zwischenbericht der Blogparade mit vielen lesenswerten Beiträgen gibt es hier .

Der Beitrag wurde am Samstag, den 7. November 2009 um 17:28 Uhr veröffentlicht und wurde unter Blog-Geflüster, Blog-Parade, Eigene Gedanken zu..., Fremde Gedichte, Zitate abgelegt. du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. du kannst einen Kommentar schreiben, oder einen Trackback auf deiner Seite einrichten.

Eintrag Nr. 2806 | Kategorie Blog-Geflüster, Blog-Parade, Eigene Gedanken zu..., Fremde Gedichte, Zitate | 7 Kommentare »





7 Reaktionen zu “Ich bin die kleine Dicke …”

  1. P.W.

    Hallo Frau Schwemlein,

    ich lese ja fleißig ihren Blog, aber heute muss ich einfach mal wieder einen Eintrag wagen.
    Auch ich habe in meiner Kinder -und Jugendzeit so manchen
    Satz gehört,den ich mir besser nicht gemerkt hätte.
    Trotzdem muss ich sagen, dass die -guten, und für mich hilfreichen-,Ratschläge,Weisheiten,Verhaltensregeln und Mahnungen überwiegen.
    Das relativiert so manchen negativen Satz.

    Und ich denke, dass auch ich nicht immer mit meinen Äußerungen und Ratschlägen richtig lag.Das würde meine Tochter sicher gerne bestätigen.

    Frau Schwemlein, positives Denken hilft ja oftmals ganz gut, aber der Ischias will behandelt werden.
    Vielleicht versuchen sie es mal mit Rhus toxicondendron D6, und Wärme, wenn ich das mal hier so schreiben darf.

    Ich wünsche Ihnen gute Besserung und eine “Schmerzfreiheit” unter der Dusche.

    Wird schon

    Ganz liebe Grüße
    Ihre P.W.

  2. Christa

    Liebe Frau W. – ich schreib das mal so, da Sie sich ja nicht geoutet haben. Ich freue mich sehr, dass Sie hier antworten, da es genau Ihre Worte waren, die mir so viel Mut gemacht haben. Wir kannten uns nur flüchtig und dennoch waren Sie die einzige, die ich in meiner Verzweiflung damals anrief. Ihre Worte habe ich zwischenzeitlich schon sehr oft weitergegeben und ich bekam darauf nur positive Rückmeldungen. Im Leben gibt es einfach Situation, die es auszuhalten gilt.

    Mein Ischias behandle ich im Moment mehrgleisig mit Medikamenten, gezieltem Training im Sportstudio, viel Wärme und Akupunktur, auf die ich übrigens wunderbar reagiere. Dies war wieder mal ein “Warnschuss”, den ich zu interpretieren weiß.

    Wir müssen uns unbedingt mal wieder sehen. Von der Entfernung her dürfte dies ja nicht so schwierig sein.

    Liebe Grüße an Sie, Ihren lieben Mann und Sonja.

    Ihre Christa Schwemlein

  3. gabaretha

    Liebe Christa,
    vielen Dank fürs Mitdenken und Mitschreiben.
    Diese Blogparade hat mir riesige Freude gemacht.
    Ich finde, es sind viele wertvolle Gedanken gedacht und zusammengetragen worden. Wenn Du magst, kannst Du Dir die “stolze” Sammlung ja gern mal auf meinem Weblog ansehen.
    Ich freu mich, wenn Du vorbei kommst.
    Sonnige Grüße aus der Isartaler Nacht,
    besser und besser,
    Gaba

  4. renate

    Lieb Christa, wenn du deine Depression einfach so “weg duschen” konntest, hattest du sehr großes Glück. Ein mir sehr ans Herz gewachsener Mensch kann nur noch leben mit Medikanten, und die muss er bis ans Lebensende nehmen. Weil sonst ein Leben für ihn nicht möglich wäre.

    Viele Monate stationäre Behandlung, mit Psychotherapie und Elektroschocks … hat alles nichts genutzt. Die Mutter dieses Freundes litt übrigens auch an Depressionen und hat mehrere Selbstmordversuche unternommen. Und der Sohn des Freundes wiederum leidet auch an Depressionen, Gott sei Dank nicht so stark. Die Krankheit wird oft auch vererbt.

    Bei einer anderen (depressiven) Freundin ist das auch der Fall. Sie selbst muss auch Medikamente nehmen, weil sie sonst das Leben nicht schafft. Und ihre Tochter, hat sich das Leben genommen. Vor zwei Jahren. Sie war erst 16…

    Lieber Gruß von Renate

  5. renate

    P. S.: Was deinen Ischias betrifft … ich hatte vor Jahren einen leichten aber sehr schmerzhaften Bandscheibenvorfall. Mein Arzt hat schon mit OP gedroht, als eine Freundin mir eine Reiki-Behandlung angeboten hat. Na ja, dachte ich, schaden kann’s ja nicht. Und was soll ich sagen … es war fast wie ein Wunder. Nach der Behandlung waren über 50 % der Beschwerden wie weg geblasen. Der Rest wurde dann mit weiteren Behandlungen erfolgreich bekämpft. Der Arzt hat nur den Kopf geschüttelt …

  6. Christa

    Liebe Renate,

    ich möchte nicht missverstanden werden. So einfach, wie sich das heute liest war das nicht. Es war ein langer und sehr schmerzhafter Weg, auf dem auch viele Freunde auf der Strecke blieben, weil sie mit meinem veränderten Verhalten nicht umzugehen wussten.

