Positiv Denken … ?
Interessiert lese ich Menachem’s Beitrag und spüre, wie ich unruhig werde. Was nicht in dir ist regt dich nicht auf, so sagt man. Zuerst dachte ich ja, dass sich beim Lesen mein schlechtes Gewissen meldet. Vor längerer Zeit bat ich Ewald um ein passendes Foto, weil ich genau zu diesem Thema etwas schreiben wollte. Das Bild kam prompt, der Beitrag liegt immer noch in den Entwürfen.
Es ist aber nicht mein Gewissen, das mit mir spricht – etwas anders werkelt in mir, genauer gesagt ist es die Heilslehre der “Positiven Gedanken”, die Menachem im Onlinemagazin Endlosrekursion in Frage stellt.
Verschreibungen zum Glücklichsein ist ein Büchlein, das ich immer mal wieder greife und gerne verschenke. Geschrieben wurde es von der in Mannheim lebenden Psychotherapeutin Dr. Doris Wolf in Zusammenarbeit mit Dr. Rolf Merkle und ist im PAL Verlag erschienen.
Das Unterbewusstsein wird in der Lektüre mit einem Garten verglichen und die Gedanken mit der Saat, mit der er zu bestellen ist. Die Folge ist: Positive Gedanken bringen, um im Bild zu bleiben, Blumen zum blühen, negative Gedanken überwuchern den Garten mit Unkraut.
Diese bildliche Betrachtungsweise sagt eigentlich nichts anderes aus als das Zitat “Wir sind was wir denken“, mit dem ich mich vor einiger Zeit auf meinen “ver-rueckten Seiten” beschäftigte. Der Sämann bin ich. Daher liegt es einzig und allein an mir, meine Gedanken in eine bestimmte Richtung zu lenken. Folglich entscheide ich, was für mich auf Erden der Himmel oder die Hölle ist – ob ich mein bester Freund oder mein ärgster Feind sein will. Eigentlich ganz einfach – oder?
Ich bin keine studierte Fachkraft, dennoch bekomme ich bei derartigen psychologischen Auslegungen manchmal Magenzwicken. Hat nicht jeder Mensch den Wunsch, sich selbst der beste Freund zu sein? Wer wünscht sich nicht den Himmel auf Erden? Wer sehnt sich nicht nach Harmonie? Wer möchte nicht mit sich selbst im Reinen sein? Liegt es nicht in der Natur des Menschen so zu handeln, dass er sich beim Blick in den Spiegel in die Augen schauen kann? Dies wäre, wenn ich die Verschreibungen richtig verstehe, ein Garten mit positiven Gedanken.
Nun sind wir ja alle Menschen, mit allerlei Ecken und Kanten. Da wir als solche menschlich handeln, fällt die Aussaat unterschiedlich aus. So achten die einen bereits mit ihrem Handeln darauf, dass sie so aussäen, wie es ihren moralischen und ethischen Grundsätzen entspricht. Sie möchten ernten was sie gesät haben und vermeiden im voraus Unvernünftiges und Unrechtes.
Dann gibt es welche, die handeln erst und denken dann, mit dem Ergebnis, dass manchmal Unverzeihliches passiert, das nicht mehr rückgängig zu machen ist. Auch das ist menschlich. Es ist noch nicht so lange her, da stieß ich während der Vorbereitung auf eine Mitarbeiterschulung auf eine Weisheit von Konfuzius, die ungefähr so lautet: “Einen Fehler zu machen ist noch kein Fehler. Ihn nicht zu korrigieren, erst das ist ein Fehler.”
Was mich beim Studium derartiger “Positiv-Denken-Ratgeber” nachdenklich stimmt sind die Empfehlungen, nicht zu hart mit sich selbst ins Gericht zu gehen, nach dem Motto: Reue bringt nur schlechte Gefühle und diese verhindern ein glückliches, erfolgreiches und zufriedenes Leben. Auch das sind positive Gedanken, mit denen man sich einen Blumengarten pflanzen kann.
