Feedback zu unserem Frauenfrühstück – Ein Gastbeitrag
Unser diesjähriges Frauenfrühstück war ein voller Erfolg. Knapp 100 Frauen haben daran teilgenommen. Eine der Frauen hat mir ihre Eindrücke zugeschickt. Leider haben sie es nicht in unseren Lokalanzeiger geschafft. Dennoch habe ich mich sehr darüber gefreut. – Danke.
Kaffee, frische Brötchen und ein Vortrag
Bei dem von der kfd-Sandhofen (katholische Frauengemeinschaft Deutschlands) ausgerichteten Frauenfrühstück am letzten Samstag im Oktober gab es neben kulinarischen Köstlichkeiten auch ein Vortrag. Bevor allerdings die fast 100 Frauen im herbstlich geschmückten Gemeindehaus der St. Bartholomäus-Gemeinde Platz nehmen konnten, galt es, einen extra zu ihren Ehren ausgelegten roten Teppich zu beschreiten. Dieser Teppich ist Teil einer groß angelegten Werbekampagne des kfd-Bundesverbandes, der derzeit durch die Gemeinden der Erzdiözese Freiburg „tourt“, zu der auch Mannheim gehört. Mit ihm soll den Frauen gezeigt werden, wie wertvoll und wichtig ihre Arbeit in Kirche und Gesellschaft ist.
Mit großer Freude begrüßte die Vorsitzende der kfd-Sandhofen, Sabine Krämer, die zahlreichen Besucherinnen, die nicht nur aus Sandhofen selbst, sondern auch aus den umliegenden Vororten gekommen waren. In ihrer Ansprache ließ sie die Arbeit der kfd Revue passieren und wies darauf hin, dass das Engagement des größten deutschen Frauenverbandes weit über essen und Kaffee trinken hinaus geht. Nach dem gemeinsam gesungenen Morgengebet lud sie die Gäste ein, herzhaft zuzugreifen. Gerne bedienten sich die Frauen an dem reichhaltigen Buffet.
Im Anschluss sprach Christa Schwemlein, Mitglied im kfd-Vorstandsteam, über ein großes Thema der heutigen Zeit, nämlich Mobbing. Aufmerksam folgten die Anwesenden dem Vortrag, der den Titel „Mobbing, einmal durch die Hölle und zurück“, trug. Eindrucksvoll schilderte die Rednerin wie Mobbing entsteht, welchen gesundheitlichen und wirtschaftlichen Schaden es anrichtet und wie man sich dagegen wehren kann. „Mobbing kann den Stärksten an seiner schwächsten Stelle treffen“ betonte sie. Niemand sei davor geschützt. Für Mobbingbetroffene sei es wichtig, rechtzeitig Rat und Hilfe zu suchen. Das Seelenheil könne zwar nicht eingeklagt werden, aber wenn man frühzeitig Hilfe sucht, könne der seelische Schaden um ein Vielfaches reduziert werden. Am Ende des Vortrages durfte Christa Schwemlein begeisterten Applaus entgegennehmen. Viele der Besucherinnen nahmen das Angebot der Referentin zu einem persönlichen Gespräch im Anschluss an.
Mit einem Irischen Segenslied endetet das diesjährige Frauenfrühstück der kfd-Sandhofen. Für die Veranstaltung bekam das fünfköpfige Team viel positives Feedback. „Macht weiter so! Es lohnt sich!“ meinte eine der Teilnehmerinnen zum Abschied.
Ein weiterer Bericht steht im morgenweb, dem Nachrichtenportal Rhein-Neckar.
Kaffee, frische Brötchen und ein Vortrag!
Herzliche Einladung zum Frauenfrühstück der katholischen Frauengemeinschaft (kfd) “St. Bartholomäus” am Samstag, den 29. Oktober 2016 um 9.00 Uhr im Gemeindehaus St. Bartholomäus, Bartholomäussstr. 4 in Mannheim-Sandhofen. Zuerst gibt es ein üppiges Frühstück und anschließend einen spannenden Vortrag von mir.
Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
- Grundgesetz Artikel 1 -
Mobbing ist ein Phänomen, mit dem sich Psychologen und Ärzte in den letzten Jahren vermehrt beschäftigt haben. Das Wort “Mobbing” kennt mittlerweile jeder und ist in vieler Munde. Aber was es wirklich bedeutet und welche Folgen es hat, das weiß noch lange nicht jeder.
