23. Januar 2008 von Christa

Aus meinem Postkasten – Ein Gebet

briefkastenk.gifNachstehendes Gebet fand ich heute in meinem “virtuellen” Postkasten. Die Absenderin bekam es selbst von einer Freundin zugeschickt und, da sie mich gut kennt und weiß, dass ich solche Dinge mag, hat sie es an mich weitergeleitet. Ich sage an dieser Stelle Danke und teile es hiermit mit meinen Lesern :-)

*** 

Gott,
ich weiß nicht
wie ich Dich anreden soll,
noch nicht einmal,
ob Du mich überhaupt hörst.
Zweifel leben in mir,
ob Du da bist,
ob Du für mich da bist.
Aber ich habe gehört von Dir
als Quelle heilender Liebe.
Das hat Körner der Sehnsucht
unter meinen Zweifel gestreut.
Wie jene Frau,
die nach Jesu Gewand fasst
ungewiss, ob es hilft,
nur mit einem Funken Hoffnung,
so will ich mich jetzt,
Gott, nach Deiner heilenden Liebe
ausstrecken.
Ich will vor Dir aussprechen,
was mir so weh getan hat
und noch weh tut.
Ich denke an meine Kindheit zurück,
spüre noch jetzt den Mangel
an bedingungsloser Liebe,

Zuwendung und Anerkennung.
Manches Wort meiner Eltern
sitzt in mir wie ein Stachel.
Ihr Versuch, mich an sie zu binden,
ihre Erwartung, dass ich meine
Aggressionen gegen sie unterdrücke.
Ihr Streit, der mich erschreckte,
ihr Überfordern und Korrigieren,
das ohnmächtige Wut in mir weckte -
all das hat mein Selbstwertgefühl verletzt.
Ich ahne, Gott, wo meine Eltern
durch Vernachlässigung oder
Überbehütung
meine Lebensentwicklung hemmten.
Und vielleicht liegt es an meinem eigenen
Vater,
dass ich zu Dir, Gott,
noch nicht Vater sagen kann.
Ich denke an meine Ehe
oder an mein Alleinsein,
an den Partner, den ich habe,
oder an den, den ich vermisse.
Da ist so viel Verbitterung in mir
über versäumte Möglichkeiten und
unerfüllte Sehnsüchte.
Da ist so viel Enttäuschung
über dumpfes Aneinander-Vorbeileben.
Da sind abgebrochene Träume,
Worte, die verletzen,
Wunden, die nicht heilen wollen.
Ich denke
an meinen beruflichen Werdegang.
Mancher Weg wurde mir verbaut,
manche Chance gestohlen.
Mir hat weh getan,
wenn Konkurrenten mir vorgezogen,
meine Leistungen übergangen,
meine Fähigkeiten unterschätzt wurden.
Mein eintöniger Berufsalltag
hat mich bitter und stumpf werden lassen.
Ich denke auch an Verletzungen
durch Kirche und Christen:
so viele hohle Worte,
so wenig glaubwürdiges Leben.
Ich denke auch an Verletzungen,
die ich mir selber zufügte:
durch ständiges Herumnörgeln an mir,
durch Selbstverneinung und
Selbstüberforderung.
Gott, da ist so viel, was in mir weint.
Manches kann ich noch nicht aussprechen.
Und noch immer weiß ich nicht,
ob du für mich bist.
Aber wenn,
dann bitte ich dich jetzt:
Komm du mit der Kraft
deiner heilenden Liebe in mein Leben.
Zieh Du die Verbitterung und den Groll
aus meinen schmerzhaften Erinnerungen.
Fang an, meine Wunden zu heilen.

Amen.

Der Beitrag wurde am Mittwoch, den 23. Januar 2008 um 22:45 Uhr veröffentlicht und wurde unter Aus meinem Postkasten, Kirche abgelegt. du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. du kannst einen Kommentar schreiben, oder einen Trackback auf deiner Seite einrichten.

