9. März 2008 von Christa

Der Clown – Mitternachtsgedanken zur Fastenzeit

clown-am-aschermittwoch.jpgMasken war das Thema einer von mir geleiteten Fastenwoche vor einigen Jahren. An einem der Abende versuchten wir, unseren Alltagsmasken auf die Schliche zu kommen und fragten uns: Hinter welcher Maske verstecke ich meine Sorgen, Ängste und Schwächen?

Ich gehe davon aus, dass jeder, der hier bei mir liest seine eigenen Masken ganz genau kennt. Deshalb möchte ich an dieser Stelle nicht näher auf dieses Fragen eingehen.

Von einer ganz anderen Maske möchte ich berichten. Es war ein Mittwochabend. Wir waren fast am Ende unserer Gruppenstunde, da fragte eine sonst eher stille Frau in unserem Kreis, ob denn das Wörtchen “man” nicht auch eine Art Maske sei? Wie? Wir wussten zunächst nicht, was sie meinte und worauf ihre Frage zielte. Es entstand eine lange Diskussion, die uns an diesem Abend “Überstunden” machen ließ.

Ich kann nicht mehr alles wortgetreu wiedergeben, zulange ist es schon her. Sinngemäß haben wir folgendermaßen diskutiert: “Man” ist eine wunderbare Maske für alle Schwächen, zu denen wir (ich) nicht so gerne stehe(n). “Man” ist unpersönlich und da jeder damit gemeint sein könnte, schafft es Distanz.
“Man” dient auch als wunderbares Versteck die eigenen Gefühle zu verbergen. “Das sagt man nicht” geht doch viel leichter über die Lippen als “ich bin verletzt.”

Und wird “man” nicht auch benutzt, wenn “man” Angst hat auf andere zuzugehen? Oder “man” Angst hat Konflikte in einem persönlichen Gespräch zu klären, obwohl man ganz genau weiß, dass diese Art der Kommunikation das Beste wäre – uns einander näher rücken ließe?

Aber vielleicht ist es ja genau das, was “man” mit diesem kleinen Wort vermeiden will.

Christa Schwemlein

Der Beitrag wurde am Sonntag, den 9. März 2008 um 00:35 Uhr veröffentlicht und wurde unter Fasten abgelegt. du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. du kannst einen Kommentar schreiben, oder einen Trackback auf deiner Seite einrichten.

Eintrag Nr. 927 | Kategorie Fasten | 5 Kommentare »





5 Reaktionen zu “Der Clown – Mitternachtsgedanken zur Fastenzeit”

  1. Menachem

    Hallo, Christa, mit “man” setze ich mich auch immer wieder auseinander und meine, das zu diesem Wort fast ein Findungsprozeß führt, weil es alles aussagt, und auch ganz individuell angewendet wird. Und Dank deines Beitrages komme ich heute zu einem ersten Zwischenergebniss, für mich, weil ich glaube, dass es nicht “verallgemeinerbar” ist.

    “Man” kann bestimmt auch als Maske dienen, hinter der sich versteckt wird.
    “Aber in erster Linie bezieht es sich auf die Allgemeinheit, die damit beschrieben wird.” oder anders:
    “Aber in erster Linie beschreibt man damit die Allgemeinheit.”
    Und das finde ich richtig, weil wir in einer Gesellschaft leben, selbst nur Teil dieser vielen Menschen sind, die Regeln und Vereinbarungen haben.
    “Das sagt man nicht” ist eine gewachsene, stillschweigend akzeptierte Verhaltensregel unserer Gemeinschaft, wie z.B. “Du bist ja nur ein Ausländer”.
    Und wenn ein zweiter dies zu einem dritten sagt, hat es nichts mit mir zu tun. Und genau darin, obwohl nicht explizit gesagt, drückt sich im “man” das individuelle aus, indem zu verstehen gegeben wird: Ich hätte das nicht gesagt,weil, hätte man es zu mir gesagt, ich mich verletzt gefühlt hätte.
    So wird also aus der “man”-Sicht eine “Ich”-Botschaft.
    Und ich glaube, mit dem “Das sagt man nicht” wird auch klar zu erkennen gegeben, dass dies eine allgemeine Verhaltensvereinbarung ist, und, der “man sich” selbst anschließt.

    Und was ich auch für wichtig halte: Einen eigenen Standpunkt in der Gesellschaft kann ich nur finden, wenn erst einmal über die gewachsenen, allgemeinen Strukturen
    nachgedacht wird,und ich dann vom Ganzen auf mich blicke, mit was ich einverstanden sein kann und mit was nicht.

