Eins gehört gehört…
Die Welt vor 40 Jahren – mein Gott wie lange ist das schon her! Immerhin lange genug, um bei SWR, meinem Lieblingssender, das Jahr 1968 noch einmal aufleben zu lassen. So startete ich ganz unverhofft am Montag eine Zeitreise in die Welt der 60er Jahre.
Ein wenig wehmütig denke ich an diese Zeit, wobei ich sagen muss, dass ich mich kaum an die politischen Ereignisse in diesem Jahr erinnern kann. Selbst meine alten Tagebücher und Fotoalben helfen meinem Erinnerungsvermögen nicht auf die Sprünge. Ich finde keine Einträge vom Aufstand der Jugend, von den Studentenunruhen und den Schüssen auf Rudi Dutschke und Benno Ohnesorg; auch nichts von den Unruhen nach dem Attentat auf Martin Luther King. War in diesem Jahr nicht auch der Auschwitzprozess? Haben wir zu Hause oder in der Schule über solche Ereignisse überhaupt gesprochen? Ich weiß es nicht – oder nicht mehr? Die Erinnerungen an diese politischen Revolten sind gleich Null.
1968 war ich gerade mal 15 Jahre alt und anstatt mich für Politik zu interessieren fand ich es viel spannender, mich vor der Schule heimlich zu schminken und auf dem Schulweg den Rockbund ein paar Mal umzukrempeln, damit mein Aussehen dem damaligen Zeitgeist entsprach.
In der Hoffnung, ich würde die Aufklärungsberichte lesen, drückte mir meine Mutter verstohlen die Jugendzeitschrift „BRAVO“ in die Hand. Meinen ersten richtigen Liebeskummer besprach ich mit „Dr. Sommer“, dem Mann von dieser Zeitung – meiner Zeitung.
Nicht nur ich, sondern auch “man” tanzte bei Lamadé. In der Tanzschule wurden mir nicht nur die nötigen Schritte, sondern auch die Grundregeln des Knigge beigebracht. Heintje sang “Mama” und viele junge Frauen träumten zusammen mit Roy Black von einer Hochzeit „Ganz in Weiß“.
Zum Kaffee reichte man ganz selbstverständlich Bärenmarke, so als gäbe es überhaupt gar keine andere Kondensmilch. Und war man mal kurz vorm “in die Luft gehen”, griff man lieber zur HB, danach ging alles wie von selbst – so das Versprechen der Werbung. Und dank Hermine war unsere Wäsche nicht nur sauber, sondern rein.
Mit dem Kofferradio auf der Schulter zog ich mit meiner Clique durch die Straßen und hörte bis zum Eintritt der Dunkelheit lautstark die neuesten Spitzenreiter. Den Stones, den Beatles und all den anderen populären Gruppen konnte ich zum damaligen Zeitpunkt so gar nichts abgewinnen – zu schrill und *räusper* „Satisfaction“ zu unanständig für jemanden, der wie ich, im katholischen Glauben erzogen wurde. Dennoch hörte ich es mir an, wollte ich doch dazugehören. Aus dieser Gemeinschaft auszubrechen habe ich mich zu diesem Zeitpunkt noch nicht getraut.
Und troztdem zog es mich mehr zu Menschen mit Gitarre, die Songs von Leonhard Cohen, Kris Kristoffersen, Joen Baez oder Georges Moustaki spielten. Daneben war ich aber auch ein heimlicher Fan des deutschen Schlagers und des deutschen Chansons, wie z.B. Reinhard Mey, Ulrich Roski und Georg Kreisler. Und die ZDF Hitparade mit Dieter Thomas Heck war für mich der absolute Höhepunkt der Woche.
Die Sommerferien verbrachte ich mit meiner Familie in Italien, genauer gesagt in Riccione, der grünen Perle der Adria. Schon allein die Anreise mit unserem alten Ford, war ein Erlebnis für sich. Ausgestattet mit ausreichend Proviant und jeder Menge Fix und Foxi Hefte verging die Zeit fast wie im Flug. Trafen wir unterwegs ein deutsches Auto, begrüßten wir dieses mit der Hupe. Manchmal kam es auch vor, dass wir bei solch einer Begegnung ganz spontan anhielten und wildfremden Menschen um den Hals fielen, so als seien sie unsere besten Freunde, nur weil sie, genau wie wir, aus Mannheim kamen.
1969 brachen magere Zeiten an. Das britische Topmodell Twiggy erschien auf der Bildfläche und wurde uns als Schönheitsideal aufgezwängt. Daraufhin startete ich mein allererste Diät – FDH. Ich war felsenfest davon überzeugt, mit einer noch schlankeren Figur meine sämtlichen pubertären Beziehungsprobleme lösen zu können.