“Wir sind was wir denken“, ich muss jetzt nochmals auf diese alte stoische Weisheit zurückkommen, ist heute in vieler Munde und schon fast ein wenig abgelutscht. Manchmal kommt’s mir vor als würde dieses Zitat dazu missbraucht, uns selbst etwas vorzumachen. Könnte es nicht auch sein, dass diese Weisheit uns ganz einfach zum innehalten auffordern will, damit wir in der Stille die Stimme unseres Gewissens hören können? Es mag sein, dass diese durch unsere laute und hektischen Zeit übertönt wird, aber lässt sie sich auch zum Schweigen bringen? Wäre es möglich, dass diese Zeilen etwas ganz anderes bezwecken wollen? - Könnte es sein, dass diese Worte uns auf unsere eigenen Fehler aufmerksam machen und uns zu verstehen geben wollen:
“Handeln wir so, dass in unserem Garten ein blühendes Paradies von selbst entsteht.”
Christa Schwemlein
Der Beitrag wurde am Mittwoch, den 26. November 2008 um 23:26 Uhr veröffentlicht und wurde unter Blog-Geflüster, Eigene Gedanken zu... abgelegt. du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. du kannst einen Kommentar schreiben, oder einen Trackback auf deiner Seite einrichten.
3 Reaktionen zu “Positiv Denken … ?”
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Am 27. November 2008 um 23:03 Uhr
Ich glaube, Christa, dein Beitrag bringt mich persönlich etwas weiter, und zwar durch deinen letzten Absatz “Wir sind was wir denken” und dessen, was du weiter darin schreibst. Ich könnte es jetzt zwar nicht so diplomatisch wie du formulieren, doch inhaltlich bin ich ganz deiner Ansicht.
Es werden fast zwei Jahre her sein, da hörte ich ein Buch, das u.a. von zwischenmenschlicher Sympathie handelte. Der Autor, für ein sanftes positives Denken ganz bekannt, aber der Name fehlt mir im Moment, erklärte es am Beispiel der Klaviersaiten. Wenn eine Klaviersaite angeschlagen wird, und diese eine andere zum mitschwingen anregen kann, dann ist Harmonie gegeben – es schwingt gleich. Nur ein Hertz tiefer oder höher vermag dies nicht.
Vielleicht ist es so, das wir uns schon einen schönen Garten gestalten können. Aber das, was wir uns aus der realen Welt wünschen, muss auch mit unserem Inneren in Einklang schwingen. Alles andere ist Disharmonie – unschön, enttäuschende Illusion.
Was soll ich mir wünschen, ein erfolgreicher und und im Rampenlicht stehender und bejubelter Manager zu werden, wenn meine heimliche stille Seite sich wünscht, am lichtschwachen und knisternden Kaminfeuer mit mir lieben Menschen darüber nachzudenken, wie wir morgen die Leipziger Tafel erfreuen können. Ich glaube, das diese Dinge, bei noch so vielem Glauben an das positive Denken und den Gesetzen der Anziehung und was es alles gibt, so einfach nicht zusammen kommen können.
Es muss passen, zu mir. Was es ist, das weiß ich noch nicht. Ich werde mich aber auch nicht mit irgendetwas Positiven selbst vergewaltigen, nur damit ich irgendeinem Ziel näher bin.
Und bei all diesem Wunsch- und Positivdenken ist für mich noch immer das Schwierigste dabei, erkennen um zu unterscheiden:
Was will ich selbst und wie sieht mein eigenes gewünschtes Bild aus – und wo versuche ich nur, dem Gesellschaftsbild zu entsprechen.
Am 28. November 2008 um 12:05 Uhr
hallo christa,
um positiv denken zu können, gehört das lachen. lachen macht fröhlich. fröhlichkeit vernichtet negatives gedankengut. was lachen weiter bewirkt, kannst du in meinem blog lesen. meines erachtens gehört es zu deinem thema dazu.
lachende grüße,
manfred
Am 28. November 2008 um 14:40 Uhr
@Manfred – Ja ich habe heute schon gelacht . Mal sehen, vielleicht fällt mir ja zu deiner Blogparade auch was ein, das ich zu “Blog” bringen mag.