Eintrag Nr. 834 | Kategorie Aus meinem Postkasten, Kirche | 9 Kommentare »





9 Reaktionen zu “Aus meinem Postkasten – Ein Gebet”

  1. Ulf Runge

    Liebe Christa,

    danke, dass Du dieses Gebet hier veröffentlichst.

    Der Autorin dieses Gebetes sage ich danke für diese Zeilen.

    Bei manchen denke ich an mein eigenes Leben und daran,
    dass ich einiges hiervon “verarbeitet” glaube,
    dass anderes noch für mich ebenso eine offene Frage an Gott ist.

    Der Autorin danke ich für den Mut, so persönliche Fragen in die Öffentlichkeit zu tragen. Und ich wünsche ihr die Kraft und die Zuversicht, weiterhin auf Antworten zu hoffen.

    LG, Ulf

  2. Christa

    Geht mir genauso Ulf.

    LG – Christa

  3. liebesblüte

    Irgenwie habe ich Schwierigkeiten mit dem Gebet. Denn es fühlt sich so an, als wäre alle anderen an ihr Leid schuld, bloß sie nicht. Es kommt bei mir so an: “lieber Gott, mach daß es mir gut geht, denn ich bin ein Opfer der ganzen Welt und ich kann dafür nichts.”
    Wir sind keine Opfer von anderen, sondern nur von uns selber.
    Wir bekommen immer das, was wir brauchen, um zu wachsen. nur wir müssen wachsen wollen, statt andere zu beschuldigen.(siehe das Buch von Colin Tipping: “ich vergebe oder der radikale Abschied vom Opferdasein”.

    Aber vielleicht habe ich das Gebet völlig falsch verstanden???

    jedenfalls wünsche ich der Autorin des Gebets baldige Besserung.

  4. Christa

    Erst mal vielen Dank für deinen Kommentar. Ob du das Gebet falsch verstanden hast, weiß ich nicht. Ich denke jeder versteht es so, wie er es verstehen kann oder verstehen will.

    Ich bekam es von einer lieben Freundin, die weiß, dass ich solche Dinge seit meiner Kindheit sammle und sehr mag. Sie wollte mir damit eine Freude machen.

    Auf meiner Website habe ich diese Zeilen veröffentlicht, weil sie mir gefallen und ich finde, sie haben hier einen guten Platz. Soviel hierzu.

    Was ich nicht ganz verstehen kann sind deine Schwierigkeiten, die du mit diesem Gebet zu haben scheinst und im gleichen Atemzug auf Colin Tippin’s Buch und dessen Website, verweist.
    War es doch Gott selbst in der Gestalt seines Sohnes, den sich Collin beim Schreiben seines Buches zum Vorbild nahm.

    Zitat: „Wir ignorieren die Lektion wahrhaftiger Vergebung, die Jesus uns lehrte”.

    Und am Ende seines Vorwortes schreibt er:

    “Es wird mir zunehmend klarer, dass der göttliche Geist mich dazu benutzt, diese Botschaft zu verbreiten.”

    In der Einleitung erzählt der Autor die Geschichte seiner Schwester Jill – “Jill’s Geschichte”

    In einem sehr einfühlsamen Gespräch macht der Bruder seiner Schwester klar, dass der Schlüssel zur Heilung ihrer Verletzungen der sei, ihre Situation aus einer anderen Perspektive zu sehen. Bereits die andere Sichtweise trage 90% zur Heilung bei. Die restlichen 10% solle sie Gott übergeben. Wörtlich schreibt der Autor:

    “Wenn du auf einer tiefen Ebene die Einsicht, dass Gott dies für dich übernimmt, wirklich zulässt, dann brauchst du überhaupt nichts mehr zu tun. Die Lösung der Situation und deine Heilung werden sich automatisch ergeben”.

    Er gibt ihr zu verstehen, dass sie durch ihren Glauben an das Universum oder Gott, wie auch immer sie es nennen will, in jedem Moment, ganz gleich, wie schlimm ihre Lage auch sein mag, getragen wird.

    Wichtig ist für Tipping, so verstehe ich dieses Buch, sich der Dinge bewusst zu werden. Für ihn liegt der Sinn der „Radikalen Vergebung“ darin, die Wahrheit unter der Oberfläche zu sehen.

