24. Januar 2018 von Christa

Teheran – Iran Folge 04

Beim Mittagessen sitzt mir ein pensionierter Geschichts- und Lateinlehrer gegenüber. Mit seiner Tischnachberin, ebenfalls pensionierte Lehrerin, tauscht er sich über den Aufstieg Persiens im frühen Altertum aus. Hätte ich wissen müssen, dass die Meder erstmals 850 v. Chr. erwähnt wurden und zusammen mit den Persern unter „Kyros dem Großen“ das persische Großreich begründet haben? Habe ich im Geschichtsunterreicht geschlafen? Oder wurde uns die persische Geschichte nie vermittelt? Von Achämeniden höre ich heute zum ersten Mal. Ich komm’ mir in der Gesellschaft der beiden so dumm vor.

„333 bei Issos Keilerei ist alles, was mir aus dem Geschichtsunterricht zu Persien in Erinnerung ist“, mische ich mich in das Gespräch ein. „Na, das ist ja schon mal was. Darauf lässt sich aufbauen“ zwinkert mir der Lehrer  zu. „In dieser berühmten Schlacht besiegte Alexander der Große den Perserkönig Darius und damit endete das antike Weltreich.“ erklärt er die Eselsbrücke.
„Danach kamen die Seleukiden und später die Parther. Die Sasaniden, von denen wir vorhin im Nationalmuseum gehört haben, gründeten das letzte vorislamische Reich. Unter ihnen, erlebte das Reich nochmals eine Blütezeit, bevor sie Mitte des 7. Jahrhunderts dem Ansturm der islamischen Araber unterlagen. Die damit einhergehende Islamisierung bedeutet einen tiefen Einschnitt in der iranischen Geschichte“, fährt er freundlich fort. Ich bedanke mich für den Privatunterricht und stelle fest: „Sie waren gerne Lehrer.“„Ja vom ersten bis zum letzten Tag. Es war mein Traumberuf,“ schwärmt er. Das spüre ich.

Nach dem Mittagessen spazieren wir durch den Regierungsbezirk. Die Sonne scheint und lässt den bevorstehenden Frühling erahnen. Wie großzügig angelegt und gepflegt hier alles ist.

Teheran Regierungsbezirk

Teheran

An einem „Shiriniladen“ machen wir halt. Ich erkenne die leckeren Süßigkeiten, die während meiner Zeit im Export in den 1970 Jahren auf meinem Schreibtisch landeten und kann nicht widerstehen. Mir fällt auf, dass die Frauen Kopftuch aber keinen Tschador tragen. „Der Tschador ist keine Pflicht“ beantwortet unsere Reiseleiterin meine bis dahin ungestellte Frage.

In der Nationalbank werden ebenfalls Erinnerungen geweckt. Nein, nicht an meine Lehrjahre in der Bank sondern an die Stunden, die ich als Kind mit meiner alten Tante vor dem Fernseher verbrachte und die Märchenhochzeit von Farah Diba verfolgte. Das Juwelenmuseum ist im Tiefgeschoss der Iranischen Zentralbank untergebracht und ist eines der bedeutendsten der Welt. Es beherbergt neben den Kronjuwelen der alten persischen Könige auch die Krone und das Diadem der Kaiserin, welche extra für ihre Hochzeit mit Shah Rezza Pahlavi angefertigt wurden.

Die angekündigte Kaffeestunde mit einer Künstlerin, während der wir etwas zur Kunstszene der islamischen Republik erfahren sollten, fällt leider aus. Stattdessen fahren wir zu der ehemaligen Residenz der Pahlavi-Dynastie. Auf dem mehr als 100 Hektar großen Park stehen mehrere Paläste, die teilweise in Museen umgewandelt wurden. Auch hier ist alles sehr gepflegt und weitläufig.

ehemaligen Residenz der Pahlavi-Dynastie

Wir haben Pech. Die Museen sind bereits geschlossen. Schade, ich hätte gerne einen der Paläste von innen gesehen.

Beim gemeinsamen Abendessen machen wir uns miteinander bekannt. Die meisten Reiseteilnehmer sind ungefähr in unserem Alter und kommen aus Deutschland, der Schweiz und aus Österreich. Darunter sind viele pensionierte Lehrer, die alle schon fast die ganze Welt bereist haben. Zur Crew gehören unsere Reiseleiterin Frau Schulte, Shahab der iranische Reisebegleiter, der Busfahrer und ein junger Co-Busfahrer, dessen Aufgabe es unter anderem ist uns während der Fahrt mit Wasser und kleinen Leckereien zu versorgen.

Delikat, delikat ….

Nach dem Essen weist uns die Reiseleiterin auf zwei heikle Dinge hin. Erstens: Im Iran ist es anstößig sich in der Öffentlichkeit die Nase zu putzen. Sitzt man wie wir bei Tisch im Lokal, verlässt man zum schnäuzen den Raum. Zweitens: Nach dem Stuhlgang reinigt man seinen Hintern mit Wasser und der linken Hand. Aus diesem Grund sind in den Hotels, Gaststätten und manchmal auch auf öffentlichen Toiletten Wasserschläuche angebracht. Das Toilettenpapier ist nur zum abtrocknen gedacht und kommt nach Gebrauch in den dafür bestimmten Mülleimer. Deshalb gilt die linke Hand als unrein und man reicht zur Begrüßung nicht die linke sondern die rechte Hand. Speisen und Getränke werden ebenfalls ausschließlich mit der rechten Hand serviert. Diese Regel ist mir von meiner Studienreise in den Oman bereits bekannt.

Nach dieser kurzen Einführung in den iranischen Knigge feiern wir den runden Geburtstag einer Mitreisenden mit Kaffee und einer extra für sie gebackenen Geburtstagstorte.

Gegen 22.00 Uhr liegen wir im Bett. Währen mein Mann neben mir schon gleichmäßig atmet, lese ich noch ein wenig über das achämenidische Reich und seine Könige.

Christa Schwemlein

Erlebt am:
Sonntag, den 12. März 2017 – Nachmittag

Der Beitrag wurde am Mittwoch, den 24. Januar 2018 um 16:44 Uhr veröffentlicht und wurde unter Reisen abgelegt. du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. du kannst einen Kommentar schreiben, oder einen Trackback auf deiner Seite einrichten.

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