@ Menachem … ähm … wie sag ich’s meinem Kinde? – Durch die Blume mit Sprüchen? Nein, ich wähle die direkte Variante.
Also: Du befindest dich hier auf einem Blog, der einzig und allein deshalb gestartet wurde, um einen Einblick hinter die “Kulissen” von Blog- und Forenbetreibern sowie das “Online-Business” zu bekommen. Dieser Perspektivenwechsel war für mich, mein Selbstwertgefühl und meine seelische Gesundheit von großer Wichtigkeit. Was ich dir damit sagen will ist, dass dieses “ver-rueckte” Blog nicht den Anspruch hat Menschen persönlich weiter zu bringen. Wenn es dies dennoch tut, freut mich das natürlich. *lach*
Ich habe keine fundierte Ausbildung zum “Personal Coach” und auch nicht die Absicht dies je zu werden. Ich mag mir keinen Schuh anziehen, der nicht zu mir passt. Real nicht und auch nicht virtuell.
Mittlerweile lesen aber viele Menschen hier, die mich persönlich kennen, Freunde, Bekannte, Kunden meines Mannes, bei denen ver-rueckt.net in den Favoriten hinterlegt ist, und natürlich auch Gäste der Rheinterrassen und Kunden des Autohauses. All diese Leser wissen nichts von den wahren Beweggründen meiner Netzaktivitäten.
Neulich suchte eine ganz liebe und gute Bekannte mit mir ein “Vier-Augen-Gespräch”. Sie ist Dipl.Psychologin und arbeitet in der Marketingabteilung eines großen Konzerns. Sie sorgte sich um mich, weil es für sie unverständlich war, weshalb ich mich im Netz mit wildfremden Menschen austausche und war neugierig zu erfahren, was mir diese Bloggespräche bringen. Ich musste schmunzeln, weil dies haargenau auch meine Gedanken waren, als ich die Welt des Netzes betrat. Schlagartig wurde mir aber auch bewusst, wie unbekannt das “Online-Geschäft” in der Praxis noch ist und welchen Eindruck ich bei Menschen hinterlasse, die mich persönlich kennnen und die mit den Begriffen WEB 2.O, Blog-Marketing, Corporate Blogs, Brand Communities nichts anzufangen wissen. Menschen, die noch nichts von der heimlichen Medienrevolution und der Macht der Blogs mitbekommen haben.
Dennoch habe ich mich über deinen Kommentar sehr gefreut. Der Vergleich mit der Klaviersaite gefällt mir gut. Ein Arbeitskollege aus meiner Bankzeit hat es einmal mit der 5% – Regel anders auf den Punkt gebracht.
“Du harmonierst nur mit Menschen, die entweder 5% mehr oder 5% weniger deines Intelektes besitzen.”
Im realen Leben spüre ich diese Abweichung sehr schnell, – online dauert es etwas länger. So dachte ich zu Anfang ich habe es in den Foren nur mit blitzgescheiten und studierten Menschen zu tun und kam mir streckenweise richtig dumm vor, bis ich dahinter kam, wie einfach es ist, sich mit “gescheiten” Texten in Szene zu setzen.
In den Blogs ist es zum Teil ähnlich. In letzter Zeit begegnet mir sehr häufig Kant`s “kategorischer Imperativ”. Kant war mir ein Begriff, sein Imperativ dagegen nicht. Von Kant weiß ich nur, dass er der Urheber des Satzes ist: “Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.”
Zum Schluss wünsche ich dir und deinen Freunden noch viele gute Ideen, mit denen ihr die Leipziger Tafel bereichern könnt.
Liebe Grüße aus einem mittlerweile auch sehr frostigem Mannheim
Christa
P.S. Aber nach Möglichkeit die Ideen auch umsetzen, nicht nur nach-denken – Gruß Christa