Mobbing ist kein Kavaliersdelikt! Doch was ist Mobbing? Was sind die Ursachen für Mobbing? Wo liegt der Unterschied zu einem völlig normalen Konflikt? Wen trifft es? Gibt es typische Mobbingbetroffene? Warum mobbt der Mobber? Welche Auswirkung hat Mobbing? Wie kann man sich gegen die subtilen Machenschaften der Mobber wehren? Wo gibt es Hilfe? Diesen und weiteren Fragen werde ich in meinem Vortrag nachgehen.
Die Kosten betragen 7,00 Euro und beinhalten Frühstück und Vortrag.
Anmeldung erwünscht bei:
Waltraud Seitz (Tel. 0621 – 77 53 35) oder online über das Anmeldeformular.
Ich freue mich auf Sie und euch!
Christa Schwemlein
Erfüllt und gefüllt
Nun sind schon mehr als zwei Monate seit dem Ende des 100. Katholikentages in Leipzig vergangen. „Erfüllt und gefüllt“, habe ich geantwortet, als ich nach meiner Rückkehr gefragt wurde, wie ich mich nach diesen Tagen fühle. Das öffentliche Schreiben hier im Blog ermöglichte mir, diesen Gefühlszustand eine Weile festzuhalten und meine vielfältigen Eindrücke zu verarbeiten. Doch allmählich verblassen die Erinnerungen und ich habe das Gefühl, der Katholikenktag ist erzählt.
Nach dem gehaltvollen Trialog am Samstagvormittag ging es am Nachmittag ebenso gehaltvoll, jedoch weniger ernst, dafür mit viel hintergründigem Humor mit einem Kabarettbesuch im „academixer“ weiter.
„Seht da ist die Frau“- den Frauengottesdienst am Samstagabend in der Propsteikirche verließ ich vorzeitig. Zum einen benötige ich keine gymnastischen Aufwärmübungen, um mich auf einen Gottesdienst einzustimmen und zum anderen haben mich die Unruhe durch das ständige Kommen und Gehen, sowie die zwei Männerhintern direkt vor meiner Nase gestört.
Während meines Kirchenbesuches, hatte mein Mann eine Picknickbox besorgt, die wir, ganz im Sinne der Veranstalter, an einer der Tafeln mit „Leipzigern“ teilten. Das „Dankeschönfest“ war ein tolle Idee und ein wunderbarer Abschluss des Katholikentages.
Bei strahlendem Sonnenschein endete am Sonntagmorgen mit dem Festgottesdienst auf dem Augustusplatz das große „Jubiliäums-Christentreffen“. In zwei Jahren geht es, wenn Gott will, dann nach Münster.
Das Grundmotiv des Katholikentages war Dialog. Doch alle Dialogsbemühungen bleiben leere Worte, wenn wir sie uns nicht aneignen und in die Tat umsetzen. Oftmals rühren Missverständnisse mit Angehörigen anderer Religionen daher, dass wir in unterschiedlichen Welten aufgewachsen sind oder darin leben. Dabei müssen sich friedliches Zusammenleben und religiöse Gegensätze einander nicht ausschließen. Das erfahre ich an meinem Arbeitsplatz Tag für Tag. Etwas über die eigene Religion und über die der anderen zu wissen kann helfen, Konflikte und Missverständnisse abzubauen.
Ich bin gut zu Hause angekommen und inzwischen hat mich der Alltag wieder fest im Griff. Bis wir uns wieder lesen wünsche ich Ihnen einen wunderschönen Sommer. Genießen Sie die sommerlichen Abende auf dem Balkon, der Terrasse, im Garten oder wo immer Sie sich auch befinden.
Ihre
Christa Schwemlein
Sünde und Vergebung – Fortsetzung Katholikentag 2016
Der Samstagmorgen empfängt uns mit herrlichem Sonnenschein. Ein Wetter wie für uns bestellt.