    Einzig unschön wird am “man”, wenn in umgekehrter Reiheinfolge, also aus einem eigenen Standpunkt wieder ein für alle gültiger Standpunkt proklamiert wird. Das hat dann wieder mit Macht zu tun, ja, und da wären wir wieder bei Masken.

    Dennoch, es definiert uns selbst und unsere Standpunkte in der Gemeinschaft, und ist in seiner Aussage sehr persönlich, und deshalb finde ich, sollte es bleiben.

    Liebe Grüße, Menachem

  2. Christa

    Mann O Mann…. da weiß man gar nicht was man drauf antworten soll. Du forderst mich. Ich geh’ jetzt mal nachdenken, vielleicht fällt mir ja was dazu ein.

    Lieben Gruß und vielen Dank für diesen lesens- und nachdenkenswerten Beitrag.

    Christa

  3. Christa

    Hallo Menachem,

    ich hab´ die Nacht genutzt und nachgedacht: ;-)

    Vertritt dich selbst in deinen Aussagen; sprich per “Ich” und nicht per “Wir” oder per “Man”, ist eine der Regeln, die ich versuche, mir immer wieder vor Augen zu halten und anzuwenden. Wohlgemerkt: Versuche!

    Wenn ich Menschen frage wie es ihnen geht, bekomme ich oft eine ausweichende Antwort, ungefähr so: “Ach man hat’s halt schwer”. Ich befinde mich dann immer in einer Zwickmühle. Auf der einen Seite habe ich echtes Interesse am Anderen, sonst hätte ich ja nicht gefragt. Auf der anderen Seite signalisiert mir mein Gegenüber mit dieser Antwort, dass er mit seinen Gefühlsäußerungen auf Abstand bleiben will.

    Fazit: wir haben dann zwar kommuniziert aber ein Gespräch kam nicht zustande.

    Anderes Beispiel: Wir planen in unserer Pfarrgemeinde für nächstes Jahr einen Glaubenskurs. Ein Blog, so wie meiner hier, als Projektblog, das fände man toll. So etwas müsste man starten. Nur wer ist man? Ich wette 100 pro, wenn sich dieses Wörtchen “man” nicht zum ICH verwandelt, passiert da nix. ;-)

    Anderes Beispiel: Schon von jeher war dieses kleine Wort ein sicheres Versteck für alle Sünden dieser Welt, zu denen jeder einzelne sich nicht so gerne bekennt. Es ist doch viel einfacher “Schuld” der Allgemeinheit in die Schuhe zu schieben und sich über die anderen zu ärgern, anstatt an sich selbst zu arbeiten.

    ACHTUTNG jetzt versuche ich mal ein neu gelerntes Wort anzuwenden. Ewald, solltest du mitlesen, kannst du mir mal sagen, ob ich das Gelernte auch richtig anwende: ;-)

    So Jetzatle: Jetzt kommt nämlich die Ambivalenz:

    Lieber Menachem,

    “das tut man nicht” - dem kann ich nicht widersprechen. Es gibt Dinge, die man ganz einfach nicht tut, weil sie, und da gebe ich dir Recht, für die Allgemeinheit gültig sind und unser gesunder Menschenverstand uns das auch sagt. Ich denke ich muss jetzt keine Beispiele nennen. Jeder der hier liest wird wissen, was “man nicht tut”

    Das waren die Ergebnisse einer Nacht, die ich mit nachdenken verbrachte. Tz..als hätte ich in den Nächten nichts Besseres zu tun. ;-)

    Christa

  4. Andrea2007

    Hallo Ihr Beiden, das ist höchst interessant zu lesen, was Ihr da schreibt, macht sehr nachdenklich.Ich glaube, wenn jemand “man” benutzt, distanziert er sich von der getroffenen Aussage, bewusst oder unbewusst. “man” ist schon so in unserem Sprachgebrauch aufgenommen, dass “man” es gar nicht mehr merkt…:-) Ich frage oft, aha, das sagt “man” und was sagt “frau” dazu?
    Ein weiteres Bespiel: Mein Mann (ja, mit 2″n”) und ich schaffen im Sommer zusammen und er sagt oft zu mir: “man sollte noch dies und das parat machen…” und ich antworte dann: “da wir beiden alleine sind und Du es gesagt hast, bin mit “man” wohl ICH gemeint. Sag doch einfach, machst du bitte noch dies und das parat.”
    Probiert es mal aus: jeden Satz mit “man” sofort durch denselben Satz mit “ich” umformulieren, hat ne gewaltige Wirkung, das kann ich Euch versprechen.
    Liebe Grüsse und danke für den Gedankenanstoss, Christa. Andrea

  5. ver-rueckt » Blog Archiv » Wenn Blogger denken…

    [...] auch ein Kommentar und wenn’s ganz dicke kommt sogar ein eigenes [...]

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