27. Februar 2011 von Hans Güth

Ein bisschen isländische Geschichte – Hans Güth erzählt

hans

Dienstag, 13. Juli

Reykjavík/Island. Liegeplatz: Skarfabakki, Liegezeit: 13.00 bis Mittwoch 13.00 Uhr, Wettervorschau: bewölkt, 14 Grad Celsius, Sonnenaufgang: 03.40 Uhr, Sonnenuntergang: 23.25 Uhr (Mittwoch), Nächste Etappe: 797 Seemeilen (1.476 Kilometer) bis Invergordon/Schottland.
Historischer Rückblick: Der Wikinger Ingolfur Arnarson von Norwegen setzte im Jahre 874 erstmals seinen Fuß auf die Insel und schlug seine Zelte genau dort auf, wo heute Reykjavik liegt. Weitere Wikinger besiedelten die Südküste und nach 60 Jahren befanden sich, angelockt von den friedlichen Lebensbedingungen und weit weg vom gewalttätigen Norwegen, 20.000 Siedler im Land. Es muss in dieser Zeit auch einige keltische Siedler gegeben haben, denn hier sind deutlich mehr dunkelhaarige Bewohner anzutreffen als im Rest Skandinaviens.

934 gründeten 38 unabhängige Wikinger-Stammesführer das erste Parlament (Thingvellir). Die Gesetzestexte und die republikanische Regierung überdauerten immerhin bis ins 13. Jahrhundert. In dieser Zeit erreichte auch das Christentum (römisch-katholisch) von Norwegen aus die Insel und ersetzte die heidnischen Götter.

In der Mitte dieses Jahrhunderts wendete sich das Blatt für Island. Die Regierung zerfiel, Bürgerkrieg begann, ein unverhofft einsetzender Wetterwechsel führte zu einem rapiden Temperatursturz. Den daraus resultierenden schlechten Ernten folgten schlimme Hungersnöte. Hinzu kam ein recht modernes Problem: Die Fischgründe vor den Küsten, einst unerschöpfliche Nahrungsreserve, wurden von fremden Nationen regelrecht geplündert.

Für eine kurze Zeit übernahmen die Norweger das Land, dann hatten die Dänen das Sagen und führten harte Gesetze ein, wonach der gesamte Kirchenbesitz konfisziert und die Erlöse aus dem Handel fast ausschließlich an die Dänen abzuführen waren. Die Pest, Pocken, weitere Hungersnöte, Erdbeben und Vulkanausbrüche brachten Island im 18. Jahrhundert auf den Tiefpunkt seiner Entwicklungsgeschichte. Die Bevölkerung, auf gerade noch 35.000 Bewohner geschrumpft, beschloss angesichts dieser aussichtslosen Situation, das Gesetz selbst in die Hand zu nehmen.

Das 19. Jahrhundert war die Zeit der Revolutionen in ganz Europa. Die Hauptfigur war Jon Sigurdsson, heute ein Nationalheld. Schritt um Schritt erreichte das Land nun mehr Unabhängigkeit. Zunächst erlaubte Dänemark im Jahre 1874 Island eine neue Verfassung. 30 Jahre später erhielten die Isländer eine Art eigenes Hausrecht und 1944 verließ das Land mit dem Veto von 97 Prozent der Stimmen die Union und wurde eigenständige Republik. Bis heute zeigt jedes Referendum, ein beliebtes politisches Mittel der Willensbildung, erstaunliche Resultate. Eines ist sicher, die Isländer sind extrem stolz auf ihr Land und gehen gerne ihren eigenen Weg.

Mit 103.000 km² ist Island, knapp unterhalb des Polarkreises gelegen, die zweitgrößte Insel Europas. Die 3.700 km lange Küstenlinie ergibt sich aus den zahllosen Fjorden und Buchten. Besonders dank der krabbenförmigen Halbinsel im Nordwesten, die Westfjord genannt wird. Island misst 480 km von Osten nach Westen und 320 km von Norden nach Süden. Die Nachbarn sind Grönland, 290 km in nordwestlicher Richtung und die Färöer-Inseln etwa 430 km entfernt im Südosten. Nach Schottland sind es weitere 380 km in die gleiche Richtung. Auf Island leben nur 300.000 Menschen, das entspricht einer Bevölkerungsdichte von 2,9 Einwohnern pro km². Damit ist es das am dünnsten besiedelte Land Europas. Über 60% der Isländer wohnen im Großraum Reykjavik, der „Rest“ verteilt sich auf die größeren Städte und Dörfer im Küstenbereich.