    Oft saß ich abends mit meinem Mann und einer Flasche Wein (ich hatte während dieser Zeit auch Angst, Alkoholikerin zu werden) an unserem runden Tisch und habe geweint. “Wenn ich wüsste wie, würde ich mir das Leben nehmen”, bekam mein Mann sehr oft von mir zu hören.

    Als ich gar nicht mehr konnte, habe ich in meiner Verzweiflung eine Bekannte angerufen, von der ich wusste, dass sie eine ähnlich schlimme Zeit durchgemacht hatte. Wir trafen uns, sie hörte mir zu und riet mir dringend zum Arzt zu gehen.

    Ich hatte Glück und kam in gute Hände. “Machen Sie sich nicht stärker als Sie sind und lassen Sie sich helfen.” Diese Worte meines Hausarztes werde ich nie vergessen.

    Keine Schwächen zeigen und stark sein müssen war, neben hormoneller Veränderungen und einigen anderen Punkten, mit ein Grund für die Erkrankung. Zunächst halfen mir Tabletten. Nach einem neuen Ausbruch eine Therapie, mit dem Ergebnis, dass ich mein Leben und meine Sichtweisen in kleinen Schritten verändert habe.

    Ich lebe immer noch mit Tabletten, weiß inzwischen Anzeichen, wie z.B. den Ischias, zu deuten. Dennoch falle ich immer mal wieder in alte Verhaltensmuster, gegen die ich aber anzusteuern weiß.

    Ich habe gelernt mit der Krankheit zu leben und komme inzwischen gut zurecht. Auf die Palme gehe ich, wenn depressive Menschen als verrückt abgestempelt werden. Schlimm finde ich es, wenn solche Zuschreibungen von Menschen kommen, die wissen, was du hinter dir hast. Eine Depression ist eine Erkrankung wie jede andere auch. Schade, dass dieses Wissen noch nicht in allen Köpfen ist.

    Um jetzt noch einmal auf die Dusche zurückzukommen. Eines Tages stand ich darunter und fühlte, jetzt geht es wieder aufwärts. Ich kann dieses Gefühl nicht beschreiben, es war einfach da.

    Was mich an dieser ganzen Diskussion ganz besonders freut ist, dass meine damalige Bekannte sich in ihrem Satz wieder erkannte und dies der Anlass für ein Treffen in der nächsten Woche ist. Wir haben uns lange nicht gesehen und haben uns sicher viel zu erzählen. Ja, auf dieses Treffen freue ich mich sehr.

    Liebe Renate, viel gäbe es noch zu schreiben. Ich vermute, ich könnte allein mit dem Thema Depression und meinen Erfahrungen ein eigenes Blog füllen.

    Wichtig ist mir noch: Es ist keine Schande an einer Depression zu erkranken!

    Liebe Grüße und vielen Dank für die beiden Kommentare
    Christa

  7. renate

    Liebe Christa, ein Depressionsblog zu führen, ist bestimmt eine gute Sache. Ich weiß, dass sehr viele Menschen Probleme damit haben. Manche große, andere kleinere. Und wie du schreibst, es hat bestimmt auch mit Überforderung zu tun. Ich habe gestern mit meiner depressiven Freundin telefoniert. Ihr Problem ist unter anderem auch, dass sie sich selbst überfordert. An sich selbst Anforderungen stellt, die sie nicht erfüllen kann, besonders in depressiven Zeiten nicht, und dann leidet sie noch mehr und damit beißt sich die Katze in den Schwanz.

    Ich persönlich hatte vor zwei Jahren eine depressive Phase. Bestimmt nicht mit dem zu vergleichen, was Ihr zu erleiden habt, aber seit damals habe ich eine Ahnung von dem, wie Ihr Euch fühlt. Bei mir hängt es eindeutig auch mit Selbstüberforderung zusammen. Ich habe manchmal einfach keine Lust, dauernd leistungsfähig oder leistungsstark zu sein. Ständig kreativ sein, ständig gute Laune haben, ständig Verständnis zu haben für Verhaltensweisen anderer, die mich (unbewusst) verletzen. Überhaupt ständig ein “perfekter” Mensch zu sein.

    Ich möchte einfach so gemocht und geliebt werden, wie ich BIN, und nicht gemessen werden, was ich als Leistung bringe, die anderen nutzen. So sieht es nämlich oft aus … man ist beliebt, wenn man nützlich ist. Einladungen zu illustren und leckeren Abendessen ausspricht. Gutes Essen, guter Wein und interessante Gäste. Meinen Einladungen sind die Gäste zu hauf gefolgt. Klar, hat ja nix gekostet. Diese Einladungen habe ich drastisch eingeschränkt. “Restaurant Blaes” ist mittlerweile geschlossen, ich lade nur im Minikreis ein, ausgewählte Gäste, mit denen ich dann einen schönen Abend verbringe, bei guten, ehrlichen und offenen Gesprächen. Nicht solche “Selbstdarstellungs-Veranstaltungen”, wo jeder nur erzählt wie Klasse er ist.

    Ach, ich könnte noch viel schreiben … lass es aber. Du weißt, was ich meine, liebe Christa.

    Ich danke dir für deine Offenheit und freue mich, dir über die verschlungenen Internet-Wege begegnet zu sein. Und nun gehe ich erstmal joggen…

    Herzlicher Gruß von Renate, die ein wundderschönes Wochenende wünscht!!!

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