Mit dem Jahreswechsel begannen dann auch endlich meine “wilden” Jahre. Ich machte mir einen Schlitz ins Kleid und reiste wieder nach Italien …………….
Christa Schwemlein
Der Beitrag wurde am Freitag, den 25. Januar 2008 um 23:47 Uhr veröffentlicht und wurde unter Eigene Gedanken zu... abgelegt. du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. du kannst einen Kommentar schreiben, oder einen Trackback auf deiner Seite einrichten.
8 Reaktionen zu “Eins gehört gehört…”
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Am 26. Januar 2008 um 13:05 Uhr
Wow sind das heisse Bilder. Sorry wenn ich das so schreibe. Aber Sie sahen ( natürlich auch heute) super aus. Und eine Figur. Da wird man neidisch..
Bis bald
Nadine
Am 27. Januar 2008 um 08:57 Uhr
Danke Nadine,
ja, ich konnte nicht widerstehen das Thema vom SWR aufzugreifen. 40 Jahre, ich weiß eigentlich gar nicht, wo die geblieben sind. Sie waren damals noch nicht auf der Welt………….
Und immer zu dick, das ist schon irre, gell
Lieben Gruß und einen schönen Sonntag
Christa Schwemlein
Am 28. Januar 2008 um 00:25 Uhr
Wir sind in diesen Jahren immer auf die andere Seite gefahren, nach San Remo, und schon kurz nach Genua fingen wir an zu fragen, damals noch alles auf Landstaße: Wieviel Buchten sind es noch? Meine Eltern fandes es ganz schön, wir fanden es nur furchtbar heiß in dem Auto. Damals fuhr man noch mit Autozug durch den Gottahrd – viel zu dunkel für Fix und Foxi zu lesen )
Am 28. Januar 2008 um 13:58 Uhr
Wir verbrachten unsere Sommerurlaube in Albenga auf dem Zeltplatz (Nähe Alassio).
“Vater Mutter und der Enkel, alle essen Eis am Stengel”.
Mit diesem Spruch boten die Eisverkäufer ihr Eis an. Ich glaube das vergesse ich nie. Damals probierte ich auch die erste kalte Pizza. Es schüttelt mich heute noch, wenn ich mich erinnere.
Vielen Dank für diese Reise zurück und liebe Grüße – Maria.
Am 10. Februar 2008 um 01:13 Uhr
Hermine??? Das ist doch das Mädel aus den Harry Potter Romanen. Hat die für Waschpulver in rotkarierter Kittelschürze Werbung gemacht? Sekundenlang hat mich der Name irritiert, bis es mir einfiel: Sie hieß Clementine
), aber was ich immer noch nicht sicher weiß…war es Ariel???
Liebe Grüße Sabine, Jahrgang 65
Am 10. Februar 2008 um 06:45 Uhr
Hi Sabine,
oh ja, stimmt. Das war die Clementine. Da kannst du mal sehen. Ariel???? Jetzt bin ich aber ganz verunsichert.
Nun denn, es war eine sehr schöne Zeit.
LG-Christa
Am 10. Februar 2008 um 23:39 Uhr
Karin Sommer und ihr wunderbarer Jacobs Kaffee,Hallo Herr Kaiser von der Hamburg-Mannheimer, der Melitta Mann, Clementine von der Ariel Werbung, Dr. Best mit der klügeren Zahnbürste, Kaptain Iglo und seine Fischstäbchen, Frau Antje die den Käse aus Holland bringt und nicht zuletzt die berühmte Frau Claudia Bertani und ihre Mon Cheri Kirschen findest Du über diesen Link
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,441619,00.html
Das ist das Ergebnis meiner Suche nach Clementine und zumindest wissen wir jetzt mal: Es war doch Ariel!!
Gruß Sabine
Am 11. Februar 2008 um 00:04 Uhr
Ach ja die Karin, der Herr Kaiser, die Antje und der Dr. Best…..ich erinnere mich dunkel. Mon Cherie kenne ich, aber die Claudia sagt mir gar nichts.
Interessant, wie vertrauenswürdige Personen damals dem Produkt den Weg in die Köpfe der Verbraucher ebneten.
Seit ich den guten “Mohrbacher” Kaffee aus der Privatrösterrei Mohrbacher aus Ludwigshafen trinke, sind mir Namen wie Jacobs und Melitta schon fast entfallen.
Danke für deinen Link und die Gewissheit, dass es doch Ariel war. Ich hätte sonst bestimmt nicht schlafen können.
Christa