Island ist so groß wie es die DDR war, hat aber nur so viele Einwohner wie Karlsruhe, mit Botschaften in den wichtigsten Hauptstädten der Welt, drei Tageszeitungen, drei Fluglinien, mindestens fünf politischen Parteien, hat als einziges Land in der NATO keine Armee, ein Dutzend Universitäten und Hochschulen und mehr Theater in Reykjavík als in jeder vergleichbaren deutschen Stadt.

Die Landschaft Islands hat sehr viel mehr als nur Schnee und Eis zu bieten: grüne Felder, kleine Hügel, schroffe Bergwelten, Seen und Flüsse, eindrucksvolle Wasserfälle, mächtige Gletscher und Hochplateaus, Sumpfgebiete, Moorlandschaften, Steinwüsten, Sandflächen und erkaltete Lavaströme, auf denen Moose und Flechten wachsen. Im Schnitt liegen fünf Jahre zwischen zwei Vulkanausbrüchen; schwache und damit ungefährliche Eruptionen nennen die Isländer „Touristenausbrüche“.

Der Golfstrom sorgt trotz der nördlichen Lage für ein gemäßigtes Klima. Die Temperaturen bewegen sich im Sommer zwischen 10° bis 15°, im Winter -4° bis 0°. Der Sommer beginnt Mitte Mai und endet schon Ende Juli. Etwa acht Monate ist es hier fast oder ganz dunkel. Wahrscheinlich rührt daher auch die hohe Geburtenrate. Eine isländische Familie hat i. d. R. zwei Kinder, die Bevölkerung wächst jährlich um 1,5%.

Reykjavík im Südwesten der Insel wird als die „nördlichste Hauptstadt der Welt“ bezeichnet. Den Sagen aus dem 13. Jahrhundert zufolge, warf Ingolfur Arnarson, als sein Wikingerschiff 874 Island erreichte, seinen Thron ins Meer und schwor, fortan dort zu leben, wo dieses Möbelstück landen würde. Der Thron wurde in einem Gebiet voll sprühenden Dampfes an die Küste geschwemmt, welches Reykjavík seinen Namen gab: „Dampfende Bucht“.

Der Dampf kam von den Thermalquellen, die heute jedes Haus in dieser überaus rauchfreien Stadt heizen. Zwei Drittel seines Energiebedarfs bezieht das Land aus der Erde, denn ganz Island ist eine heiße Quelle, die Raumtemperatur in den Wohnungen wird durch Auf- und Zumachen der Fenster reguliert.

Die Abwesenheit jeglicher industrieller Umweltverschmutzung macht Reykjavik zu einer der saubersten Städte der Welt, mit einem Lebensstandard, der seinesgleichen sucht. Eine Hauptstadt, die die Vision hatte, das führende Finanzzentrum Nordeuropas zu werden. Letzteres wurde nicht erreicht, mit harten Folgen für die Isländer. Aber Reykjavík ist trotzdem eine liebenswerte Stadt ohne Hektik geblieben, in der das Alte und das Moderne harmonieren.

In den isländischen Sagas heißt es, dass derjenige, der den Gletscher Snæfellsjökull einmal gesehen hat, immer wieder dorthin zurückkehren wird. Ansporn genug, um 06.30 Uhr aus den Federn zu springen und den Snæfellsjökull in seiner ganzen Pracht zu bewundern.

Dieser wunderschöne, 1446 m hohe schneebedeckte Vulkan wurde schon mehrfach in der Literatur gewürdigt. So war er für Jules Verne Ausgangspunkt für die “Reise zum Mittelpunkt der Erde”. Nach dem Einstieg durch den erloschenen Krater erlebte der Hamburger Mineralogieprofessor Otto Lidenbrock, sein Neffe Axel und ihr isländischer Führer Hans eine wundersame Reise, die am Stromboli endete, wo sie durch den Vulkanschlund wieder an die Erdobrfläche kamen.

Gleich geht’s weiter
Ihr Reiseleiter Hans

Der Beitrag wurde am Sonntag, den 27. Februar 2011 um 19:59 Uhr veröffentlicht und wurde unter Reisen abgelegt. du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. du kannst einen Kommentar schreiben, oder einen Trackback auf deiner Seite einrichten.

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    [...] Ein bisschen isländische Geschichte Wissenswertes über die Geschichte [...]

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