    Sich der Dinge bewusst werden, sie so sehen wie sie sind und die daraus resultierenden Gefühle zulassen, das ist der Weg zur Heilung. Erst danach kann ich entscheiden, wie ich damit umgehe, so dass jeder, Opfer und Täter, das bekommt was er braucht oder verdient, um entsprechend wachsen und reifen zu können.

    Wenn du dir jetzt das Gebet der Schreiberin, die ich übrigens nicht kenne, noch einmal sorgfältig durchliest, wirst du erkennen, dass sie genau das macht, was in dem Buch empfohlen wird. Sie ist sich ihrer Verletzungen bewusst, schaut sie an und hält sie Gott hin.

    Das Gebet hat mir gefallen, deshalb habe ich es veröffentlicht, ohne mir groß Gedanken darüber gemacht zu haben. Jetzt, wo ich die eingehenden Kommentare lese – leider musste ich auch einen löschen – geht es mir wie Jill und komme zu der Erkenntnis: “Das ist doch sicherlich kein Zufall.”

    In diesem Sinne
    Christa Schwemlein

    P.S. Eine Verlinkung zu meinem “Partner”, für den ich mit diesem Beitrag werben wollte, gibt es noch nicht. Da mir seine “Werbebotschaft” allerdings mehr bedeutet als der von dir gesetzte Link, musste ich diesen entfernen und bitte dich dafür um Verständnis – danke, Christa.

  5. liebesblüte

    Liebe Christa,

    danke für Deine ausführliche Antwort. und ich habe kein Problem damit wenn Du den Link wegmachst. Er war nur für Dich und für sie vielleicht (?) bestimmt aber ich sehe Du kennst das Buch schon, was mir auch sehr geholfen hat.
    Ja colin sagt, daß es 5 Phasen gibt, die zur Vergebung führen können. Und die Autorin des Gebets befindet sich in die Phase 1-2: “Die Geschichte erzählen und seine Gefühle wertschätzen”. Sie sind sehr sehr wichtig. In der Phase 3 geht es dann darum, seine Verantwortung zu übernehmen und die Bereitschaft mitzubringen, mit Gott Hilfe, daß das was passiert ist, für mich und nicht gegen mich geschehen…

    um Gottes Hilfe allein zu beten, reicht nicht aus, wenn man gleichzeitig die Schuld bei den anderen läßt, laut Tipping. Das war das, worauf ich hinweisen wollte…

    Aber wie gesagt auch die Phase 1 und 2 sind ganz wichtig und brauchen manchmal mehr Zeit und es ist okay so. Vielleicht ist es das, was sie zum Ausdruck bringen wollte.

    Dir ein schönes Wochenende.
    Ich lese gern mal und wieder in Deinem Blog und hoffe, Du machst weiter ;-)
    Liebesblüte

  6. Christa

    Schön, dass du noch einmal geantwortet hast. Ich denke aber, wir sollten es an dieser Stelle dabei auch belassen.

    Es steht weder mir noch dir zu über die Gedanken der Autorin zu spekulieren. Hätte ich geahnt, was für Wellen dieser Beitrag schlägt, glaub mir, ich hätte ihn nicht veröffentlicht. War blöd von mir – wieder was gelernt.

    Gerne nehme ich jedoch diesen Gedanken der Vergebung in einem eigenen Beitrag nochmals auf, wo ich dann aus eigenen Erfahrungen berichte und mit meinem Namen dazu stehen kann. Ist mir lieber so.

    Die 5 Phasen

    1. Die Geschichte erzählen
    2. Auf die Gefühle einlassen
    3. Die Geschichte auseinander nehmen
    4. der Geschichte einen neuen Rahmen geben
    5. Integration

    sind interessant und hilfreich. Wobei ich für mich nicht alles zu 100% übernehmen kann und möchte. Aber das ist auch nicht im Sinne des Autors.

