Einen Diamanten erkennen
Heute mal eine jüdische Weisheitsgeschichte, weil mir, ich gestehe, es nicht gelingen will meine ernsten Novembergedanken blogreif zu formulieren.
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Rabbi Schalom Bär pries einmal die armen und gewöhnlichen Leute. Munia, ein Chassid, der neben ihm saß, fragte überrascht, was er denn an ihnen fände.
„Sie haben viele Vorzüge“, erwiderte der Rabbi. „So? Nun, ich kann nichts Besonderes an ihnen finden“ – , sagte Munia. Da schwieg der Rabbi.
Einige Augenblicke später wandte er sich an den Chassiden und meinte: „Du bist ein Diamantenhändler, nicht wahr? Darf ich einmal ein paar deiner Steine sehen?“
Sofort zog Munia ein Beutelchen aus seiner Tasche und schüttelte den Inhalt vor Rabbi Schalom Bär aus, der ihn mit mäßigem Interesse betrachtete.
„Dieser hier ist ein wunderbarer Stein“, sagte Munia und zeigte auf einen der Diamanten, „ein Juwel von seltener Schönheit!“ Der Rabbi blieb unbeeindruckt und sagte, er könne nichts Besonderes an ihm finden. „Oh!“, sagte Munia, „man muss Fachmann sein, um die Schönheit eines Steines wirklich schätzen zu können.“
Der Rabbi lächelte. „Munia, Munia!“, sagte er, „auch um die Schönheit der Seele eines einfachen Menschen schätzen zu können, muss man Fachmann sein!“
Gefunden:
in einem von meinen beiden prall gefüllten LEITZ-Ordnern.
Der Beitrag wurde am Mittwoch, den 3. November 2010 um 18:11 Uhr veröffentlicht und wurde unter Geschichten abgelegt. du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. du kannst einen Kommentar schreiben, oder einen Trackback auf deiner Seite einrichten.
2 Reaktionen zu “Einen Diamanten erkennen”
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Am 5. November 2010 um 18:41 Uhr
Wie wahr – und doch nicht ganz wahr.
Wir haben alle die Fähigkeit und die Aufgabe, die Schönheit der Seele (Rabbi Bär meint damit natürlich die Göttlichkeit) aller Menschen zu sehen. Aber manchmal ist das verflixt schwierig. Da kommen mir doch meine fixen Ieen, meine Vorurteile, meine Emotionen und Verhaltensmuster in die Quere.
Danke für die Geschichte, alles Gute und Gruss, Urs
Am 5. November 2010 um 20:12 Uhr
Hallo Urs,
wie schön dass es dich, ach was schreib’ ich, dass es dein schönes Märchenblog wieder gibt. Ich war schon spicken. Die Legenden gefallen mir ganz besonders gut. Und ich glaube meine Cousine wird sich auch freuen.
Gruß Christa