Sünde und Vergebung – mit einem Trialog der abrahamitischen Religionen in der Aula der Volkshochschule will ich heute in den Tag starten. Das gestrige „Streitgespräch“ hat meine Interesse auf Mehr geweckt. Was verstehen Juden und Muslime unter Sünde? Wie gehen sie damit um? Welche Unterschiede gibt es bei diesen Fragen zu meiner Religion? Meinen Mann interessieren solche Themen weniger. Er will sich heute Früh der globalen Verantwortung widmen. Um 11.00 Uhr findet zum Thema Klimagerechtigkeit eine Podiumsdiskussion in der Oper statt. Doch bevor sich unsere Wege trennen frühstücken wir gemeinsam im Innenhof der Volkshochschule.
Sünde und Vergebung
In der vollbesetzten Aula sitzen mindestens genauso viele Männer wie Frauen.
Das erstaunt mich. Dachte ich doch, Männer hätten eine größere Distanz zu Kirche und Glaubensinhalten als Frauen.
Nach den einleitenden Worten des Moderators spricht zuerst der jüdische Theologe. Sünde ist nach jüdischer Auffassung der Verstoß gegen Gottes Gesetze, eine Tat aus freiem Willen. Neben den Grundregeln der menschlichen Gemeinschaft, den 10 Geboten, gibt es 603 weitere Ge- und Verbote, die zu einem gelingenden Leben anweisen. Die Rede von Prof. Dr. Ephraim Meir ist ausführlich und vieles ist mir neu.
So wusste ich zum Beispiel nicht, dass Himmel und Hölle im Judentum nur eine vage, keine zentrale Rolle spielen, die Erbsünde von den Juden verneint wird und es folglich keine kollektive Erlösung durch den Kreuzestod Jesu geben kann. Sünden zwischen Menschen und Gott werden einmal jährlich an „Jom Kippur“, dem Versöhnungstag, vergeben. Hierzu reichen Reue und Umkehr. Sünden gegenüber seinen Mitmenschen sühnt dieser Tag allerdings nicht, es sei denn, dass diese ihm verzeihen. Nach jüdischer Auffassung mischt sich Gott nicht in die zwischenmenschlichen Beziehungen ein. Nur wer geschädigt wurde kann vergeben. Wie schwierig Vergebung mitunter sein kann erklärt uns der Redner am Beispiel des Mannes, der am Versöhnungstag in der Synagoge auf seinen Erzfeind trifft:
„Komm, lass uns vergeben und vergessen. Von heute wünsche ich dir alles, was du mir wünschst.“ „Siehst du, jetzt fängst du schon wieder an“, schießt dieser giftig zurück.
Dennoch sei Vergebung möglich. Voraussetzung ist die Bitte um Verzeihung seitens des „Beleidigers“, sowie der feste Wille des „Beleidigten“ zu vergeben. Die Vergebung liegt in der Hand des „Beleidigten“. Hat dieser vergeben, dann vergibt auch Gott.
Der Islamwissenschaftler Prof. Dr. Mouhanad Khorchide spricht von einer ähnlichen Tradition im Islam. Die Gelehrten unterscheiden ebenfalls zwischen den beiden Sündenbegriffen – „Sünde gegenüber Gott“ und „Sünde gegenüber Menschen“. Allerdings hinterfragt er kritisch: „Gibt es das wirklich? Kann ich gegenüber Menschen sündigen ohne damit gegenüber Gott gesündigt zu haben und umgekehrt“. Dies erläutert er mit der Geschichte, die er dem Propheten Mohamed zuspricht und die mir in ähnlicher Form aus den Evangelientexten bekannt ist:
Jemand steht vor Gott im Jenseits und Gott sagt zu ihm: „Ich war krank und du hast mich nicht besucht. Ich war hungrig und du hast mir nichts zu essen gegeben. Ich war durstig und du hast mir nichts zu trinken gegeben. Einer deiner Bekannten war krank, hättest du ihn besucht, wärst du mir dort begegnet.“
Das heißt, so Khorchide, wenn ich meine Mitmenschen im Stich lasse, lasse ich damit auch Gott im Stich. Mit dieser Aussage kommt er meinem christlichen Verständnis von Sünde sehr nahe.
Ähnlich wie in der jüdischen Religion vergibt Gott auch im Islam nicht stellvertretend, was Menschen einander getan haben. Vergebung bedarf im Islam folgender Schritte: Einsicht, Reue und die Wiederherstellung der Gerechtigkeit.
