9. März 2010 von Christa

Trostlos

Achtung!
Dieser Beitrag ist all den Menschen gewidmet, die ihren ganz alltäglichen Floskeln einmal auf die Spur kommen wollen.  Er richtet sich aber auch an diejenigen, denen der Weg vom Denken übers Reden zum Tun oftmals unendlich weit erscheint.
Viel Vergnügen mit dieser “tierischen Kommunikation” ;-)

***

Frau Hase lag krank im Bett. Herr Hase war viel unterwegs. Er hatte für den nötigen Lebensunterhalt zu sorgen. Die sieben Kinder waren sich selbst überlassen. Da kam der Igel zu Besuch und brachte ein paar frische Kleeblätter und sagte:  “KOMMT ZEIT, KOMMT RAT!”  Gut gemeint. Aber als er gegangen war, überlegte die Kranke: Wann kommt die Zeit und welcher Rat wird es sein?

Am nächsten Tag flatterte die Eule herein und meinte: “GUT DING WILL WEILE HABEN!” Sprachs’s und verabschiedete sich. Die Häsin dachte: Ich kann mir aber keine Weile leisten.

Als die Feldmaus durchs Fenster guckte, piepste sie: “KOPF HOCH, FRAU NACHBARIN! SO TRÄGT EBEN JEDER SEIN PÄCKCHEN!” Das ist schon kein Päckchen mehr, dachte die Kranke. Und was soll das schon heißen, Kopf hoch? Ich habe ja gar keine Kraft.

“LASSEN SIE NUR, ES WIRD NICHTS SO HEIß GEGESSEN WIE GEKOCHT!”, flüsterte das Reh an der Nestkante. Auch das war gut gemeint, aber die Häsin grübelte bitter: Was wissen die schon. Solchen Humor kann ich einfach nicht ertragen. Ich weiß nicht mehr ein noch aus.

Die alte Katze sah auch kurz herein und erkundigte sich nach dem Befinden. “ES WIRD SCHON WERDEN!”, schnurrte sie und meinte es ja auch ehrlich. Doch die Kranke verzweifelte fast: Wer ist denn schon “es” und was soll werden? Ich habe den Eindruck, dass überhaupt nichts wird. :-(

Als dann der Maulwuf seine Hemmungen überwand und durchs Fenster rief: “KEINE SORGE! ENDE GUT, ALLES GUT!” empfand die Häsin nur noch Bitterkeit. Denn in der Küche tobten die Kleinen und nichts war fertig. Dazu kam noch die eigene Angst.

Witzig sollte es klingen, als die Elster vom hohen Baum aus rief: “KOMMEN WIR ÜBER DEN HUND, KOMMEN WIR ÜBER DEN SCHWANZ. GEDULD, GEDULD!” Können die alle sich denn gar nicht vorstellen, wie es mir zumute ist?, dachte die Kranke. Müssen die denn alle solch gutgemeinten Unsinn reden? Das sind doch Sätze, die alles und nichts sagen!

Schließlich kam das Rebhuhn zu Besuch, erzählte von draußen in einem Wortschwall ohne Ende und empfahl sich zum Schluss mit den Worten: “WIR WERDEN SEHEN!”
“Was werden wir denn sehen?”, zweifelte die Häsin, “und wer ist wir?”

Während sie noch voller Enttäuschung nachdachte und merkte, dass all der gutgemeinte Trost im Grunde keiner war, kamen die Ameisen herein, grüßten kurz, stellten Feldblumen auf den Tisch, machten die Küche sauber, versorgten die jungen Hasen, waren bei alledem sehr leise und verabschiedeten sich ohne jeden Aufwand. Da trat Ruhe ein und vor allem: Die Hoffnung wuchs. 

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Quelle:
Aus einem meiner beiden prall gefüllten LEITZ Ordnern. Die Originalquelle ist mir leider unbekannt. Vielleicht weiß ja einer meiner LeserInnen die Originalquelle und mag sie mir mitteilen. Ich würde mich freuen!

Der Beitrag wurde am Dienstag, den 9. März 2010 um 23:39 Uhr veröffentlicht und wurde unter Geschichten, Herz und Verstand, Humor, Kleine Sticheleien abgelegt. du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. du kannst einen Kommentar schreiben, oder einen Trackback auf deiner Seite einrichten.

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