    Mit Verletzungen fertig zu werden, indem ich sie alleine vor Gott trage, hilft nicht immer, da stimme ich dir voll und ganz zu. Das hängt ja auch von der Art und der schwere der Verletzung ab. In solchen Fällen ist es dann gut, dass es Leute mit deiner Ausbildung gibt, die einem dabei helfen.

    Dinge verstehen können, ist für mich ein wichtiger Schlüssel. Auch das wird in diesem Buch sehr schön deutlich. Verstehen ist wichtig, weil ich erst danach entscheiden kann, wie ich damit umgehe. Will ich in der Opferrolle bleiben oder befreie ich mich aus dieser Rolle, indem ich loslasse? Entscheide ich mich für’s loslassen, dann habe ich allerdings nochmal die Qual der Wahl. Ich muss mich nämlich entscheiden, wohin ich entlassen will.

    Lasse ich los, indem ich die Verletzungen an denjenigen zurück gebe, der mich verletzt hat. Genügt mir das, um mich frei zu fühlen oder muss ich so loslassen, indem ich meine Verletzungen anzeige und authorisierte dritte Stellen entscheiden dann darüber, wer Opfer und wer Täter ist – wer Schuld hat.

    Aber jetzt mal ganz was anderes. Du entpuppst dich als “Zeiträuberin”. Eigentlich wollte ich heute über Fasching schreiben. Jetzt bist DU “schuld”, dass meine Leser nichts aktuelles zu lesen haben ;-)

    Lieben Gruß und Ahoi! Ich stürze mich jetzt ins Vergnügen.
    Christa

  7. Liebesblüte

    Ich betrachte meine Reaktion nicht als Welle sondern es ist einfach nur meine persönliche Meinung und möchte keine davon überzeugen. Ich sehe das, was Du über Vergebung geschrieben hast, anders aber jeder macht seine eigene Erfahrungen mit der Vergebung. Seitdem ich nach Tipping arbeite, hat sich für mich das Thema “Schuld” sehr relativiert und rede seitdem selten über dieses Wort sondern eher über “heilende Engel”

    Nun wünsche ich Dir viel Spaß beim Fasching!
    Und ja klar bin ICH EINE Zeiträuberin. ICH allein habe auch für Dich entschieden, ob Du antwortest oder nicht ;-)

    Dir alles gute und Liebe
    Ich bin gespannt auf Deinen Beitrag über Vergebung
    Liebesblüte

  8. Christa

    Hereinspaziert…. ;-)

    engel-gros.jpg

    Mit offenen Augen

    In manchen Situationen brauchen wir einen Engel, der uns aufweckt. Manchmal ist es ein Mensch, der uns aufrüttelt und uns die Augen öffnet, der uns etwas schenkt, das uns wirklich stärkt. Seine Zuwendung und Liebe, seine Freundlichkeit und sein Verständnis nähren unsere Seele. Sie zeigen uns, dass unser Weg weiter geht. Aber manchmal fallen wir kurz darauf wieder in den gleichen Fehler. Jetzt denken wir, es hat alles nichts genützt. Aber da rührt uns nochmals ein Engelan und richtet uns auf. Er öffnet uns die Augen für das, was in unserem Leben schon bereit liegt an Ressourcen, aus denen wir schöpfen können. Und jetzt können wir uns erneut auf den Weg machen.

    Heilende Atmosphäre

    Ich wünsche dir den Engel der Heilung, der dir vermittelt: Du bist gut, so wie du bist. Du bist ganz gesund. Und wenn du verwundet bist, kannst du erfahren: Auch deine Wunden können sich verwandeln. Denn deine eigenen Wunden können zu Quellen der Lebendigkeit und Quellen des Segens für dich und andere werden. Wenn der Engel deine Wunden geheilt hat, dann wirst du selbst zu einem Engel werden für andere. Dann werden andere sich in deiner Nähe wohl fühlen. Sie spüren, dass sie dir ihre Wunden zeigen können, dass du sie verstehst, dass du ihre Wunden nicht bewertest, sondern einfach annimmst. Und sie werden wahrnehmen, dass von dir eine heilende Atmosphäre ausgeht.

    Christa

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