Im christlichen Glauben ist es anders. Da vergibt Gott. Damit macht er den Weg zur Versöhnung frei. Bei den Ausführungen des katholischen Theologen höre ich nicht mehr sehr aufmerksam zu. Vermutlich deshalb, weil ich mich in der Vergangenheit ausführlich mit Schuld, Vergebung und Versöhnung beschäftigt habe. Die „Höllenängste“ und das ewig schlechte Gewissen meiner Kindertage kommen mir stattdessen in Erinnerung. Wie kamen Eltern und Lehrer damals eigentlich dazu, derartige Drohkulissen aufzubauen, wo Jesus doch die Liebe gelehrt hat?
Fazit der Veranstaltung:
Lasst das Böse, tut das Gute. Das ist in allen Religionen gleich.
Christa Schwemlein
Von Juden, Christen und Muslimen – Fortsetzung Katholikentag 2016
Heute Morgen der interreligiöse und heute Nachmittag der „jüdisch-christliche“ Dialog. Das war viel und wenn ich ehrlich bin auch anstrengend. In meinem normalen Alltag strömt selten so viel Neues in dieser Fülle auf mich ein. Mit meinem Mann bin ich gegen 19.00 Uhr an der Propsteikirche verabredet. Wir wollen an einem Gespräch mit der Schriftstellerin Ulla Hahn und Kardinal Karl Lehmann teilnehmen. Schön, dass mir bis dahin noch etwas unverplante Zeit bleibt. In der Thomaskirche finde ich trotz der hier anwesenden Menschen eine stille Ecke, wo ich ungestört ein bisschen nachdenken kann.
Seltsam, wie sich manche Sätze ins Gedächtnis schreiben. „Für einen Dialog auf Augenhöhe braucht es eine eigene Überzeugung. Wem alles egal ist, der ist ein Waschlappen. Und mit Waschlappen kann man keine Dialoge führen…. „. Das waren deutliche Worte heut’ Früh.
Ich erinnere mich an ein Gespräch mit Yasmin während unserer Osttürkeireise mit ähnlichem Tenor. „Die meisten Christen sind im Gespräch mit uns Muslimen zu verschämt und ohne Selbstwertgefühl. Vor Menschen, die sich ihrer eigenen Würde nicht bewusst sind, haben Muslime keine Achtung“, meinte sie damals. So ähnlich klang das heute Morgen in der Diskussion auch durch. Für Dialog und Zusammenleben braucht es Menschen mit eigenem Profil und eigener Identität. Weil Juden selbstbewusster auftreten, gelinge das muslimisch-jüdische Gespräch besser.
Ich muss an Nadine denken, die wegen ihres Engagements immer mal wieder aneckt. Sie macht sich dafür stark, dass neben den muslimischen und jüdischen Festen auch die christlichen an Emilian’s Schule gefeiert werden. Ein Dialog ist wie eine Brücke, die zwei unterschiedliche Positionen verbindet. Damit sie gebaut werden kann, muss an jedem Ufer ein fester Pfeiler stehen. Ein schönes Bild, das ich von heute Morgen mitgenommen habe. Doch wie fest sind eigentlich unsere Brückenpfeiler?
Es hat aufgehört zu nieseln und ich bin nun auf dem Weg zur Propstei. Meinen Mann treffe ich im „Café der Begegnung“. Es ist kurz vor 19.00 Uhr und bis zum Beginn des Gesprächs mit Kardinal Lehmann bleiben uns noch etwa 90 Minuten Zeit. Vielleicht haben wir Glück und kommen noch in das Gospelkonzert, das in Kürze hier im Gemeindesaal stattfinden wird. Wir haben Glück. Die mitreißende Musik der jungen Sängerinnen und Sänger ist jetzt genau das Richtige für mich. Musik verbindet Menschen auf besondere Weise und mich macht sie außerdem froh.
Schade. Es wäre schön gewesen für die hier im Anschluss stattfindende Diskussion sitzen bleiben zu dürfen. Aber wir werden gebeten den Saal zu verlassen und uns, wie alle anderen auch, in die lange Warteschlange draußen einzureihen. Die Chancen das folgende Gespräch im Saal hautnah miterleben zu können, stehen gleich Null. Da das Gespräch ins Freie übertragen wird, nehmen wir auf einer der Bierbänke platz.
Meine Nachbarin schwärmt in den hellsten Tönen vom „lyrischen Stadtrundgang“ mit dem Priester und Dichter Andreas Knapp. Dieser lebt hier in Leipzig und gehört den „Kleinen Brüdern vom Evangelium“ an, einer geistlichen Gemeinschaft, die sich dem spirituellen Erbe von “Charles de Foucaulds” verschrieben hat. Viel mehr Menschen als erwartet hätten sich heute Morgen diesem Rundgang durch Leipzig angeschlossen. Die Texte des Pfarrers zusammen mit den musikalischen Einlagen haben diese Stadtführung für sie, wie sie sagt, zu einem einmaligen Erlebnis gemacht. Andreas Knapp ist mir aus meinem Bücherregal bekannt. Vielleicht bekommt er Morgen für mich ein Gesicht. Um 16.30 Uhr findet noch einmal eine Führung statt. Mal sehn.
20.30 Uhr – Es geht los. Gleich zu Beginn kommt die schlechte Nachricht. Ulla Hahn ist verhindert. Ob dieses Gespräch mich mehr interessiert hätte, wäre sie dabei gewesen? Ich weiß es nicht. Wir verlassen die Veranstaltung vorzeitig und mischen uns auf dem Augustusplatz unter die fröhlich, ausgelassene Menge. Die “Wise Guys” singen. Die bekannte Kölner Acapella-Gruppe singt zum letzten Mal bei einem Katholikentag. Im nächsten Jahr will sich die Gruppe trennen. Mit dem irischen Segenslied „Mögen die Straßen …“ im Ohr bringt uns die Linie 7 wieder nach Hause. Ein toller Tag mit wunderbaren Begegnungen geht langsam zu Ende. An der Hotelbar noch ein Absacker, danach unter die Dusche und ab ins Bett.
Christa Schwemlein
Fortsetzung folgt …
Ein Katholikentagsgeschenk – Fortsetzung Katholikentag 2016
Es ist seltsam. Juden und Christen stammen aus derselben biblischen Wurzel. Die Tatsache, dass Jesus aus dem jüdischen Volk hervorgegangen ist, stellt eine weitere Verbindung dar. Dennoch habe ich das Gefühl, mehr über den Islam zu wissen als über das Judentum. Na, vielleicht bin ich heute Abend ja gescheiter. Ich verabschiede mich von meinem Mann, wünsche ihm viel Spaß in der “Leipziger Pfeffermühle” und mache mich auf den Weg zum “jüdisch-christlichen Dialog” in Leipzigs Innenstadt.
Sieh, ein Mensch! – Virtuelles wird Reales
Wir kennen uns nun 10 Jahre. Vielleicht auch länger, so genau weiß ich das gar nicht mehr. Heute soll unsere langjährige “E-Mail-Bekanntschaft” eine persönliche Note bekommen. Der Geist des Katholikentages scheint meine Zweifel der letzten Tage, ob ich zu diesem Treffen gehen soll oder nicht, sprichwörtlich weg geweht zu haben. Ich freu’ mich und bin gespannt, ob das Bild, das ich mir von meinem Blogkollegen gezeichnet habe mit meiner realen Wahrnehmung übereinstimmt. Oder ob diese Begegnung zu einer Desillusionierung führt, zu einer Enttäuschung gar?
Bei echten Begegnungen, so meine ich, ein gutes Gespür für mein Gegenüber zu haben. Da ich im direkten persönlichen Kontakt den Menschen mit all seinen Sinnen wahrnehme, erfahre ich einiges von ihm: Wie er aussieht, wie er riecht, wie er sich kleidet und sich bewegt. Ich spüre, ob er sicher oder unsicher ist und sehe, ob er mir in die Augen schauen kann oder nicht. Stimme, Lachen und Tränen erzählen mir etwas über seine Gefühlslage. Hinzu kommt, dass ich direkt gespiegelt bekomme, wie ich selbst auf mein Gegenüber wirke. All diese Details und viele andere mehr fügen sich wie Puzzleteile zu einem Bild meines Gesprächspartners zusammen.
Diese Informationen fehlen bei einer reinen “E-Mail-Bekanntschaft”. Die Kommunikation reduziert sich bei derartigen Beziehungen ausschließlich auf das geschriebene Wort. Durch den Wegfall der nonverbalen Kommunikation weiß ich nicht sofort, mit wem ich es zu tun habe und ob ich das, was mir mitgeteilt wird, als echt ansehen kann. Online lässt sich die eigene Person ja wunderbar verkaufsfördernd aufpolieren. Selbst auf die Gefahr hin für verrückt gehalten zu werden, habe ich mir eine gesunde Portion Skepsis bewahrt.
Es bleibt also nur der Text, der online zu mir spricht. Und hier liegt auch die Crux. Im Grunde ist es ja nicht der Text, der spricht, sondern ich bin es selbst, die mit mir ein Gespräch führt. Weil ich nur das geschriebene Wort habe, ist es durchaus möglich eigene Vorstellungen und Fantasien auf den Schreiber zu projizieren. So entsteht mit der Zeit ein Phantombild, das der Realität nicht entsprechen muss. Damit dieser Fall nicht eintritt habe ich mir frühzeitig angewöhnt, aufmerksam und sensibel zwischen den Zeilen zu lesen.
Nach dieser kleinen Betrachtung über Online- und Offlinebekanntschaften kehre ich wieder zurück nach Leipzig. Jetzt wird es spannend. Ein letzter Blick in den Spiegel und auf ins Café Spizz. Mein Blogkollege ist bereits da. Wir erkennen und begrüßen uns. Die Atmosphäre des Katholikentages macht es uns leicht miteinander ins Gespräch zu kommen. Ich erfahre zwar nichts über das Judentum, jedoch ganz im Sinne des Katholikentagmottos, einiges über den Menschen, der mir gegenüber sitzt. Wir tauschen uns über Beruf, Alltag und Erfahrungen von sechs Lebensjahrzehnten aus. Und das ist mir ehrlich gesagt in diesem Moment auch lieber als über religiöse Unterschiede zu diskutieren. Nach drei kurzweiligen Stunden verabschieden wir uns. Mit dem Gefühl, dass diesmal, anders als vor Jahren, Begegnung mit echtem Interesse am Anderen stattgefunden hat, gehe ich weiter. Auch das war Katholikentag – ein Katholikentagsgeschenk.
Hinter mir liegen drei schöne Stunden, die sich wunderbar in mein Katholikentagsprogramm eingefügt haben. Ob es nun ein persönlicher „Austausch“ war, darüber mag ich abschließend nicht nachdenken. Das würde mir das Geschenk der letzten Stunden nur wieder nehmen.
Christa Schwemlein
Fortsetzung folgt …
Alle Menschen gleich? – Fortsetzung Katholikentag 2016
Obwohl ich gestern Abend noch lange gelesen habe, wache ich heute Morgen vor dem Weckerläuten gut ausgeschlafen auf.
Was machen wir heute? Wer die Wahl hat, hat die Qual. Das Angebot ist riesig. Da wir in einer Stadt leben, die religiös vielfältig geworden ist und ich außerdem mit Menschen zusammen arbeite, die in unterschiedlichen Weltanschauungen und Religionen zu Hause sind beschließen wir, diesen Vormittag dem interreligiösen Dialog zu widmen.
Zum vierten Mal fand in diesem Jahr in Mannheim die „Meile der Religionen“ statt. Christen, Juden und Muslime haben am Vorabend von Christi Himmelfahrt zu einem großen Essen an einer gemeinsam gedeckten Tafel in Mannheims Innenstadt eingeladen. Jede und jeder waren willkommen sich an den langen Tisch unter freiem Himmel zu setzen, die kulinarische Vielfalt zu genießen und dabei über Gott und die Welt ins Gespräch zu kommen. Damit wurde erneut ein Zeichen für ein friedliches Miteinander gesetzt, für das alle drei abrahamitischen Religionen einstehen. Gastgeber waren wie immer die einzelnen Gemeinden mit ihren vielen ehrenamtlichen Helfern. Wegen unserer Zypernreise konnte ich diesmal leider nicht dabei sein. Von dem kurzen Abstecher nach Mannheim nun wieder zurück nach Leipzig.
Alle Menschen gleich? - Ein Streitgespräch zwischen Juden, Muslimen und Christen
Unser Wahl fällt auf eine Podiumsdiskussion mit dem Titel „Alle Menschen gleich? – Ein Streitgespräch zwischen Juden, Muslimen und Christen“. Die Veranstaltung beginnt um 11.00 Uhr und findet im Begegnungszentrum der hiesigen jüdischen Gemeinde, dem Ariowitsch-Haus, statt.
Wir sind früh dran. Zeit genug für ein Frühstück in der Leibnitzstrasse.
Von hier sind es nur wenige Gehminuten zum Veranstaltungsort. Der Weg dorthin führt uns ins elegante Waldstrassenviertel, in dem auffallend viele aufwändig renovierte Gründerzeithäuser und Jugendstilvillen stehen. Kurz vor halb elf reihen wir uns in die Schlange der Wartenden ein und haben Glück einen Platz in der ersten Reihe zu erwischen. Mein Mann fühlt sich hier unwohl und wechselt ein paar Reihen weiter nach hinten. Ein junger Priester freut sich über den freigewordenen Sitzplatz. Er kommt aus dem Markgräflerland, eine von Gott verwöhnte Region, wie er sagt. Wir unterhalten uns prima. Und so vergeht die Zeit bis zum offiziellen Beginn für uns wie im Fluge.
„Alle Menschen gleich?“ Kann man Menschen über einen Kamm scheren? Hm, ich bin gespannt, was da kommt. Schwungvoll und mit viel trockenem Humor führt der Moderator in das Thema ein, stellt die Vertreterinnen und Vertreter der einzelnen Religionen vor und kommt dann auch gleich mit der Frage, sind alle Menschen gleich, zur Sache.
„Gleich vor Gott, ja, und seit der französischen Revolution auch gleich vor dem Gesetz. Und doch ist jeder Mensch anders“, äußert sich der Rabbiner aus Berlin.
„Was meint man mit der Frage, sind alle Menschen gleich?“, stellt die muslimische Theologin in den Raum und antwortet mit einer Gegenfrage. Sie weist darauf hin, dass das Wort Gleichberichtigung im Koran nicht zu finden ist. Stattdessen gibt es Aussagen, die die Gleichwertigkeit aller Menschen begründen und dadurch die Gleichberechtigung anerkennen.
„Wenn vor Gott alle Menschen gleich sind, wie ist es dann mit der Gleichberechtigung der Frauen innerhalb der katholischen Kirche bestellt?“ Diese provokante Frage kommt aus dem Publikum und ist an den dritten in der Runde, den katholischen Moraltheologen gerichtet. Die Gleichheit der Frauen sei auch in der katholischen Kirche gegeben. Seine Antwort begründet er damit, dass Frauen beispielsweise zum Patenamt zugelassen seien. Mit dieser Aussage ist ihm dann auch gelungen, die Runde mit Pfeffer zu versorgen, was er eingangs bei seiner Vorstellung angekündigt hatte. Über die Reaktion im Saal schreibe ich mal lieber nichts.
Wie kommt ein Jude in den Himmel? Was muss er tun um Anspruch auf das ewige Leben zu haben? Wie sieht es mit Schuld und Vergebung in den einzelnen Religionen aus? Wie sind die Aufrufe zur Gewalt in Bibel und Koran zu verstehen? In der kontrovers geführten Diskussion zu diesen Themen gefiel mir am besten die muslimische Theologin. Die Frage, was Christen von Muslimen und Juden lernen können beantwortete sie schlicht mit: „Die Leidenschaft für diese Welt.“
FAZIT
Juden, Christen und Muslime glauben an den einen Gott. Sie sind sich als monotheistische Religionen in Glaubensfragen näher als alle anderen Glaubensgemeinschaften. Und dennoch bleiben letztendlich entscheidende Unterschiede bestehen. Leugnet man diese, so ist der Dialog der Religionen keine Begegnung auf Augenhöhe, die den jeweiligen Dialogpartner mit seiner religiösen Überzeugung respektiert.
Wir müssen uns für einander interessieren und ernst nehmen, die Unterschiede nicht nivellieren, sondern uns ihnen stellen und versuchen, sie wirklich verstehen zu wollen. Dazu braucht es aber eine eigene Überzeugung. Wem alles egal ist, der ist ein Waschlappen. Mit Waschlappen kann man keine Dialoge führen. Mit denen geht man lieber Eisessen. So ähnlich fasste der Moderator die 90 hochinteressanten Minuten zusammen.
Christa Schwemlein
Fortsetzung folgt …
Ein Tag geht zu Ende – Fortsetzung Katholikentag 2016
Gänsehautfeeling! Aus der Ferne kommt mir Leonard Cohens „Hallelujah“ entgegen. Es ist eigenartig, doch Musik berührt etwas in mir, das ich überhaupt nicht beschreiben kann.
Auffallend viele junge Menschen, mit und ohne den grünen Katholikentagsschal, singen, tanzen und feiern hier an der Moritzbastei ausgelassen das Leben. Leipzig macht seinem Ruf, die Stadt der Musik zu sein, alle Ehre. Unterhalb der Bühne, an einer der Biertischgarnituren, finde ich ein freies Plätzchen. Es dauert nicht lange, da bin ich auch schon mit einem Ehepaar aus Dresden im Gespräch. Sie seien zwar keine Christen, bezeichnen sich als Humanisten, aber auf dieses Ereignis hier in Sachsen haben sie sich, nachdem sie zwei Kirchentage in ihrer Heimatstadt hautnah miterlebt haben, richtig gefreut. Irgendwie, so meinen sie, sind solche Tage so etwas wie eine Tankstelle für ihre seit nunmehr fast 30 Jahren bestehende Ehe. Für jeden von Ihnen wird etwas geboten. Er interessiert sich hauptsächlich für die politischen Themen, sie sich mehr für die kulturellen Veranstaltungen dieser Tage. Jeder besucht das seine, danach tauschen sie sich über das Erlebte aus und kommen darüber ins Gespräch. „Das kommt ja im Alltag leider oftmals zu kurz“, bedauert sie. Die Abende lassen sie immer mit einer gemeinsam besuchten Veranstaltung ausklingen. Das sei schon so etwas wie ein Ritual.
„Genauso machen wir das auch,“ klingt sich mein Mann ins Gespräch ein und setzt sich zu uns an den Tisch. Ursprünglich wollte er ins Kabarett, kam jedoch wegen Überfüllung nicht hinein. So hat er umdisponiert, sich für einen Stadtrundgang entschieden, ist hier und da mal stehen geblieben, hat geschaut, erzählt, Musik gehört und ruckzuck war der Nachmittag um. Wir sitzen noch eine Weile mit den beiden zusammen, erzählen uns gegenseitig von unseren Erfahrungen nach der Wende und dann trennen sich unsere Wege. „Wie Sie unvermeidlich glücklich werden“, steht für die Dresdner heute Abend auf dem Programm. Na denn, viel Spaß und natürlich viel Glück!
„Und wir, was machen wir?“, erkundigt sich mein Mann. „Nach all der Kopfarbeit heute, hätte ich Lust auf Musik“. Wir entscheiden uns für Gregor Linßens „Psalm 2016 – Stoßgebet eines Narren“. Das Stück wird in der Leipziger Oper uraufgeführt. Also, nichts wie los. Es könnte voll werden. Lieder von Gregor Linßen sind mir von unseren Gottesdiensten bekannt. Ich bin gespannt.
Der Saal des Opernhauses ist bis auf den letzen Platz besetzt. Wir sitzen oben auf der Empore in der Mitte der ersten Reihe. Von hier haben wir einen wunderbaren Blick auf die Bühne.
„Was hat ein Moslem mit Jesus zu tun?“ Wir erleben ein Musical, das mehr denn je aktuell ist. Das Stück greift die existenziellen Fragen der Menschen und die Vielfalt der Religionen auf. Es erzählt von Begegnungen mit Gott und den Menschen und von Menschen, die Gott ganz anders sehen. Nach 90 spannenden Minuten will der Applaus nicht enden.
Wir verlassen die Oper und sind von dem, was wir sehen, überwältigt. Tausende von Menschen haben mit ihren Kerzen den Augustusplatz in ein Lichtermeer verwandelt. Mit „Light of Christ“ endet für uns ein ereignisreicher Fronleichnamstag.
Christa Schwemlein
Fortsetzung folgt …